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Nach nur zwei Jahren an der Spitze: Jonas Zörner vom „Golvet“ ist „Berliner Meisterkoch“ 2022.

© Golvet / promo

Gala zwischen S-Bahn-Wagen: Feier der „Berliner Meisterköche“ ist in alter Form zurück

Handgezogene China-Nudeln, Gourmetküche auf Sterne-Niveau und ein „Gastronomischer Innovator“ – die Jury würdigt die aktuelle Hauptstadtgastronomie.

Als Rui Gao kurz aus seinem Leben erzählte, hielt das partyfreudige Völkchen in der S-Bahn-Halle in Niederschöneweide inne. Er komme aus dem unbekannten Dorf Wen Cheng in China, berichtete er, und die Armut dort sei so groß gewesen, dass es als Geburtstagsgeschenk immer ein Hühnerei gegeben habe.

Heute lebt er in Berlin und betreibt zwei höchst erfolgreiche, ewig umlagerte Restaurants an der Schönhauser Allee, in denen es ausschließlich Gerichte mit handgezogenen Nudeln gibt. Um die Heimat nicht zu vergessen, hat er sie „Wen Cheng“ genannt. Und was er dort auftischt, hat die Jury der „Berliner Meisterköche“ so beglückt, dass sie ihn zum „Berliner Kiezmeister 2022“ ernannte.

Die Gala, mit der die „Berlin Partner“ alljährlich seit 1997 Berlins prägende Köche auszeichnet, ist nach zwei Corona-Jahren in alter Form als Publikumsveranstaltung mit Hunderten von Gästen zurück, und das heißt auch immer: an einem anderen Ort.

Diesmal war es die S-Bahn-Werkstatt am Adlergestell, ein spektakulärer, wenn auch ein wenig abgelegener Schauplatz; die Bahn hatte für die überwiegend eher westlich wohnenden Besucher eigens einen Sonderzug von Charlottenburg in die Halle fahren lassen.

Mit „Speed-Eating“ gegen die starre Tischordnung

Und es gab noch eine Neuerung: Erstmals wurden sämtliche nominierten Köche und Gastronomen bis zuletzt darüber im Unklaren gelassen, wer von ihnen in den jeweiligen Kategorien gewonnen hatte – so war die Köchedichte unter den Besuchern, die sonst ja aus dem Kreis der Partner-Firmen kommen, diesmal besonders hoch.

Den Siegern des vergangenen Jahrs oblag die Bewirtung der Gäste, die einer Art Speed-Eating unterzogen wurden, denn jeder Gast erhielt einen eigenen Ess-Fahrplan für die vier Menü-Stationen – eine gute Idee, die die starre Tischordnung aufbrach und kommunikative Stimmung in den Saal zauberte.

„Wen Cheng“ in der Schönhauser Allee. Dessen Chef Rui Gao wurde zum „Berliner Kiezmeister 2022“ gekürt.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP / Doris Spiekermann-Klaas TSP

Die Politik machte sich rar in diesem Jahr, zumal Franziska Giffey, die dem Vernehmen nach gern gekommen wäre, zeitgleich einen Parteitag zu stemmen hatte. So vertrat Daniel Wesener, der Finanzsenator, die Landesregierung.

Es waren außerdem die Abgeordneten Christian Gräff (CDU), Carsten Schatz (Linke) und Silke Gebel und Antje Kapek von den Grünen zu sehen, und auch Renate Künast, die wenige dieser Galas ausgelassen hat, kreuzte fröhlich plaudernd durch den Raum.

Zörners Stil „strotzt nur so vor eigenen Ideen, ist aromatisch und texturell treffsicher“

Diese Auswahl hat die siebenköpfige Jury, geleitet von den Journalisten Tina Hüttl und Stefan Elfenbein, in diesem Jahr getroffen: „Berliner Meisterkoch 2022“ wurde Jonas Zörner, seit zwei Jahren Küchenchef des Restaurants Golvet in der Potsdamer Straße. Er habe sich „in Rekordgeschwindigkeit frei gekocht und seinen Stil gefunden“, heißt es in der Begründung, und dieser Stil „strotzt nur so vor eigenen Ideen, ist dabei aromatisch und texturell treffsicher“.

„Aufsteiger des Jahres“ wurde Christopher Kujanski vom Restaurant „Pots“ im Hotel Ritz-Carlton am Potsdamer Platz, von dem es hieß, „scheinbar spielerisch gelingen ihm aromenstarke Kreationen mit stabiler klassischer Basis, die aus dem reichen Repertoire der Küchen Mitteleuropas schöpfen.“

In der Kategorie „Berliner Gastgeber 2022“ fiel die Wahl der Jury auf Fabian Fischer vom Restaurant „Bricole“ in Prenzlauer Berg. „Er ist Patron, Gastgeber und Sommelier in einem – und damit Herz und Seele des zauberhaften Restaurants“, heißt es, „mit Souveränität und Lässigkeit findet er immer das Beste für den Gast.“  

Den Titel „Berliner Szenerestaurant 2022“ erhielt das „Frühstück 3000“ in Schöneberg. Die Gründer Maximiliane Wetzel, Lukas Mann und Martin Pöller, so die Begründung, hätten mit ihrem Konzept eines Fine-Dining-Frühstücksrestaurants nicht nur eine Marktlücke erschlossen, sondern auch einen ganz besonderen Ort geschaffen.

Der Begriff „Fine Dining“ fiel auch in der Laudatio auf die „Velvet Bar“ in Neukölln, nur dass es dort um „Fine Drinking“ gehe. Geehrt wurde sie mit dem Titel „Berliner Barkultur 2022“.

Und schließlich wurde ein wesentlicher Macher des Berliner Nachtlebens als „Gastronomischer Innovator“ des Jahres herausgehoben: „Cookie“ Heinz Gindullis, der nicht nur Mitbegründer von Berlins Nachwende-Mythos sei, sondern mit seinem Restaurant „Cookies Cream“ auch die Weichen für Berlins gefeierte Gemüseküche gestellt habe.

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