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Panorama: Der "Fluch des Pharaos": Keine Angst vor antiken Mumien

Manche Besucher des Britischen Museums in London schwören noch heute, beim Betrachten des Ausstellungsstückes 22542 ein Gefühl der Beklemmung zu spüren. Lange rieten die Museumswärter, nicht zu lange vor dem Mumiensarg in Vitrine 35 stehen zu bleiben.

Manche Besucher des Britischen Museums in London schwören noch heute, beim Betrachten des Ausstellungsstückes 22542 ein Gefühl der Beklemmung zu spüren. Lange rieten die Museumswärter, nicht zu lange vor dem Mumiensarg in Vitrine 35 stehen zu bleiben. Denn auf der Oberpriesterin des Tempels von Amen-Ra laste ein Fluch, der seit 1880 schon dreizehn Menschen das Leben gekostet habe. Der britische Ägyptologe Dominic Montserrat kann die Museumsbesucher jetzt beruhigen: Der Fluch des Pharaos wurde demnach vor 180 Jahren in London von einer Romanautorin erfunden. "Den alten Ägyptern war er gänzlich unbekannt", sagt der Forscher von der Open University.

Die Mutter aller Monster-Mumien ist nach seinen Erkenntnissen die Schriftstellerin Jane Loudon Webb. Sie sah 1821 in London eine Show, bei der ägyptische Mumien ausgewickelt wurden. Dies regte die 25- Jährige zu einer Science-Fiction-Story an, in der eine wütende Mumie zu neuem Leben erwacht und den Archäologen Edric erdrosselt.

Von nun an trieb die rachsüchtige Mumie in immer neuen Gruselschockern ihr Unwesen, 1869 erstmals unter dem Titel "Der Fluch der Mumie". 1912 war das Motiv bereits so bekannt, dass Zeitungsjournalisten den Untergang der "Titanic" auf einen mitgeführten Sarg einer Prinzessin von Amen-Ra zurückführten.

Vollends zum Titelseiten-Thema wurde der Fluch zehn Jahre später, als Lord Carnarvon und Howard Carter die Grabkammer des Tutanchamun im Tal der Könige öffneten. "Können Sie etwas sehen?" fragte Carnarvon, als Carter als erster in das dunkle Grab hineinsah. "Ja, wundervolle Dinge", war die berühmt gewordene Antwort. Und wieder war es eine Autorin - Marie Corelli - die nun die Warnung aussprach, dass "jeden Eindringling in die versiegelte Kammer die schlimmste Strafe ereilen wird".

Ihre Prophezeiung schien sich zu erfüllen, als Lord Carnarvon kurz darauf starb. Auch andere Experten überlebten ihren Besuch in der dreitausend Jahre alten Kammer des ermordeten Pharaos nur um Wochen oder Monate. Für die Zeitungen stand fest: Sie alle hatte der Fluch des Pharaos getroffen. Bis heute werden immer neue Theorien entwickelt: So hieß es, die Ägypter hätten gefährliche Bakterien, Viren oder Pilzsporen in ihren Gräbern mit eingemauert.

Montserrat schmunzelt darüber. "Die Ägypter wussten nichts über die Zusammenhänge zwischen solchen Mikro-Organismen und Infektionen", sagt er. "Das wurde erst im 19. Jahrhundert entdeckt, Jahrtausende später." Die Wahrheit sei: Carnarvon war gesundheitlich angeschlagen, und von den 26 Expeditionsmitgliedern, die bei der Graböffnung anwesend waren, lebten nach zehn Jahren noch 20. Der Arzt Douglas Derry, der die Mumie des Tutanchamun sezierte, wurde sogar 87 Jahre alt.

"Zudem haben wir aus ägyptischen Quellen keinen einzigen Beleg für einen Fluch." Die Öffnung des Grabes von Tutanchamun war gewissermaßen sogar in dessen Interesse, argumentiert Montserrat: Nach dem Glauben der Ägypter überlebt die Seele des Pharaos solange, wie sein Name auf Erden genannt wird. Die Entdeckung seines Grabes hat Tutanchamun ohne Zweifel zu dauerhaftem Ruhm verholfen, und insofern dürften die Forscher sogar den Segen des Pharaos gehabt haben.

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