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Um die Bücher in der Stadtbibliothek an der Breiten Straße vor Schmelzwasser zu schützen, wurden die Regale mit Folien behängt.

© dpa

Nach den Schneemassen: In vielen Wohnungen tropft Tauwasser durch die Decken

Zuerst waren Schnee und Eis für einige Berliner Dächer zu schwer, nun wird das viele Tauwasser zum Problem: In Schulen, Bibliotheken und Wohnungen tropft es durch die Decken.

Nach Dachlawinen und herabstürzenden Eiszapfen bahnt sich nun das Tauwasser seinen Weg. Bei einem Kreuzberger Fotografen tropfte es von der Deckenlampe direkt aufs Bett. Auf mehrere hundert Liter schätzt er das eingedrungene Nass. Entstanden ist es bei der Schneeschmelze am Silvestertag, auf einer Dachterrasse direkt über seiner Wohnung. Die Hausverwaltung schickte den Fotografen für drei Wochen ins Hotel.

Berlin ächzt weiter unter dem Rekordwinter. Hausbesitzer und Immobilienverwaltungen bangen um Dächer und Fassaden. Die gefährlichen Schneelasten auf Turnhallen und Supermärkten haben sich durch das Tauwetter weitgehend erledigt, doch nun wird das Tauwasser zum Problem. Problematisch sind besonders Balkone und Dachterrassen, auf denen sich viel Schnee abgelagert hat. Das Schmelzwasser nimmt dann nicht den vorgesehenen Weg nach unten.

Am Fichtenberg-Gymnasium in Steglitz, ohnehin dringend sanierungsbedürftig, drang zwischen den Feiertagen Tauwasser durch eine Dachterrasse. In den Räumen für Physik und Chemie fielen 15 Platten von der Decke, erzählt Schulleiter Rainer Leppin. Auch sein Arbeitszimmer war betroffen. Die Fachräume bleiben vorerst gesperrt, weil nicht sicher ist, ob die Leitungstechnik in der Decke Schaden genommen hat. Besonders ärgerlich für Leppin: Der Chemieraum wurde erst vor einem Jahr aufwendig saniert.

Die Stadtbibliothek in Mitte meldet bereits ihren zweiten Tauwasserschaden. Nachdem vor Silvester Schmelzwasser durch das Flachdach gedrungen war, fing es vor zwei Tagen erneut an zu lecken. Deckenpaneele stürzten ab. Um Schlimmeres zu verhindern, werden in dieser Woche weitere Deckenpaneele vorsorglich abgenommen, sagte eine Sprecherin. Das Tropfwasser wird provisorisch mit Eimern und Papierkörben aufgefangen. Die Mitarbeiter sind damit beschäftigt, Bücher aus den feuchten Zonen auszulagern. Diese Woche bleibt die Bibliothek geschlossen. Am Freitag soll entschieden werden, ob nächste Woche wieder geöffnet werden kann.

In Friedrichshain-Kreuzberg wurden die wegen Schneelast gesperrten Sporthallen wieder freigegeben, bestätigt Sportstadtrat Jan Stöß. Bei den Schulsporthallen werde der 5. Januar angepeilt. Ähnlich verhält es sich in Steglitz-Zehlendorf. In Charlottenburg-Wilmersdorf wurden nur einzelne Flachdachkonstruktionen wegen zu hoher Schneelast gesperrt und geräumt.

In vielen unsanierten Schulen gibt es Probleme mit den Heizungen. Im Berggruen-Gymnasium in Westend gab es nach der 3. Stunde kältefrei. In den Klassenzimmern war es nur 12 bis 14 Grad warm. Die Eltern der Weißensee-Grundschule in Pankow wollten am ersten Schultag nach den Ferien eigentlich gegen die lausige Kälte in ihrer Schule demonstrieren, aber diesmal hatte der Hausmeister vorgesorgt und am Wochenende durchgeheizt. An anderen Tagen, mit minus zehn Grad und tiefer, klappte das nicht, sagte der stellvertretende Gesamtelternvertreter Thomas Keil. Die Fenstersanierung habe bislang darin bestanden, die maroden Fenster einfach zuzunageln. Ein Gutachten zur Sanierung der Schule hatte einen Finanzbedarf von mehr als zehn Millionen Euro ergeben. Das Gutachten verschwand in der Schublade des Bezirksamtes.

Die 1300 Gebäude der Berliner Immobilienverwaltung (BIM) weisen laut Sprecherin Katja Potzies „keine gravierenden Mängel“ auf, bis auf kleinere „Feuchtigkeitsschäden“ an drei Verwaltungsgebäuden, darunter das Amtsgericht Charlottenburg. In den Verwaltungsgebäuden der Bezirke ist die Lage etwas schwieriger. An zwei Dienstgebäuden in Steglitz-Zehlendorf sind Heizungen ausgefallen. Im Bürgeramt am Halemweg in Charlottenburg-Nord sind laut Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler (CDU) Heizungsrohre eingefroren und anschließend geplatzt. Nun stehen Teile des Bürgeramtes und der benachbarten Bibliothek unter Wasser.

Die Wassereinbrüche in Privatwohnungen könnten bald in juristische Auseinandersetzungen münden. In Mietverträgen gebe es selten Klauseln, dass der Mieter Balkone oder Terrassen vom Schnee befreien muss, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Wohin soll er den Schnee auch schaufeln? „Das liegt an der Grenze zum Unzumutbaren.“ Ohne Klausel seien Mieter nicht haftbar zu machen.

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