zum Hauptinhalt
Michael Cohen is cross examined by defense lawyer Todd Blanche before Justice Juan Merchan, as former U.S. President Donald Trump watches during Trump's criminal trial on charges that he falsified business records to conceal money paid to silence porn star Stormy Daniels in 2016, in Manhattan state court in New York City, U.S. May 14, 2024 in this courtroom sketch. REUTERS/Jane Rosenberg

© REUTERS/Jane Rosenberg

Update

„Sie haben mich einen weinenden Mistkerl genannt?“: Trump-Verteidiger nimmt Kronzeugen Cohen ins Kreuzverhör

Nach seiner Anhörung am Montag musste sich der ehemalige Trump-Anwalt Cohen einem Kreuzverhör stellen. Zuvor schaltete sich der Chef des US-Repräsentantenhauses auf ungewöhnliche Weise ein.

Im Schweigegeld-Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump versucht die Verteidigung, den Kronzeugen Michael Cohen als unglaubwürdigen und rachsüchtigen Lügner darzustellen. Das Kreuzverhör am Dienstag geriet dabei zum konfrontativen Schlagabtausch.

„Herr Cohen, mein Name ist Todd Blanche“, begann Trumps Anwalt die Befragung und fügte hinzu: „Sie haben mich auf Tiktok einen weinenden kleinen Mistkerl genannt, kurz bevor dieser Prozess begann?“ Cohen entgegnete: „Klingt nach etwas, das ich sagen würde.“

Später räumte Cohen zudem ein, er wolle Trump hinter Gittern sehen, wie im New Yorker Gericht anwesende Journalisten übereinstimmend berichteten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Kronzeuge Cohen hatte bei seiner Befragung durch die Anklage zuvor eine direkte Verbindung zwischen Trump und Zahlungen an Ex-Pornostar Stormy Daniels hergestellt, die der Republikaner unrechtmäßig verbucht haben soll.

Der ehemalige Trump-Anwalt Michael Cohen am 14. Mai 2024 vor dem Strafgericht in Manhattan, New York City.

© AFP/TIMOTHY A. CLARY

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Trump, er habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar an die Pornodarstellerin verbessern wollen. Zwar war die von keiner Seite bestrittene Transaktion selbst nicht illegal.

Der heute 77-Jährige soll aber bei der Erstattung des von Cohen ausgelegten Betrags Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Zahlung zu verbergen. Aus Sicht der Anklage handelte es sich deshalb um illegale Wahlkampffinanzierung.

Cohens angebliche Gedächtnislücken

Blanche konfrontierte Cohen immer wieder mit dessen scharfen Angriffen auf Trump. Er zeichnete das Bild eines Mannes, der von Rachegedanken gegen seinen früheren Boss besessen ist, seitdem dieser ihn fallen ließ. Auf Blanches Fragen dazu, dass die Staatsanwaltschaft Cohen in mehreren Gesprächen dazu aufgefordert hatte, sich nicht in TV-Shows zu dem Fall zu äußern, antwortete Cohen, er könne sich an mehrere Gespräche zu diesem Thema nicht erinnern.

Diese angebliche Gedächtnislücke nahm Blanche zum Anlass, Cohens detaillierte Erinnerungen an Telefonate mit Trump vor acht Jahren infrage zu stellen. Das Kreuzverhör soll am Donnerstag weitergehen, am Mittwoch pausiert der Prozess.

Kein Durchbruch für die Verteidigung

Einige US-Kommentatoren vertraten die Meinung, dass es Anwalt Blanche zumindest im ersten Teil des Kreuzverhörs nicht gelungen sei, Cohens Vorwürfe zu diskreditieren. Teils sei er während der Befragung so schnell von einem Thema zum nächsten gesprungen, dass es nicht leicht gewesen sei, ihm zu folgen.

Die teilweise sehr unverblümten Antworten Cohens, der mehrmals „Klingt nach etwas, das ich sagen würde“ antwortete, hätten amüsant gewirkt. Die „New York Times“ bemerkte, die Geschworenen seine offensichtlich belustigt gewesen.

Cohen gilt wegen seiner Vergangenheit als verurteilter Lügner als problematischer Zeuge. Trumps Anwälte hatten Cohen bei ihrem Eröffnungsplädoyer bereits als von Rachegelüsten getrieben dargestellt und betont, dass er unter Eid die Unwahrheit gesagt hatte.

