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Kultur: Vietkong am Niederrhein

Die Vorstellung ist nicht berauschend: Pynchon, Echenoz und Tabucchi verschwinden aus deutschen Buchhandlungen, fremdsprachige Literatur kommt nur noch in Gestalt von Dan Brown und John Grisham vor. Das ist das Szenario, das einige Verlage derzeit beschwören.

Die Vorstellung ist nicht berauschend: Pynchon, Echenoz und Tabucchi verschwinden aus deutschen Buchhandlungen, fremdsprachige Literatur kommt nur noch in Gestalt von Dan Brown und John Grisham vor. Das ist das Szenario, das einige Verlage derzeit beschwören. Warum? Die Übersetzer wollen mehr Geld. Über 20 Prozent der bei uns veröffentlichten Belletristik sind in anderen Sprachen verfasst worden. Nun werfen einige Verlage den Übersetzern vor, mit ihren Forderungen Studienratsgehälter anzustreben und die Branche in den Ruin zu treiben. Es werde mit Summen jongliert, die man bestenfalls mit Bestsellern wie Brown oder Grisham einstreicht. Und überhaupt: Was täten Übersetzer eigentlich, schließlich stünde doch alles schon da. So, so.

Der Buchmarkt befindet sich im Umbruch. Autorenvorschüsse, die Bundesliga-Niveau erreichen, auch Papier wird immer teurer, und längst diktieren die großen Buchhändler den Verlagen die Bedingungen. Da wollen die Übersetzer nicht unter den Tisch fallen und am Gewinn aus ihrer Leistung beteiligt werden. Wer verstehen will, worin die besteht, wird heute in der Literaturwerkstatt (20 Uhr, Kulturbrauerei, Prenzlauer Berg) von Norbert Hummelt, Mirko Bonné und Gerhard Falkner, allesamt Lyriker und nebenberufliche Übersetzer, aufgeklärt. Das Trio hat sich dem Projekt einer neuen Yeats-Ausgabe verschrieben. William Butler Yeats (1865-1939) war nicht nur irischer Freiheitsdichter, Nationaltheatergründer und Nobelpreisträger, sondern ein Großlyriker der Moderne. Dass der Luchterhand Verlag eine Neuübersetzung wagt, ist erfreulich. Schließlich verkaufen sich Gedichte miserabel. Und auch für Übersetzer ist Lyrik – finanziell – nicht so richtig lukrativ.

Ob sich westdeutsche Wenderomane (auch die gibt es) rentieren, wird sich zeigen. Richard David Precht hat mit „Lenin kam nur bis Lüdenscheid“ (Claassen) einen geschrieben. Darin erzählt der 42- Jährige von seiner Solinger Kindheit im DKP-Ambiente und wie es war, schon als Dreijähriger „Ho Ho Ho Chi Minh“ zu rufen. Im „Deutschen Herbst“ kamen erste Zweifel, dann brach die DDR zusammen. Am 26.1. liest Precht in Britta Gansebohms Literarischem Salon (20 Uhr 30 BKA-Theater, Kreuzberg).

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