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Michelle Bachelet: Die erste Frau an Chiles Spitze

Die künftige Staatspräsidentin des südamerikanischen Wirtschafts-Musterlandes Chile, Michelle Bachelet, hat lange Zeit in Ost-Berlin und Leipzig im Exil gelebt.

Santiago - Eigentlich ist sie in ihrer Heimat die falsche Person am falschen Ort. Die 54- Jährige, die sich in einer Stichwahl durchgesetzt hat, ist Frau und Sozialistin, hat drei Kinder von verschiedenen Vätern und lebt von ihrem Mann getrennt. Und das in einer Gesellschaft, die stark patriarchalisch geprägt, tief katholisch und konservativ ist. «Ich vereinige alle Todessünden auf mich», sagt sie ironisch in ihrer Biografie, die jüngst von zwei Journalistinnen geschrieben wurde.

Die frühere Kinderärztin Bachelet will als «Linksaußen» der seit dem Ende der Militärdiktatur regierenden Koalition «Übereinkunft für die Demokratie» vor allem eine gerechtere Einkommensverteilung erreichen. Ihre Anhänger sehen sie als Symbolfigur für Versöhnung und Erneuerung in einer Gesellschaft, in der die Erinnerung an die Zeit der Militärherrschaft noch sehr wach ist.

Die Diktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990) hat das Leben Bachelets stark geprägt. Ihr Vater ist der legendäre Luftwaffengeneral Alberto Bachelet, der während des Putsches loyal zu Salvador Allende stand. Er wurde 1973 ins Gefängnis gesteckt und gefoltert, bevor er hinter Gittern an Herzversagen starb. Auch Michelle und ihre Mutter wurden in den Kellern der gefürchteten DINA, der politischen Polizei des Regimes, drei Wochen lang gefoltert. Beide flohen unmittelbar danach über Australien in die DDR.

Nachdem sie Deutsch gelernt hatte, studierte sie an der Berliner Humboldt-Universität Medizin. In der DDR heiratete sie den chilenischen Architekten Jorge Dávalos, den Vater ihrer beiden älteren Kinder Francisca (heute 21) und Sebastián (heute 26). Erst nach dem Sturz von Pinochet kehrte sie in ihre Heimat zurück, wo sie in Organisationen von Angehörigen der Diktaturopfer mithalf.

Veronica Michelle Bachelet Jeria, wie sie mit vollem Namen heißt, arbeitete viele Jahre hinter den Kulissen und brauchte lange, bis sie bekannt wurde. Als Gesundheits- und Verteidigungsministerin des scheidenden Präsidenten Ricardo Lagos zeigte sie sich reformfreudig und durchsetzungsstark. Sie machte den Schlangen vor den öffentlichen Krankenbetreuungsstellen ein Ende und führte dann eine weit reichende Reform der Streitkräfte ein.

Neben Spanisch und Deutsch spricht Bachelet auch Englisch, Französisch und Portugiesisch fließend. Sie ist «volksnah», charismatisch, spielt gut und gern Gitarre und schwimmt oft in den Seen des chilenischen Südens. Privat erledigt sie gern alles selbst, kauft ein und bringt ihre jüngste Tochter Sofia (12) zur Schule. Fragen zu ihrem Privatleben wehrt sie oft ab. «Das würden Sie mich nicht fragen, wenn ich ein Mann wäre», beschied sie Journalisten schon mehrfach energisch, wenngleich mit einem netten Lächeln. (Von Emilio Rappold, dpa)

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