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Szene aus der „Frau Luna“-Inszenierung im Tipi am Kanzleramt. mit Anna Mateur und Tobias Bonn.

© Barbara Braun

Album-Tipp Paul Lincke: Mehr als nur Berliner Luft, Luft, Luft

Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt hat mit dem Dirigenten Ernst Theis ein angenehm überraschendes Paul-Lincke-Album eingespielt.

Beim Waldbühnen-Konzert der Philharmoniker kommt sie garantiert - und zwar immer ganz am Ende: die „Berliner Luft“, Paul Linckes unverwüstlicher Lokalpatrioten-Hit. Dem feinsinnigen Claudio Abbado war diese Marschmusik zu derb, in seiner Zeit als Chefdirigent ließ er das Orchester die Zugabe lieber allein spielen.

Allen, denen Lincke ebenfalls als wilhelminischer Schmalzstullen-Komponist gilt, wird jetzt ein Album die Ohren öffnen, das der Dirigent Ernst Theis mit dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt aufgenommen hat. Auch er brauchte lange, um diese Musik für sich zu erschließen, räumt der Operettenspezialist Theis im Begleitbuch ein. Dann aber entdeckte er in den Partituren jenseits der notorischen „Frau Luna“ echten Charme.

Unterhaltung mit Esprit

Nicht nur billige Bespaßung der amüsiergierigen Massen, sondern Unterhaltung mit Esprit bieten die hier versammelten Vorspiele zu „Venus auf Erden“, „Lysistrata“ oder „Casanova“ tatsächlich. Die Frankfurter haben hörbar Spaß an der Sache, spielen federnd, beschwingt, mit heiterer Leichtigkeit.

Der Walzer „Verschmähte Liebe“ tändelt fast auf Augenhöhe mit der Strauß-Dynastie dahin, „Grigri“ atmet französisches Flair à la Moulin Rouge. Und in der putzigen Siamesischen Wachtparade kann man einen ironischen Kommentar zum Immer-Feste-Druff-Militarismus der Zeit entdecken.

Die größte Überraschung aber ist die fein gearbeitete, gar nicht rumpelige Ouvertüre, die der Komponist 1904 für eine Posse namens „Berliner Luft“ geschrieben hat - das wäre doch mal eine elegante Alternative zum üblichen Mitklatsch-Rausschmeißer-Marsch beim philharmonischen Waldbühnen-Konzert.

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