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An dem Verhalten von ZDF-Moderator Markus Lanz scheiden sich die Geister. Meistens hilft Abschalten gegen die Aufregung.

© dpa

Online-Petition gegen Markus Lanz: Medienkompetenz heißt Fernbedienung nutzen

Unser Kolumnist Matthias Kalle wundert sich: Warum nutzen die Menschen nicht einfach ihre Fernbedienung? Weil sie sich mit ihrer Aufregung über Markus Lanz darin bestätigen können, dass sie auf der richtigen Seite stehen?

Nur damit ich das jetzt nicht falsch verstehe: Im Internet hat eine Frau, die mal Parteimitglied bei den Linken war, eine Petition ins Leben gerufen, die die sofortige Absetzung von Markus Lanz fordert, weil der am Donnerstag der vergangenen Woche in seiner Sendung nicht vernünftig mit der Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht gesprochen habe. Ja, oder? Ich glaube, bis hierhin stimmt das.

Die Online-Petition haben bis Freitagmittag über 164000 Menschen unterschrieben. Woanders im Internet, dass wohl doch nicht so kaputt ist, wie Sascha Lobo glaubt (jedenfalls nicht, wenn es darum geht, Menschen fertig zu machen), haben irre lustige Typen das irre lustige Wort „ranlanzen“ – nun ja – „erfunden“, das wohl eine besondere Fragetechnik meint.

Vor vielen, vielen Jahren rief das Magazin „Titanic“ seine Leser bereits dazu auf, ihre Rundfunkgebührenverträge an das ZDF zurückzuschicken mit der Bemerkung, so lange Johannes B. Kerner vom ZDF beschäftigt werde, würde man keine Rundfunkgebühren mehr bezahlen. Damals hatte Kerner im ZDF eine eigene Talkshow, auf dem Sendeplatz, den Lanz heute hat, für Kerners Fragetechnik gab es damals den Begriff „kernern“. Vielleicht ist das Internet ja gar nicht kaputt, sondern nur nicht so originell, wie manche gemeinhin glauben.

Ich habe eine Fernbedienung, ich muss Markus Lanz nicht sehen

Am Samstag moderiert Markus Lanz „Wetten, dass...?“ – ich will Sie nur warnen, denn ich werde darüber schreiben. Das steht dann Sonntagmorgen auf der Online-Seite des Tagesspiegel und am Montag auf der Medienseite. Ich weiß natürlich noch nicht, was ich schreiben werde, ich muss mir das erst mal angucken. Die Talkshow mit Sahra Wagenknecht habe ich mir jetzt noch mal angeschaut, ich schaue Markus Lanz nicht jeden Abend. Ich habe eine Fernbedienung. Mit dem Ding schalte ich manchmal um, manchmal aus. Ich glaube, das nennt man Medienkompetenz.

Ich fand das eigentlich ganz witzig. Ich meine: Was erwarten die Menschen eigentlich von der Talkshow „Markus Lanz“? Die Fragen des Moderators waren natürlich fast alle kompletter Quatsch – aber waren die Antworten besser (oder anders: hat Wagenknecht überhaupt eine Frage beantwortet?)? Immerhin war dieses, nun ja, Gespräch, anders als die Dutzendware, die einem sonst in Talkshows präsentiert wird, wo sich Moderator und Gast vorab auf einen Ablauf einigen. Möglicherweise wird dieses Gespräch einmal als legendärer TV-Moment in die Fernsehgeschichte eingehen – als Zuschauer sollte man dankbar sein über solche Momente (so wie über das Gespräch zwischen Marietta Slomka und Sigmar Gabriel) und sich nicht gleich erregen, weil da etwas nicht so war, wie man es gerne hätte.

Dass sich alle über ihn aufregen, sagt nichts über Markus Lanz aus

Womit wir bei Larissa Marolt wären, Kandidaten des diesjährigen Dschungelcamps, und bei den meisten Zuschauern mit dem Etikett versehen, die durchgeknallteste, irrste Frau zu sein, die jemals in Australien war. Das Gegenteil ist natürlich richtig: Larissa ist vollkommen normal. Was sie tut ist vollkommen normal. Wie sie redet ist vollkommen normal. Jedenfalls im Vergleich zu dem Unsinn, den die anderen Kandidaten so von sich geben. Und trotz dieser Normalität (zum Beispiel eklige Dinge eklig zu finden), schafft sie es dennoch, einen Hauch von Glamour in dieses von langweiligen Quartalsirren bevölkerte Camp zu bringen.

Larissa Marolt und Markus Lanz. Dass sich momentan Menschen über diese beiden Fernsehfiguren aufregen, sagt nichts über Marolt und Lanz – aber leider sehr viel über einen Herdentrieb, bei dem manche einem ersten Impuls folgen, weil sie glauben, sie befänden sich auf der richtigen Seite. Aber so einfach ist das nicht. Manchmal ist das Fernsehen sogar genau so kompliziert wie das Leben. Und das ist, im Prinzip, eine gute Nachricht.

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