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Stoiber Konferenz

© dpa

Becksteins Abtritt: Stille Genugtuung für Stoiber

Edmund Stoiber mischte offenbar beim Sturz seiner Nachfolger mit. Auf der entscheidenden Fraktionssitzung, bei der Günther Beckstein aus dem Amt gekegelt wurde, trat er ziemlich provokant auf - und kostete seinen späten Triumph still aus.

Den Moment der späten Rache wollte Edmund Stoiber offensichtlich auskosten. Ein Jahr nach seinem erzwungenen Abtritt nahm der 67-Jährige am Mittwoch an der Sitzung der CSU-Landtagsfraktion teil, auf der Ministerpräsident Günther Beckstein aus dem Amt gekegelt wurde. Stoiber, der das Wahldesaster seiner Partei am Sonntag, seinem Geburtstag, den bittersten Moment in seinem Leben genannt hatte, wollte ganz nah dabei sein, wenn mit seinem Amtsnachfolger abgerechnet wurde. Als CSU-Ehrenvorsitzender hat er das Recht dazu. Doch Stoibers Motive wirken wenig ehrenhaft. Er soll sowohl bei Becksteins Rücktritt als auch bei dem bereits am Dienstag verkündeten Abgang von CSU-Chef Erwin Huber im Hintergrund mit die Fäden gezogen haben.

Stoiber verhielt sich bei der Fraktionssitzung, in der Beckstein das Misstrauen ausgesprochen wurde, aufreizend provokativ. Als einziger der Teilnehmer hatte er eine eigene, silberne Teekanne auf seinem Platz. Tee trinkend und zwischendrin einen Keks tunkend, habe der frühere Parteichef und Ministerpräsident die Beckstein-Demontage mit stillem Genuss verfolgt, berichteten Teilnehmer. Zu Wort meldete sich Stoiber nicht.

Spitzen gegen die Parteispitze

Dass Stoiber seinen Sturz nie verwunden hat, zeigte er bei seinem einzigen großen Wahlkampfauftritt kurz vor der Landtagswahl. Da setzte der Wolfratshauser vor 4000 Zuhörern ein paar böse Spitzen gegen das Führungs-Tandem Huber-Beckstein, statt die beiden im Wahlkampfendspurt zu unterstützen. Mit diesem Nachtreten zerstörte Stoiber auch den letzten Hauch einer Chance, nach dem Vorbild des alten und künftigen SPD-Chefs Franz Müntefering ein Comeback zu feiern. "Wo bitte war denn dein Beitrag zum Wahlkampf?", musste sich Stoiber am Montag böse im CSU-Vorstand fragen lassen.

In der Analyse der Pleite sind sich außerdem alle CSU-Größen einig, dass Stoibers arrogante Regierungsführung nach dem Erreichen der Zwei-Drittelmehrheit 2003 einer der wichtigsten Gründe für das Ergebnis vom Sonntag gewesen sei. Doch Stoiber sieht offenbar bis jetzt keinen Grund, zurück zu stecken. Er nahm schon am Montag zusammen mit dem voraussichtlichen künftigen Parteichef Horst Seehofer an einer Sitzung des Vorstands des CSU-Bezirks Oberbayern teil. Dies ist der größte und wichtigste Verband der stark von regionalen Einflüssen geprägten CSU. Es sei immer gut, auf den Rat Stoibers zu hören, sagte Seehofer zu dessen Einfluss.

"Ein Furor ist dort ausgebrochen", beschrieb einer die Stimmung bei den Oberbayern. Mittendrin in der wütenden Runde saß Stoiber. Der Verband, der selbst massiv von den Wählern abgestraft wurde und zahlreiche Mandate verlor, blies zur offenen Revolte. Stoibers immer wieder geäußerte Maxime "die mehran san die schweran" - die mit Mehrheit sind die schwereren - trieb den mitgliederstärksten Verband an. "Die Altbayern aufzuhalten wird unmöglich sein", unkte ein CSU-Vorstandsmitglied schon vor der Fraktionssitzung.

Der Gestürzte schweigt

Stoiber selbst schweigt sich in der Öffentlichkeit zu seiner Rolle beim Sturz Hubers und Becksteins aus. So wird vor allem durch gestreute Berichte aus dem CSU-Vorstand deutlich, welche wichtige Rolle er noch immer spielt. Demnach sollen in erster Linie die CSU-Politiker mit Zukunftshoffnungen regelmäßig mit ihm telefonieren und seinen Rat einholen. Stoiber hat allerdings auch gute Argumente für sein Vorgehen. Er hatte schon immer Bedenken, dass das Tandem Huber-Beckstein funktionieren würde. Der Absturz auf 43,4 Prozent, 17,3 Punkte weniger als bei seinem eigenen Wahltriumph 2003, gibt ihm da mehr als Recht.

Stoiber, der mit der Wahl aus dem Landtag ausgeschieden ist, könnte dieses Desaster nun außer zur späten Rache auch zu einem dauerhaft wieder größeren Einfluss in der Partei verhelfen. Gerade der neue starke Mann Seehofer hat nie ein Hehl daraus gemacht, wie wichtig ihm der Ehrenvorsitzende für die Zukunft der CSU nach wie vor ist.

Ralf Isermann[AFP]

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