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Eine U-Bahn fährt in den Bahnhof Zoologischer Garten ein. Berlin bekommt ein zeitlich befristetes 29-Euro-Ticket für den Nahverkehr. Es soll von Oktober bis Dezember nur innerhalb der Stadt gelten und nur im Abo zu haben sein. Für einzelne Monate ist es nicht zu kaufen.

© dpa/Jörg Carstensen

Billiger als das 29-Euro-Ticket der SPD: Berlin könnte mehr als 100 Millionen Euro sparen

Der Umweltverband BUND schlägt ein Ticket für 29 Euro oder weniger vor. Mit einem Steuertrick müsste Berlin keine Millionensummen ausgeben.

Seit Oktober können alle Berliner für 29 Euro im Monat mit Bus und Bahn durch die Stadt fahren. Geht es nach der Berliner SPD soll damit nicht Schluss sein, sobald das bundesweit gültige Deutschlandticket für 49 Euro kommt. Sie wollen das 29-Euro-Ticket dauerhaft in Berlin anbieten. Dabei ist umstritten, wie sinnvoll dieses Vorhaben aus verkehrlichen und finanziellen Gründen wäre.

Nun übt der Berliner Landesverband des Umweltverbands BUND mit neuen Berechnungen massive Kritik an den Ticket-Plänen der SPD: Mit einer Fortführung des 29-Euro-Tickets kämen auf das Land dauerhaft enorme Ausgaben zu. Dabei ließe sich das Ziel, vielen Menschen ein Ticket zum Preis von 29 Euro oder weniger anzubieten, auch kostenneutral unter Ausnutzung des Steuerrechts erreichen, argumentiert der BUND.

Ein vom Land rabattiertes 29-Euro-Ticket für alle Berliner mache keinen Sinn, sagte Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des BUND. „Eine zusätzliche Preisreduktion des Deutschland-Tickets für Arbeitnehmer mit mittleren und höheren Einkommen durch einen teuer zu bezahlenden Zuschuss des Landes Berlin halten wir schon deshalb nicht für sinnvoll, weil diese bei Nutzung von steuerlichen Regelungen zur Absetzbarkeit von ÖPNV-Tickets ohnehin in der Regel unter 30 Euro netto für das 49-Euro-Ticket bezahlen werden.“

Mit einer Gehaltsumwandlung kostet das Deutschland-Ticket oft weniger als 30 Euro netto

Wie das gehen kann? Aus Sicht des BUND ist es ganz einfach. Voraussetzung dafür sei, dass Arbeitgeber etwa eine kostenneutrale Gehaltsumwandlung in Höhe des Preises für das Deutschlandticket von monatlich 49 Euro vornehmen. Diese ist, anders als der Brutto-Lohn in entsprechender Höhe, steuer- und abgabenfrei.

„Viele Unternehmen, Verbände sowie das Land Berlin nutzen bereits jetzt schon die Möglichkeit, ihren Beschäftigten ein steuerfreies Jobticket oder zumindest einen steuerfreien Zuschuss zum Monatsticket zusätzlich zum normalen Gehalt zu finanzieren.“ Andere könnten die kostenneutrale Gehaltsumwandlung anbieten. Für die Firmen selbst entstehen dadurch keine Kosten. Die Beschäftigten wiederum kommen netto besser weg. Aus Sicht des Umweltbunds sollte daher jeder Arbeitgeber freiwillig dazu bereit sein.

Das Land Berlin würde sich zugleich hohe Millionensummen sparen, um auch anderen Gruppen günstige Tickets anzubieten, findet Heuser. „Statt für eine zwar gut gemeinte, aber nicht durchdachte Gießkannenpolitik der Sozialdemokraten für eine Berliner Insellösung sollten knappe Haushaltsmittel besser in den ÖPNV-Ausbau und gezielte Entlastung von Menschen mit geringen Einkommen gesteckt werden.“ Darunter fielen Auszubildende, Studierende, Senioren, Empfänger von Sozialleistungen sowie Selbständige mit minimalen Verdiensten, sagte der BUND-Geschäftsführer.

Es ist ein interessantes Modell, weil es Kosten spart und zeigt, wie wir gezielt Entlastungsmaßnahmen umsetzen können.

Kristian Ronneburg, Linke-Verkehrspolitiker

Grüne und Linke nahmen den Vorstoß des BUND interessiert auf. „Wir wollen mehr als eine teure Insellösung“, bekräftigte Grünen-Fraktionschef Werner Graf. Mit dem 49-Euro-Ticket stehe man vor einer Revolution im Verkehr. „Davon ausgehend müssen wir Lösungen entwickeln, die gezielt und dauerhaft entlasten und auch Menschen mit wenig Geld Mobilität in ganz Deutschland ermöglichen.“

Auch Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg begrüßte den Vorschlag. „Es ist ein interessantes Modell, weil es Kosten spart und zeigt, wie wir gezielt Entlastungsmaßnahmen umsetzen können und zugleich einen Blick auf die Finanzierung haben.“ Seine Partei wolle prüfen, ob der Ansatz in Berlin sinnvoll umsetzbar sei. Offen sei allerdings, inwiefern Arbeitgeber am Ende dabei mitziehen würden.

Diese Frage ist auch aus Sicht von SPD-Verkehrspolitiker Stephan Machulik ein Problem. „Sie müssen einen Arbeitgeber haben, der das anbietet.“ Zudem würde der Ansatz nicht alle Menschen erreichen. „Wir lassen dann die Solo-Selbstständigen raus, wir lassen die Rentner raus. Das hat nichts mit dem 29-Euro-Ticket zu tun, das wir für alle Berliner anbieten wollen“, sagte er.

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