Trump gibt sich unbeteiligt

Trump erschien am Dienstag in dunkelblauem Anzug und gelber Krawatte vor Gericht. Er verhielt sich während des Kreuzverhörs auffallend passiv. Statt seinem Anwalt bei dem Versuch zuzusehen, die Glaubwürdigkeit seines Widersachers zu untergraben, hatte er - wie schon bei der vorherigen Befragung Cohens durch die Staatsanwaltschaft - oft die Augen geschlossen und verhielt sich ruhig.

Der frühere US-Präsident Trump in dunkelblauem Anzug und gelber Krawatte vor Gericht.

© REUTERS/Curtis Means

Trump brachte auch wieder eine große Entourage von Unterstützern mit zum Prozess. Neben seinem Sohn Eric Trump und dessen Frau Lara waren auch der republikanische Vorsitzende im Abgeordnetenhaus, Mike Johnson, und der rechtspopulistische Republikaner Vivek Ramaswamy dabei. Dieser gilt für die Wahl im November als möglicher Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten an Trumps Seite.

Repräsentantenhaus-Chef kritisiert Prozess scharf

Am Verhandlungsort des New Yorker Prozesses beklagte Johnson dann eine Instrumentalisierung der Justiz gegen den früheren Staatschef beklagt. Das US-Justizsystem sei „als Waffe gegen Präsident Trump“ eingesetzt worden, sagte der republikanische Vorsitzende der Kongresskammer in Bezug auf den amtierenden US-Präsidenten Joe Biden zu Reportern.

Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses.

© dpa/J. Scott Applewhite

„Das System benutzt alle ihm derzeit verfügbaren Werkzeuge, um einen Präsidenten zu bestrafen und einem anderen Deckung zu verschaffen.“ Johnson erschien mit mehreren anderen republikanischen Abgeordneten bei Gericht und stellte sich hinter Trump, als dieser vor Beginn der Verhandlung zu Reportern sprach. Trump tritt aller Voraussicht nach als republikanischer Kandidat bei der Präsidentschaftswahl im November gegen den demokratischen Amtsinhaber Biden an, gegen den der Rechtspopulist bei der Wahl 2020 unterlegen war.

Später gab Johnson in Bezug auf die Vorwürfe in dem historischen Prozess in New York an, dass Trump „unschuldig“ sei. „Wer dies objektiv betrachtet, kann nicht leugnen, dass das Justizsystem in unserem Land als Waffe gegen Präsident Trump eingesetzt wurde“, sagte Johnson.

Wie auch in anderen westlichen Staaten sieht die US-Verfassung die Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative vor. Dass der Vorsitzende einer Kongresskammer bei einem Strafprozess auftaucht und sich hinter den Angeklagten stellt, ist ein äußerst ungewöhnlicher Vorgang.

Trump lobte Johnson und andere Republikaner vor den anwesenden Reportern. Er habe viele Stellvertreter „und sie sprechen sehr schön“, sagte der 77-jährige Rechtspopulist.

Bei dem Prozess in New York hatte zunächst der wichtige Zeuge David Pecker ausgesagt. Der ehemalige Herausgeber des Trump-nahen Klatschblatts „National Enquirer“ bestätigte die Darstellung der Anklage, dass Cohen und er im Auftrag Trumps vor der US-Wahl 2016 negative Berichterstattung unterdrücken sollten, indem sie die Rechte an der Veröffentlichung der jeweiligen Geschichten kauften.

Vergangene Woche trat dann Pornostar Daniels selbst in den Zeugenstand und machte eine wenig schmeichelhafte und sehr detaillierte Aussage zum angeblichen Geschlechtsverkehr mit Trump. Cohen schließlich stellte einen direkten Bezug der Schweigegeld-Zahlungen zum ehemaligen Präsidenten her.

Die Staatsanwaltschaft ließ wissen, dass Cohen ihr letzter Zeuge gewesen sei. Trumps Anwälte könnten bereits am Donnerstag mit dem Kreuzverhör fertig sein. Danach wäre es an der Verteidigung, entlastende Zeugen aufzurufen, bevor es zu den Schlussplädoyers kommt. Die zwölf Geschworenen müssen in der Folge eine einstimmige Entscheidung treffen. Richter Juan Merchan würde im Falle einer Verurteilung das Strafmaß festlegen. (dpa/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false