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Vorstandswahl: Golfer vom Wannsee streiten um ihre Gemeinnützigkeit

Der Golf- und Landclub Wannsee, der in die schwerste Krise seiner 114-jährigen Vereinsgeschichte geraten ist, wählt an diesem Mittwoch in einer Kampfabstimmung einen neuen Vorstand. Der Ex-Präsident von Tennis Blau-Weiß tritt gegen den langjährigen Clubchef Specker an.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Hotel Maritim treten der frühere Club-Präsident Roland Specker und der Bauunternehmer Frank-Peter Muschiol, der fast 25 Jahre lang den Tennisclub Blau-Weiß führte, gegeneinander an.

Die Vorstandswahl, deren Ergebnis als offen gilt, könnte weitreichende Auswirkungen auf die Zukunft des Golfclubs haben. Denn Auslöser der internen Konflikte sind nicht nur der umstrittene Führungsstil Speckers, der den Vorsitz im Februar an seinen Vertrauten Jan Oelmann abgab, sowie die missglückte Übernahme des Golfclubs Motzen in Brandenburg, sondern auch die strategische Frage: Soll Wannsee ein elitärer, kommerziell orientierter Landclub werden? Oder sollen Sport, Freizeit und die Jugendarbeit im Vordergrund stehen? Eng damit verbunden ist die Frage, ob der Golfclub gemeinnützig bleibt.

Specker und Oelmann hatten den Ausstieg aus der Gemeinnützigkeit in Gesprächen mit der Finanzverwaltung vorangetrieben, um Eintrittsgebühren und Mitgliedsbeiträge deutlich erhöhen und den Verein auf eine andere wirtschaftliche Basis stellen zu können. Außerdem reagierten sie damit auf eine Änderung des Steuerrechts, das die steuerliche Absetzbarkeit von Mitgliederspenden nicht mehr erlaubt. Der geplante Verzicht auf die Gemeinnützigkeit spielt auch im politischen und juristischen Streit um die Verpachtung des landeseigenen Grundstücks in Wannsee an den Golfclub für 3,045 Millionen Euro eine wichtige Rolle. Die Finanzverwaltung unter Thilo Sarrazin (SPD) hatte 2008 darauf verzichtet, die Einmalzahlung für das 99-jährige Erbbaurecht vertraglich an die Gemeinnützigkeit zu koppeln. SPD, Linke, CDU und Grüne kritisieren das Geschäft. Die Staatsanwaltschaft ermittelt unter anderem gegen Sarrazin wegen Untreue.

Muschiol, der Herausforderer Speckers, kündigte überraschend an, dass er den Status der Gemeinnützigkeit über 2009 hinaus für den Golfclub Wannsee retten will. Mit der Finanzbehörde soll verhandelt werden, ob das beim gegenwärtigen Verfahrensstand noch möglich ist. Wobei der Verein allein 2008/09 insgesamt 3,2 Millionen Euro Überschüsse produzierte. Sollte die Gemeinnützigkeit erhalten bleiben, die seit 1955 in der Vereinssatzung verankert ist, könnte dies auch die öffentliche Auseinandersetzung um den Pachtpreis etwas entschärfen.

Aber vorher muss Muschiol, der für vorbildliche Jugendarbeit bei Blau-Weiß mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, die Vorstandswahlen gewinnen. Die Mitgliederversammlung im Maritim könnte eine turbulente Veranstaltung werden. Beide Lager versuchen, die 1100 ordentlichen Mitglieder des Vereins für ihre Belange zu mobilisieren. Ein Kuriosum: Der nur ein halbes Jahr amtierende Club-Präsident Oelmann, der am 11. August wegen der internen Querelen seinen Rücktritt erklärt hatte, will nun doch im Vorstand bleiben, falls Specker die Wahl gewinnen sollte.

Derweil schaffte Ex-Finanzsenator Sarrazin ein Gerücht aus der Welt, das im Club kursiert: „Ich bin nicht Mitglied des Golfclubs Wannsee“, teilte er dem Tagesspiegel mit. Ulrich Zawatka-Gerlach

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