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Berlin: Auf der Spur des falschen Fahrradpolizisten

Das Blaulicht am Lenker kam Stephen R. komisch vor. Er half, den Mann zu fassen. Heute wird er geehrt

Falsche Polizisten gibt es immer wieder. Menschen, die mit Uniform aus dem Kostümfundus und strengem Blick an der Straße stehen und Rotlicht-Fußgänger streng ermahnen. Oder Menschen, die sich ihr Auto mit einem Blaulicht aus dem Baumarkt und einer Anhaltekelle zur „Zivilstreife“ hochrüsten und dann Knöllchen auf der Autobahn kassieren.

Und dann gab es im vergangenen Jahr Markus S. Der 33-Jährige wurde bekannt als „falscher Fahrradpolizist“. Mit einem Blaulicht auf dem Gepäckträger, der Sirene am Lenker und dem Schriftzug „Polizei“ am Fahrradhelm patroullierte der Mann berlinweit und „ertappte“ vor allem andere Radfahrer bei Ordnungswidrigkeiten. Begonnen hatte der Mann seine Streifenfahrten Mitte Juni. Bei einer Vietnamesin in Lichtenberg „beschlagnahmte“ er drei Stangen Zigaretten. Fortan gab es immer wieder Anrufe misstrauischer Bürger, denen das Blaulichtfahrrad merkwürdig vorkam. Auf der Frankfurter Allee krachte es fast, als der Uniformierte mit Blaulicht quer über die Fahrbahn raste. Mehrere Autofahrer bremsten abrupt, um den „Polizisten“ nicht zu überfahren. Anfang Juli ist der Radfahrer in Moabit unterwegs. An der Elberfelder Straße stoppt er einen Rotlicht-Radfahrer, verlangt 40 Euro. Frank E. findet das merkwürdig, er verlangt den Dienstausweis.

Während der „Kontrolleur“ zögert, kommt ein weiterer Radfahrer hinzu. Dieser war zuvor kontrolliert worden und hatte bei der Bank Geld geholt, um die geforderten 20 Euro bezahlen zu können. Er zahlt das Geld und verschwindet – ohne Quittung. Der angebliche Rotlichtsünder fordert nun nachdrücklich den Ausweis. Da murmelt der Mann was von „dringendem Einsatz“, schwingt sich aufs Rad und mit Blaulicht und Sirene geht’s davon. Anfang September „kontrolliert“ der Rad-Polizist dann ein Auto, als sich die beiden Insassen als Zivilpolizisten ausweisen, schwingt er sich aufs Rad und verschwindet im Gewühl.

Ende August hält der Blaulichtradfahrer vor einem Fahrradladen, um sich ein neues Rad zu kaufen. Dem Händler Stephen R. kommt das komisch vor, er informiert die Polizei. Diese ermittelt dank der guten Beschreibung Markus S., der zu der Zeit eine Haftstrafe absitzt – und auf Freigang Streife fuhr. Mitte September wird S. in seiner Zelle besucht, er gesteht. Ihn erwartet wegen Amtsanmaßung eine Strafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. Wie viele Menschen er kontrollierte, ist unklar.

Gestern wurde bekannt, wieso Markus S. so erfolgreich war: Er hatte einen echten Dienstausweis. Den hatte er in einer Polizeiunterkunft gestohlen, die er mit anderen Freigängern renovierte. Markus S. wartet jetzt ohne Freigang auf den nächsten Prozess. Heute dankt die Polizei Stephen R. mit 100 Euro: „Sein Verhalten ist in der heutigen Zeit nicht selbstverständlich.“ Ha

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