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Zeichnung einer Luger für Patentanträge in den USA.

© Wikipedia

Kolumne „Aus der Zeit“: Wie ein Berliner Hollywoods liebste Nazi-Pistole schuf

Die Parabellumpistole oder „Luger“, benannt nach ihrem Entwickler, machte Karriere erst im Weltkrieg, später im Film. Heute ziert ein Bauteil davon das Grab Lugers in Schöneiche bei Berlin.

Eine Kolumne von Beata Gontarczyk-Krampe

Jeder echte Film-Bösewicht braucht eine „Luger“. Man findet in Tarantinos „Inglorious Basterds“, sie liegt in der Hand von Amon Göth in „Schindlers Liste“, wird rausgeholt in „Peaky Blinders“, in „Indiana Jones“ und sogar in Disney-Filmen: die Luger Pistole 08 – auch bekannt als „Parabellum“ (aus dem Lateinischen Si vi pacem, para bellum. „Du willst Frieden, sei bereit für den Krieg“) – ist eine Berliner Erfindung.

Die Brüder Ludwig und Isidor Loewe waren nicht die ersten oder einzigen Unternehmer, die mit Nähmaschinen anfingen und bei Waffen landeten. Nur ein paar Monate nachdem sie ihre Firma in Hollmannstraße 32 in Kreuzberg angemeldet hatten, besuchten sie die USA, um von den Experten zu lernen.

Eine Pistole mit Kultstatus

Unter ihnen dürfte der deutsche Emigrant Hugo Borchardt gewesen sein, der sich später als Waffendesigner einen Namen machte. Er war zunächst bei Singer Sewing Machine Co. angestellt, um dann für Colt, Remington, Winchester und Sharps Rifles Waffen zu entwickeln.

Zurück in Berlin, wurde Ludwig Loewe schnell klar, dass das wahre Geld nicht im Nähkästchen, sondern in einer Munitionskiste lag. Nachdem die Firma 1872 einen Vertrag für Waffen- und Munitionslieferungen mit der Preußischen Armee unterschrieb, verschwanden die Nähmaschinen langsam vom Spielplan.

Man setzte sich mit Hugo Borchardt in Verbindung und bat ihm eine Stelle in Berlin an. 1893 entwarf er zusammen mit seinem österreichischen Assistenten Georg Luger eine Waffe, die heute Kult-Status genießt: die C93. Das ist eine halbautomatische Selbstladepistole, die den Startschuss für eine Revolution in der Waffenherstellung lieferte. Ihr 8-Patronen Stangenmagazin und der Kniegelenkverschluss, der nach oben knickte, machten das Nachladen viel einfacher.

Aber die Borchardt-C93 war nicht perfekt. Das dachte auch Borchardts Assistent Luger. Er fing an, mit dem Design zu spielen. Der Österreicher, der neben Deutsch auch Serbisch und Italienisch sprach und schon in den frühen 1890er bei der Firma Loewe angeheuert hatte, perfektionierte die Waffe.

Nachdem Loewe 1896 mit den Mauserwerken und der Metallpatronen AG zur Deutsche Waffen und Munitionswerke (DWM) fusionierte, wurde die Luger-Pistole zu einem Verkaufsschlager. Als erste meldete sich die Schweiz: 1900 wurde die Parabellum zur Ordonnanzwaffe der Schweizer Armee. Vier Jahre später führte die Kaiserliche Marine sie als ihre „weapon of choice“ ein. Fortan wurde das Model als P04 (wegen 1904) bekannt.

Der Erfinder verdiente an jeder einzelnen Pistole

Im Jahr 1908 lieferten Loewe und DWM ihre Luger an die deutsche Armee – die „P08“ war geboren. Bald war Luger die Standardwaffe der deutschen Streitkräfte im Ersten Weltkrieg und erst ab 1938 verlor sie den „Platz in der Loge“. Die Parabellum wurde nach und nach von der Walther P38 ersetzt. Aber im Kino sind bis heute beide sehr präsent.

Parabellums Erfinder Georg Luger verdiente sich mit seiner Pistole eine goldene Nase. Da er eine Mark für jede hergestellte Pistole und zehn Pfennige für jede Abzugsstange erhielt, saß er am Ende des Ersten Weltkrieges auf einer Million Reichsmark. Leider hatte Luger große Teile davon in die Kriegsanleihe investiert. Dann kam die Hyperinflation.

Glücklicherweise hatte er ein Haus gekauft, die „Villa Luise“ in einem kleinen Städtchen just außerhalb Berlins – in Fichtenau. Wenn man heute den beschaulichen Friedhof Friedenau in Schöneiche östlich von Berlin besucht, ist sein Grab nicht schwer zu finden.

Das neu angelegte Grab von Georg Luger auf dem Friedhof Friedenau in Schöneiche östlich von Berlin.

© Beata Gontarczyk-Krampe

Man muss nur nach dem Kniegelenkverschluss einer Parabellum-Pistole Ausschau halten. Dank unermüdlicher Recherchen einer lokalen Interessengemeinschaft konnte man die Stelle des 1945 eingeebneten Grabes von Georg Luger wiederfinden und mit Spenden einen neuen Grabstein setzen. Mit einem Luger-Gelenk.

Hinweis der Redaktion: Ursprünglich war dieser Beitrag mit einem Foto von Christoph Waltz als Figur Hans Landa im Film „Inglourious Basterds“ illustriert. Er hielt dort - anders als behauptet - keine Luger.

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