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Berlin: Die sehen gar nicht alt aus

Die Berliner Seniorenwoche für aktive Alte beginnt. Kampfsportler Alfred Foitzik, 76, ist einer von ihnen

Dieser kräftige Händedruck. Wer den einmal zu spüren bekommt, glaubt alles, was Alfred Foitzik über Kampfsport erzählt. Der Mann aus Königs Wusterhausen ist 76, aber man möchte keinem empfehlen, sich mit ihm anzulegen. Er lebt und lehrt Judo, Schwertkampf und Karate seit 55 Jahren, er war Nahkampftrainer bei der Bundeswehr, und er trainiert noch heute immer mittwochs eine Seniorengruppe mit 24 Leuten in Yoga, Atemtechnik, Kampfsport und Selbstverteidigung im Sportforum Hohenschönhausen. Alfred Foitzik ist einer der viel beschworenen neuen Alten, die sich auf die Berliner Seniorenwoche freuen, die morgen auf dem Breitscheidplatz beginnt.

Genau genommen sind es zwei Seniorenwochen, denn vom 2. bis zum 14. September gibt es in der ganzen Stadt mehr als 180 Angebote – von Informationstreffen für pflegende Angehörige über Bauchtanz, Vernissagen und Theater bis hin zu einer Seniorenolympiade in Zusammenarbeit mit den Residenzen von Pro Seniore. Anlässlich der Seniorenwoche wies Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei/PDS) darauf hin, dass Berlin als erstes Bundesland „die Rechte der älteren Generation durch das neue Seniorenmitwirkungsgesetz gestärkt hat“, das betrifft die Seniorenvertretungen der Bezirke und des Landes. Es gibt nämlich viele aktive Ältere wie den 76-jährigen Sportler und Motorradfahrer.

Alfred Foitzik begann mit Kampfsporttraining, als man dafür nach dem Zweiten Weltkrieg in Berlin noch eine Genehmigung der Alliierten brauchte. Er lernte bei Gelehrten in Japan und China, und mit seinen Künsten beeindruckte er früher auch als Berufsschullehrer. „Die Jungs kamen sich stark vor, aber wenn sie einmal durch die Luft auf die Matte segelten, hatten sie mich als ihren Boss akzeptiert.“ Er übte mit benachteiligten Schülern Atemtechniken zur Konzentration; noch heute erzählen ihm einige stolz, wenn sie einen Job gefunden haben. Der Ex-Lehrer will sogar ein vom Baum fallendes Blatt bei geschlossenen Augen mit dem Schwert teilen, sagt er, und man glaubt es ihm.

Aber dass er jugendliche Angreifer selbst mit einem Messer abwehren will? Wir stellen das mal nach. Dann käme also erst Ellenbogenschlag, dann Kniestoß, Faustschlag, Arm brechen – schon gut, das reicht. Einmal hat er vor den Augen eines Polizisten auf dem Bahnhof drei Gewalttäter überwältigt. Der Beamte hatte sich nicht herangetraut. „Eine meiner Damen aus der Trainingsgruppe vom SC Berlin hat auch schon einen Angreifer in die Flucht geschlagen“, sagt der 76-Jährige. Polizeixperten sagen aber, meist sei es sicherer , die Konfrontation zu vermeiden.

Nun sind nicht alle Älteren Extremsportler wie Foitzik. Doch immer mehr Menschen jenseits der 50 werden Mitglied im Verein, heißt es beim Landessportbund Berlin (LSB). „2005 gab es einen Quantensprung, wir hatten in der Altersgruppe einen Zuwachs von 12 Prozent“, sagt LSB-Fachmann Reinfried Kugel. Rund ein Viertel aller 540 000 Sportvereinsmitglieder ist älter als 50 Jahre.

Alfred Foitzik gibt aber auch ganz friedlich Yogakurse im Seehotel Zeuthen, kooperiert mit Ärzten. Er war seit Jahren nicht mehr krank. Das liege auch an den alten Übungen der chinesischen Seidenweber, sagt der 76-Jährige. „Die stärken die Skelettstützmuskulatur und beugen Knochenschwund vor.“

Annette Kögel

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