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Drei Bs für den Fortschritt: Bagger, Braunkohle, Brandenburg

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Brandenburgs Braunkohle: Volkseigene Betriebe

Vattenfall überlegt, sich von der Brandenburger Braunkohlesparte zu trennen. Die Landesregierung überlegt, die Braunkohlesparte von Vattenfall zu übernehmen. Das ist vernünftig.

Das ist nur auf den ersten Blick eine rein Brandenburger Debatte. Wenn die Landesregierung prüfen lässt, unter welchen Bedingungen die Übernahme der von Vattenfall betriebenen Braunkohletagebaue und Kraftwerke möglich wäre, reagiert sie damit auf seit langem kursierende Überlegungen des schwedischen Staatskonzerns, sich von der schmutzigen Braunkohle zu trennen und die Konzernstrategie neu – verbunden mit einem Rückzug aus Mitteleuropa – auszurichten. Über Brandenburg hinaus geht es aber um mehr: um den immer stärker werdenden Trend zur Rekommunalisierung von Einrichtungen der Grundversorgung und um die Frage, wie die überaus ehrgeizige Energiewende so abgesichert werden kann, dass in der Industrienation Deutschland nicht die Lichter ausgehen.

Die Braunkohleverstromung ist derzeit die umweltschädlichste Art der Energiegewinnung. Verfahren zur CO2-Abscheidung sind einsatzbereit, aber umstritten, weil die Menschen bisher nirgendwo bereit sind, die Verpressung des klimaschädlichen Gases im Boden in ihrer Nähe zu akzeptieren. Wenn an Tagen wie gestern, an denen keine Sonne scheint und kein Wind weht, nicht in ausreichendem Maße alternative Energien zur Verfügung stehen, die Kernkraftwerke aber in absehbarer Zeit abgeschaltet sein werden, müssen Gas, Kohle oder Öl zur Stromerzeugung genutzt werden.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke handelt also völlig rational, wenn er seinen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers, wie er es nennt, „vorsorglich alle Szenarien durchspielen lässt“. Mit dem möglichen Rückkauf von Kraftwerken und Tagebauen läge Brandenburg in einem Trend, der sich schon in Baden-Württemberg und zuletzt in Hamburg und Berlin abgezeichnet hat. Was zur Daseins- und Grundversorgung gebraucht wird, sollte nicht länger der Spekulation und privaten Profitinteressen ausgeliefert werden, ist die Überzeugung vieler Bürger.

Vattenfall war und ist in Brandenburg und Berlin ein fairer Partner. Was aber nach einem Verkauf, vielleicht an einen extrem gewinnorientierten Hedgefonds oder einen Investor geschieht, der die Unternehmensstruktur zerschlägt, kann niemand sagen. An der Braunkohle hängen in Ostdeutschland direkt 8000 und indirekt weitere 22 000 Arbeitsplätze. Die in einer von hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung bedrohten Region aufs Spiel zu setzen, kann sich keine Regierung leisten. Einen staatlichen Einstieg in die Vattenfall-Unternehmen nicht zu prüfen, wäre leichtsinnig und verantwortungslos.

Eine staatliche Betreibergesellschaft für die Braunkohle muss ja nicht zu einem unrentablen volkseigenen Betrieb im Stile früherer DDR-Unternehmen führen. Ganz im Gegenteil könnte der Staat als Eigentümer und Besitzer weitläufiger Geländeflächen zum Beispiel die Verpressung der abgeschiedenen CO2-Gase im großen Maßstab testen und anwenden. Brandenburg würde so zum Vorbild für andere Braunkohleregionen wie Nordrhein-Westfalen. Am Ende fände ein solches hochmodernes Unternehmen vielleicht sogar einen seriösen privaten Investor, der dem Land und den Bürgern genehm wäre.

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