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Kultur: Sandi Thom

Diese Woche auf Platz 38 mit: „I wish I was a punk rocker“

Als sie geboren wurde, ging der Traum von einer Gegenkultur namens Rock gerade unter. „I was born too late to a world that doesn’t care“, singt sie nun über die Kälte ihrer Zeit und fügt hinzu: „I wish I was a punk rocker (with flowers in my hair)“. Sie will also Patti Smith sein. Aber die gibt es schon. Deshalb hat sich Sandi Thom, geboren in Schottland, vor einem Jahr etwas Besseres einfallen lassen. Statt wie gewöhnlich mit Veranstaltern zu telefonieren und mit einem klapprigen Bus von Club zu Club zu tingeln, kaufte sich die 23-Jährige eine Webcam und annoncierte auf ihrer Homepage, dass sie dortselbst 21 Konzerte zu geben gedenke. Nur sie und die Kamera im Keller ihres Londoner Domizils. 70 Zuschauer, heißt es, hätten dem merkwürdigen Live-Auftritt am Computer beigewohnt. Innerhalb einer Woche wurden es 70 000. Dabei hatte sich die versierte Musikerin nur die Methoden der Pornoindustrie zu eigen gemacht. Ihre musikalische Online-Peepshow war allerdings umsonst.

Doch das hat sich ausgezahlt. Ihr Debütalbum „Smile ... it confuses people“ erschien bei einem Major-Label, und längst verdient sie mehr als die 200 Pfund pro Abend, die sie als 14-jährige Frontsängerin einer Coverband mit ihren Mitmusikern teilte. Dass sie, die der Selbstvermarktung im Pop neue Wege gewiesen hat, sich nun in eine Ära zurücksehnt, da „Anarchie in der Luft lag und Popstars ein Mythos umgab“, irritiert etwas. Aber vermutlich ging das alles nur ein wenig zu schnell. Denn wie immer bei solchen Internetschöpfungen werden sie am Ende von der Realität eingeholt: Sandi Thom hat ihren Keller verlassen. Heute spielt sie in Berlin.

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