zum Hauptinhalt

Berlin: Eine Explosion in der Giesebrechtstraße 13 und viele Gerüchte

Wer an der Giesebrechtstraße wohnt, scheint, zumindest finanziell, ausgesorgt zu haben. Die 1904 nach dem Berliner Historiker Wilhelm von Giesebrecht (1814 - 1889) benannte Seitenstraße des Kurfürstendamms ist beidseitig gesäumt von hochherrschaftlichen Wohnhäusern aus der Zeit um die Jahrhundertwende, viele von ihnen stehen unter Denkmalschutz.

Wer an der Giesebrechtstraße wohnt, scheint, zumindest finanziell, ausgesorgt zu haben. Die 1904 nach dem Berliner Historiker Wilhelm von Giesebrecht (1814 - 1889) benannte Seitenstraße des Kurfürstendamms ist beidseitig gesäumt von hochherrschaftlichen Wohnhäusern aus der Zeit um die Jahrhundertwende, viele von ihnen stehen unter Denkmalschutz. Das Etablissement von Katharina "Kitty" Schmidt war in der Zeit des Dritten Reiches eine Adresse für Diplomaten und eine Fundgrube an Informationen für das Reichssicherheitshauptamt. Der Puff im dritten Stock der Giesebrechtstraße 11 war von oben bis unten verwanzt. Alles, was die in der Nazihauptstadt akkredidierten Auslandsvertreter dort während ihrer Schäferstündchen mit den leichten Mädchen ausplaudertern, landete direkt bei Hitlers Geheimdienst. Aber auch das Nachbarhaus mit der Hausnummer 13 hat nicht nur seine Vergangenheit, sondern vor allem seine Gegenwart.

Ein Teppichhändler, der gerne behauptet, für den Geheimdienst zu arbeiten, Schauspieler, Regisseure, Journalisten und Ärzte leben in dem 1905/06 von dem Architekten Willibald Kübler erbauten Haus. Den Architekten kennen nur Wenige, aber allein sechs der von ihm am Kurfürstendamm, in Friedenau und Wilmersdorf entworfenen Gebäude stehen unter Denkmalsschutz. Darunter, wegen seiner schön eingestuften Fassade, im Ensemble mit anderen Gebäuden auch das neobarocke Haus Giesebrechtstraße 13.

Die ruhige Wohnstraße wurde am Neujahrsmorgen von einer Explosion im Haus Giesebrechtstraße 13 erschüttert, die nach Meinung der Einwohner nur einer Bombe herrühren konnte. Die Detonation übertönte das normale Silvesterfeuerwerk, zerstörte das Glas der wuchtigen Eingangstür und beschädigte einen vor dem Gebäude abgestellten Motorroller erheblich. Die hausinternen Recherchen der verschreckten Bewohner nährte schon bald den Verdacht, es könnte sich um einen Anschlag auf den aus dem Iran stammenden Teppichhändler mit angeblichen Geheimdienstkontakten gehandelt haben. Ein Bewohner erinnerte sich, dass es bei ihm nach Mitternacht geklingelt hatte: Angeblich ein Bote mit einer "Pizza für A.", der darum bat, die Eingangstür zu öffnen. Der Hausbewohner forderte den Mann auf, doch bei A. selbst zu läuten.

Dann klingelte es noch mehrfach bei anderen Hausbewohnern, immer mit der Bitte um Einlass. Nie wollten die Besucher zu demjenigen, bei dem sie geklingelt hatten. Immer gaben sie einen anderen, vermutlich am Messingklingelschild abgelesenen, Namen als ihr Ziel an. Und dann betätigte jemand den Türöffner und gab den Weg ins Haus für den unbekannten Besucher frei. Dieser gelangte ins mit Marmor verkleidete Treppenhaus. Bald darauf gab es den ohrenbetäubenden Knall. Eine als Pizza getarnte Bombe?! Ein Pizzabote als Attentäter?

Der Hinweis, jemand habe eine "Pizza für A." bringen wollen, deutete auf die Zielperson - den Mann mit den Geheimdienstkontakten. War auf ihn nicht schon einmal ein Anschlag verübt worden?

Aber warum detonierte der Sprengkörper im Treppenhaus unmittelbar am Eingang? Der Attenäter machte sich nicht einmal die Mühe, bis zur Wohnung des vermeintlichen Opfers zu gehen, stellte die Kriminalpolizei anschließend fest. Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes gehen davon aus, dass ein verbotener Böller aus Polen in dem herrschaftlichen Haus gezündet wurde. Diese entfalten eine wesentlich höhere Spreng- und Knallwirkung als herkömmliche Böller deutscher Produktion, weil in den polnischen meist gewerblicher Sprengstoff anstelle von Schwarzpulver verarbeitet wird.

Die These eines Bombenanschlags wurde durch die Ermittlungen der Polizei entkräftet: Vermutlich waren es Kinder oder Jugendliche, die sich einen dröhnenden Silvesterscherz erlaubten. Zuvor hatten sie sich mit allerlei Tricks Zugang zum Haus verschafft. A. war zu keinem Zeitpunkt in Gefahr. Und selbst das angebliche Attentat, das gerüchteweise früher auf ihn verübt worden sein soll, gab es nicht. Dafür aber einen Einbruch in seine Wohnung. Dieser wurde nie geklärt, die Täter nie gefasst - aber sie wollten nur die Wertsachen von A., nicht dessen Leben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false