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Das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth nach der Restaurierung. Blick in den Zuschauerraum in Richtung Fürstenloge, von der Bühne aus.

© Achim Bunz

Neues Theatermuseum in Bayreuth: Prachtentfaltung und Moderneschock

Das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth zählt zu den schönsten seiner Art. Nun wurde es für 30 Millionen Euro restauriert. Außerdem entstand ein Theatermuseum.

Der Ministerpräsident greift bei der Museumseröffnung beherzt zur Kurbel und lässt dunkle Wolken über einer barocken Miniaturbühne aufziehen. Markus Söder hat ohnehin den Ruf, in Bayern zu bestimmen, wann es regnet und wann die Sonne scheint und genießt es sichtlich, für die Kameras den Wettergott zu spielen.

Im Obergeschoss des neuen Bayreuther Theatermuseums können kleine und große Musiktheaterfans ganz handfest erfahren, wie die spektakulären Verwandlungen der Barockoper funktionierten. Hier kann man Windmaschinen aufrauschen lassen oder ein putziges Segelschiff in hohen Seegang schicken. Die Kuratorinnen der Bayerischen Schlösserverwaltung setzen auf sinnliches Erleben, wenn sie erklären, wie das Markgräfliche Opernhaus nebenan einst funktionierte.

Das einzigartige Theater ließ Wilhelmine von Bayreuth, eine Schwester Friedrichs des Großen, im Jahr 1748 erbauen, um dort die Hochzeit ihrer Tochter zu feiern. Schon bald nach Wilhelmines Tod fiel Bayreuth an das neue Königreich Bayern und versank in der Bedeutungslosigkeit. Deshalb entging das Opernhaus dem üblichen Schicksal historischer Theater, umgebaut zu werden oder komplett abzubrennen. Über die Jahrhunderte hatte das Gebäude aber stark gelitten, wurde die Bühnenöffnung verkleinert, die ursprüngliche Farbfassung übermalt und schließlich die Reste der originalen Bühnentechnik in den sechziger Jahren weggeworfen.

Wegen unübersehbarer Schäden war eine gründliche Restaurierung nötig, die 31 Millionen Euro kostete. Die riesige Bühnenöffnung wurde ebenso wiederhergestellt wie die alten Farben, die Werkstätten der Berliner Opernstiftung malten eine Perspektivenkulisse nach historischem Vorbild. Seit 2018 ist der barocke Überfluss wiederzusehen, ein erklärendes Museum für das Unesco-Weltkulturerbe fehlte aber noch.

Bei der Restaurierung gab das Haus viele Geheimnisse preis, unter anderem sind die hinter den Logenbrüstungen gefundenen Hühnerknochen nun als Zeugnisse barocker Lebenslust im angrenzenden Redoutenhaus zu besichtigen, dessen Umbau weitere 16 Millionen Euro kostete. Hier ist der neue Eingangsbereich untergebracht, der Rundgang führt zunächst ins Opernhaus, dann im ersten Stockwerk zurück ins Nebengebäude.

Dort trifft den Besucher nach der absolutistischen Prachtentfaltung ein Moderneschock, denn die Ausstellungsmacher haben ganz bewusst jeden historisierenden Kitsch vermieden. Die Raumgestaltung zitiert zwar Elemente des Theatersaals, aber Neonröhren und starke Farben gehorchen aktuellen Designtrends. Wie schon die Kassenhalle mit ihren metallverkleideten Wänden würden auch die anderen Räume jede Bar in Berlin-Mitte zieren und man wird sehen, ob die dominante Ausstellungsarchitektur gut altert oder schon in wenigen Jahren überarbeitet werden muss.

Besucher werden animiert, hinter Türchen und auf Touchscreens Informationen zu sammeln, um beispielsweise zu entscheiden, ob die Markgräfin im „Goldenen Käfig“ saß. Das ist eine überraschend unzeitgemäße Formulierung, denn die äußerst standesbewusste Berliner Königstochter war durch und durch eine Vertreterin des Ancien Régime, die Bayreuth gemeinsam mit ihrem Gatten bedenkenlos in die Verschuldung trieb, um ihr Repräsentationsbedürfnis zu befriedigen. Bürgerliche Freiheitsvorstellungen hätte sie allenfalls erstaunt zur Kenntnis genommen.

Brandenburg in Bayern

Beim Staatsakt zur Museumseröffnung verkündet Ministerpräsident Söder stolz, welche Zierde Bayerns hier gezeigt wird und begrüßt „Seine Königliche Hoheit“ Prinz Ludwig von Bayern. Der riesige rote Adler über dem Bühnenportal spreizt dazu gelassen die Flügel, schließlich wurde Bayreuth im 18. Jahrhundert von einer Brandenburger Seitenlinie regiert, Oberbayern und die Wittelsbacher haben mit Wilhelmines Rokoko wenig zu tun. Immerhin vergisst Markus Söder über dem Stolz auf die Investitionen in die museale Infrastruktur nicht, die notleidenden Gegenwartskünstler zu erwähnen, die ebenfalls staatliche Unterstützung brauchen.

Im Oktober wird in Bayern gewählt und mit seiner launigen Rede möchte er offensichtlich die Kulturschaffenden auf seine Seite ziehen. Doch es geht auch ernst zu in diesem Museum, das der scheinbar heiteren Kunst gewidmet ist. Nach dem Tod Wilhelmines wurde das nicht mehr benötigte Redoutenhaus an den jüdischen Hofbankier verkauft. Das Hinterhaus wurde zur Synagoge umgebaut, das heutige Museum zu einem Geschäftshaus.

Bis zur „Arisierung“ gehörte es einem Onkel von Charlotte Knobloch, der heute 91-jährigen Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde Oberbayerns. Sie erinnert sich in einem Zeitzeugeninterview in der Ausstellung an Familienfeste im Haus, bevor ihre Familie entrechtet und ermordet wurde. Diese Geschichte wird nun endlich auch erzählt im neuen Bayreuther Theatermuseum.

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