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Potsdam, 28.12.2023: Blick vom Rathaus in die Friedrich-Ebert-Straße.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

„Die Infrastruktur bröckelt“: Kommunen wollen mehr Geld für Investitionen – und fordern Begrenzung der Migration

Die Städte und Gemeinden müssen vielfältige Aufgaben erfüllen, sehen sich dazu finanziell aber nicht mehr ausreichend in der Lage. Bei der Migration nehmen sie Bund und Europa in die Pflicht.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert angesichts steigender Sozialleistungen eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen durch Bund und Länder. „Die Finanzsituation der Kommunen ist prekär“, warnten Präsident Uwe Brandl und Hauptgeschäftsführer André Berghegger am Mittwoch bei der Bilanzpressekonferenz des Verbandes in Berlin.

Es fehle vor Ort seit Jahren das Geld, um zu investieren. Die Folgen würden immer deutlicher sichtbar. „Die Infrastruktur bröckelt, bei Straßen und öffentlichen Gebäuden besteht ein hoher Sanierungsbedarf und die Schulen und Sportstätten sind in einem schlechten Zustand“, hieß es dazu.

Brandl: Kein Grund zur Aussetzung der Schuldenbremse

Daher müsse mehr Geld in Investitionen gelenkt werden. Dazu sei ein Bündel an Maßnahmen erforderlich – etwa ein Moratorium bei neuen Leistungsversprechen und eine Neuausrichtung der Förderprogramme des Bundes. Neben dem Erhalt der bestehenden Infrastruktur würden auch für Klimaschutz, Klimaanpassung und den Umbau der Energieversorgung viele Milliarden benötigt. Das könne nicht allein vor Ort finanziert werden.

Für ein Aussetzen der Schuldenbremse sieht Brandl trotz des Hochwassers in Teilen Deutschlands „überhaupt keinen Anlass“. „Da würde ich zur Gelassenheit und zur Zurückhaltung raten“, sagte er. Schließlich könne man „alle fünf Minuten irgendeine andere schwierige Situation vorfinden“, die eine Aussetzung der Schuldenbremse rechtfertigen könnte.

Stattdessen gehe es um eine richtige Priorisierung der zur Verfügung stehenden Gelder. Dabei stellte Brandl insbesondere Sozialleistungen in Frage. Städte und Gemeinden würden mittlerweile mehr als 70 Milliarden Euro jährlich für soziale Leistungen ausgeben – eine Verdoppelung seit 2005. Ein weiterer Anstieg sei erwartbar.

„In Zeiten knapper Kassen müssen diese steigenden Kosten mit dem Verzicht auf Investitionen teuer erkauft werden“, erklärte Brandl. „Diese Entwicklung darf so nicht weitergehen.“ Investitionen müsse Vorrang eingeräumt werden. Dazu sei es notwendig, über alle staatlichen Ebenen hinweg Sparpotenziale auszuschöpfen und keine neuen Leistungsversprechen abzugeben. „Der Staat kann nur das verteilen, was er vorher an Steuern eingenommen hat.“

Gefordert wird zudem ein Stoppschild für neue und höhere soziale Leistungen ohne Gegenfinanzierung. Der Bund beschließe häufig Leistungen, die die Gemeinden finanzieren müssten.

Das schnürt den Kommunen die Luft ab“, betonte Brandl. Sie fordern zudem, Förderprogramme des Bundes unbürokratischer zu gestalten. Derzeit existierten mehr als 100 kommunalrelevante Förderprogramme des Bundes. „Der Förderdschungel muss gelichtet werden“, fordert der Städte- und Gemeindebund.

Umsteuern in der Migrationspolitik gefordert

Der Kommunen sehen sich wegen des starken Zuzugs von Geflüchteten an der Belastungsgrenze angekommen. Es könnten nicht unbegrenzt Menschen in Deutschland aufgenommen werden, erklärten Brandl und Berghegger am Mittwoch vor der Jahrespressekonferenz außerdem.

„Wir brauchen daher sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene ein Umsteuern in der Migrationspolitik.“ Der Zuzug müsse geordnet, gesteuert und reduziert werden. Viele Bürger würden sich für die nach Deutschland geflüchteten Menschen engagieren.

„Allerdings müssen wir feststellen, dass die Unzufriedenheit wächst“, sagte Brandl. „Es muss daher gelingen, dass wir unsere Anstrengungen auf die Menschen, die eine Bleibeperspektive in Deutschland haben, konzentrieren und Asylsuchende ohne Bleiberecht in ihre Herkunftsländer zurückführen oder die freiwillige Rückkehr gestalten.“

Deutschland hat den Angaben zufolge in den vergangenen zwei Jahren mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen. Mit mehr als 300.000 nach Deutschland gekommenen Menschen sei im vergangenen Jahr zudem der höchste Wert von Asylsuchenden seit 2016 verzeichnet worden.

In sehr vielen Kommunen stehen keine Unterbringungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung“, sagte Brandl. „Die Situation in vielen Kitas und Schulen ist höchst angespannt und die Integrationskurse sind überlastet.“

Der Städte- und Gemeindebund sieht in einer finanziellen Entlastung der Kommunen einen weiteren Schlüssel für eine funktionierende Integration. „Wir müssen neue, langfristig tragfähige Wege gehen“, fordert der Spitzenverband.

„Dazu gehört, die Migrationspolitik im Grundgesetz als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern zu etablieren.“ Das „Zuständigkeitsbingo“ zwischen Bund und Ländern, wenn es um diese wichtigen Fragen und deren Finanzierung geht, müsse aufhören. (Reuters)

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