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Eingang zum Barbara-Schulz-Haus.

© Kinderhilfe e.V.

Update

Senat versteht die Forderung nicht: Kinderhilfe in Berlin-Hermsdorf soll Tausende Euro an Bezirksamt nachzahlen

Weil er in einem Einfamilienhaus eine Begegnungsstätte betreibt, soll der Kinderhilfe e.V. rund 42.000 Euro an das Bezirksamt nachzahlen. Der Senat sieht dafür keine Notwendigkeit.

| Update:

Für krebs- und schwerkranke Kinder und ihre Familien bietet die Kinderhilfe e.V. im Barbara-Schulz-Haus in Berlin-Hermsdorf Trauergruppen, Kochkurse und Weihnachtsfeiern an. Jetzt soll der gemeinnützige Verein Tausende Euro an das Reinickendorfer Bezirksamt nachzahlen.

Der Grund: Dass die Kinderhilfe in dem Haus ihre Familienbegegnungsstätte betreibt, ist aus Sicht der Behörde eine „zweckfremde“ Nutzung. Denn das Gebäude sei als Einfamilienhaus genehmigt.

Nachdem die Behörde darauf hingewiesen hatte, beantragte der Verein eine Genehmigung. Die stellte das Wohnungsamt vor ein paar Tagen aus, jedoch mit einer bösen Überraschung: Rund 42.000 Euro soll die Kinderhilfe rückwirkend an den Bezirk leisten, als Ausgleich für die Nutzung des Hauses seit Eröffnung vor zweieinhalb Jahren. Zusätzlich wird ab Februar monatlich eine Ausgleichszahlung von 1.800 Euro fällig.

Verein finanziert sich mit Spenden

Diese Summe sei unzumutbar, teilte der Verein mit. Nicht nur, weil das Haus der Kinderhilfe e.V. gehöre, sondern auch, weil sich der Verein vorrangig aus Spenden finanziere. „Sollte das Bezirksamt diese Forderung nicht rückgängig machen, sehen wir uns gezwungen, das Barbara-Schulz-Haus zu schließen und in einen anderen Bezirk zu verlagern“, hieß es weiter.

Im Bezirksamt konnte man die Vorwürfe am Freitag zunächst nicht nachvollziehen. „Eine andere Entscheidung hätte den Verein rechtsgrundlos bevorzugt und würde dem Gleichbehandlungsgrundsatz in der Bearbeitung von vergleichbaren Verfahren widersprechen“, argumentierte die Behörde in einer Mitteilung. In anderen Worten: gleiches Recht für alle.

Eine Ausnahme für soziale Einrichtungen sei nach einer Gesetzesänderung nur noch dann möglich, wenn deren wirtschaftliche Existenz gefährdet ist. Das ist aus Sicht der Behörde nicht zu erwarten. Die Argumentation lässt Kinderhilfe-Geschäftsführer Jannis Wlachojiannis nicht gelten: „Wir haben dem Bezirksamt vor langer Zeit eine Einigung angeboten, denn wir sind zu einem Kompromiss bereit“, sagte Wlachojiannis. Auch von Bezirkspolitikern habe die Kinderhilfe viel Zuspruch bekommen.

Besonders absurd sei, dass das Bezirksamt mit Blick auf die wirtschaftliche Situation der Kinderhilfe von „Gewinnen“ spreche. Als eingetragener Verein dürfe man überhaupt keine Gewinne machen. „Wir werden wegen der Zahlungsforderungen des Bezirks nicht in Konkurs gehen müssen, aber einige Projekte können wir dann nicht mehr machen“, erläuterte Wlachojiannis. Der Verein hat nun einen Anwalt eingeschaltet, um Widerspruch gegen die Entscheidung des Bezirksamts einzulegen.

Bezirk will sich für Gesetzesänderung starkmachen

Jetzt will sich der Bezirk offenbar für eine Gesetzesänderung einsetzen, wie das Bezirksamt am Mittwochmittag bekannt gab. Die Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU) habe den Senat aufgefordert, die entsprechenden Landesverordnungen so abzuändern, dass Ausnahmeregelungen möglich sind, wenn ein öffentliches Interesse besteht.

Erst nach dieser Änderung dürfe das Bezirksamt auf die Ausgleichszahlungen für eine formal als „zweckfremd“ geltende Nutzung des Barbara-Schulz-Hauses verzichten. Die Zahlungen werden laut Bezirk bis zur Klärung nicht fällig.

Senat sieht Rechtslage anders

Die zuständige Senatsverwaltung interpretiert die Rechtslage völlig anders. Die Forderung der Bezirksbürgermeisterin sei nicht nachvollziehbar, teilte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen auf Anfrage mit: „Weder das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz noch die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung müssen geändert werden, um eine Entscheidung des Bezirksamts Reinickendorf zugunsten der Kinderhilfe e.V. zu ermöglichen.“ Vielmehr könne der Bezirk schon jetzt „nach pflichtgemäßem Ermessen“ handeln.

Zusätzlich lege die Verordnung eine Genehmigungsfreiheit für bestimmte Sozialeinrichtungen, wie unter anderem der Kinder- und Jugendhilfe fest, erklärte ein Sprecher. Ob es sich bei der Kinderhilfe um eine solche Einrichtung handele, könne der Senat nicht einschätzen. Sollte dem so sein, könne vom Bezirksamt keine Ausgleichszahlung für eine Ausnahmegenehmigung verlangt werden.

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