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Kultur: Berlin alaaf!

Das Verhältnis des Berliners zu anderen Großstädtern ist nicht immer einfach. Jedenfalls von den anderen Großstädten aus betrachtet.

Das Verhältnis des Berliners zu anderen Großstädtern ist nicht immer einfach. Jedenfalls von den anderen Großstädten aus betrachtet. Von Berlin aus gesehen gibt es in Deutschland ohnehin nur eine echte Großstadt, und das ist nun mal Berlin. Moskau liegt in gefühlter Distanz näher als das mediterrane München, Hamburg geht als Vorort durch. Wenn ein Berliner sich vorstellen kann, in eine andere Stadt zu ziehen, dann heißt diese entweder Kleinmachnow oder Köln. Köln?

Berliner Schnauze und rheinische Frohnatur sind nicht unbedingt wesensverwandt, aber man „kann“ miteinander. In beiden Städten fällt man im öffentlichen Personennahverkehr mit einem Bier in der Hand nicht unangenehm auf, im Gegenteil. In Berlin kauft man sein Schulli am Kiosk, in Köln das Kölsch am „Büdchen“. Berliner DJs, die in Köln gastierten, kehrten schon kalkweiß zurück, weil das Publikum sich erdreistete, am frühen Morgen nach „Kölscher Musik“ von „De Bläck Föös“ zu fragen. In Berlin wünschen sich die Tänzer um dieselbe Zeit Achtzigerjahre-Hits, was auch nicht besser ist.

Doch neidisch schielt der Kölner neuerdings auf die Hauptstadt: Erst nahm die ihm mit der Erfindung der Love Parade den Karneval weg, dann mit der Popkomm auch noch den Ruf als deutsche „Pophauptstadt“. Weil man Konflikte austragen soll, bittet eine Berliner Partyreihe am Samstag in den Ring. Das Deep versteckt sich in der alten Bötzowbrauerei (Saarbrücker Straße, Ecke Prenzlauer Allee). Partys dort sind stets ein Ereignis. Obwohl nur auf briefmarkengroßen Flyern dafür geworben wird, strömen die Massen in das Kellergewölbe wie die Pilger gen Mekka, durch die WC-Lounge wabern eigens kreierte psychedelische Wandtapeten aus Lichteffekten.

Herausforderer ist diesmal der Kölner Labelmacher Triple R , sein Schützling Markus Müller wird mit einem Minimal-Set ebenfalls dabei sein. Für Berlin treten die Gebrüder Teichmann an, die als Mischpultakrobaten bundesweit ihresgleichen suchen. Wer je gesehen hat, wie Andi Teichmann quer über die Arme seines Bruders Hannes greift und sich quasi blind am Plattenteller des anderen zu schaffen macht, weiß, was asynchrones Auflegen bedeutet. Ihre Punkvergangenheit aus der Band Totalschaden haben beide zwar nicht vergessen, sich aber spätestens seit ihrem Debütalbum „Jukebox Heroes“ der Rettung des Techno verschrieben. Ihren legendären Ruf kann sogar eine Auszeichnung wie der Kulturförderpreis „in Anerkennung ihrer besonderen künstlerischen Leistung auf dem Gebiet der Jugendkultur und der elektronischen Musik“ der Stadt Regensburg nicht beeinträchtigen, obwohl diese Würde in etwa so sexy klingt wie das Prädikat „Jugend forscht“. Und überhaupt: Wieso eigentlich Regensburg? Weil die als „Berliner Lokalmatadore“ angekündigten DJs dort aufgewachsen sind. So viel zum Lokalpatriotismus.

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