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Kleine Berliner: Sechslinge dürfen schon zu den Eltern

Die Sechslinge, die am 16. Oktober zur Welt kamen, entwickeln sich gut und können bereits stundenweise aus den Brutkästen. Der Hautkontakt mit Mutter und Vater hilft bei der Entwicklung und die Babys werden durch den vertrauten Herzschlag beruhigt.

Die kleinen weißen Pflaster, die all die Kabel und Röhrchen an den winzigen Körpern halten, haben die Form von Herzen und Blüten. Die Schwestern haben sie so zurechtgeschnitten – kleine Gesten der Zuwendung, die den Eltern Mut machen sollen. Auf einer Frühchenstation der Charité mit Babys zu arbeiten, die ums Überleben kämpfen, ist auch für das hoch qualifizierte Personal eine Herausforderung. Wie müssen sich erst Mütter und Väter fühlen, die ums Leben der Kinder bangen?

Für die Eltern der Sechslinge in der Charité, die im Weddinger Virchow-Klinikum versorgt werden, gibt es gute Nachrichten: Der Zustand ihres Nachwuchses ist stabil. Inzwischen können die Winzlinge stundenweise den Brutkasten verlassen, ihre Eltern halten sie dann sanft auf der nackten Brust. „Känguruhen“ nennt sich diese Art der physischen und emotionalen Kontaktaufnahme.

Die gleiche Technik wird in vielen Frühgeborenen-Stationen angewendet, so auch in der Schwesterabteilung der Neonatologie am Virchow-Klinikum, der Charité in Mitte. „Das Baby wird durch den vertrauten Herzschlag beruhigt, und durch die Bewegungen des Brustkorbes erhält es einen ständigen Atemreiz“, sagt Hannes Hammer, Direktor der Klinik für Neonatologie in Mitte.

Die Eltern und ihre am 16. Oktober geborenen vier Mädchen und zwei Jungen werden weiter von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Krankenhäuser müssen bei solch spektakulären Fällen wie der ersten Geburt von Sechslingen seit Jahrzehnten sogar Wachschützer engagieren, um die Privatsphäre der Familie zu schützen.

Die Charité hat bekannt gegeben, dass die Kinder täglich schon 140 Milliliter Muttermilch bekommen – „das entspricht einer Menge von 18 Esslöffeln.“ Weil sie noch zu klein sind, um an der Brust zu trinken, stehen im Elternzimmer Milchpumpen bereit. Die Krankenschwestern stehen Müttern gern zur Seite: Viele Eltern haben Sorge, die zerbrechlich wirkenden Geschöpfe mit den Beatmungsschläuchen in der Nase zu verletzen.

In den Inkubatoren der Neonatologie in Mitte, in der es ähnlich aussieht wie im Virchow-Klinikum, verschwinden die Babys komplett unter den Bärchenbettdecken. Die Eltern können zumeist Tag und Nacht zu ihren Kindern. In den Inkubatoren mit den Grifflöchern bekommen solche Winzlinge auch Medikamente, die die Reifung der Lunge beschleunigen. Sie werden zudem mit Blaulicht gegen Neugeborenengelbsucht bestrahlt. Die Luft wird gefiltert und mit Sauerstoff und Feuchtigkeit angereichert, die 37 Grad sind der Temperatur der Gebärmutter nachempfunden.

Bei ihrer Geburt nach nur 27 Schwangerschaftswochen waren die Sechslinge zwischen 800 und 900 Gramm leicht. Jetzt entwickeln sie sich gut. Dem Neonatologen Hans Hammer zufolge bangen aber Eltern von Frühgeborenen noch jahrelang. Einige Spätfolgen erkennt man erst im zweiten oder dritten Lebensjahr.

In Berlin gab es 2007 fast 3000 Frühgeborene. 550 wogen weniger als anderthalb Kilogramm. Drei Viertel werden in den zwei Berliner Spezialkliniken versorgt: die Charité mit den Standorten in Mitte und dem Virchow-Klinikum in Wedding sowie das Eltern-Kind-Zentrum des Vivantes-Klinikums in Neukölln. Die Charité bietet ein neues Projekt, die „Sternchenstunde“: Dank Internet-Kameras an den Betten können Eltern ihre Babys, wenn sie über den Berg sind, zu Hause am Computer betrachten.

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