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Die geplanten Anleihenkäufe der EZB sorgen für Streit unter den Ökonomen.

© dpa

Schuldenkrise in Europa: Streit über Kurs der EZB wird schärfer

Die Europäische Zentralbank will erneut Anleihen von Krisenstaaten kaufen. Bundesbankchef leistet dagegen Widerstand - und soll sogar schon seinen Rücktritt erwogen haben. Kritik am EZB-Kurs kommt auch von deutschen Familienunternehmern.

Von Carla Neuhaus

Der Internationale Währungsfonds hat Europa aufgefordert, auf die Vorschläge zur Bekämpfung der Schuldenkrise Taten folgen zu lassen. Die Entscheidungen der Regierungen im Sommer sowie die Ankündigungen des Chefs der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hätten die Märkte beruhigt, sagte IWF-Vizechef David Lipton am Freitag am Rande des internationalen Zentralbankertreffens im amerikanischen Jackson Hole. Jetzt sei es wichtig, dass „Europa einen Schritt vor den anderen setze und damit beginne, die Dinge auszuführen, die es beschlossen hat.“ Draghi hatte erklärt, alles zu unternehmen, was zur Rettung des Euro nötig sei.

Derweil hält der Streit über den weiteren Kurs der EZB an. Am Donnerstag werden die europäischen Notenbanker zur Ratssitzung zusammenkommen. Draghi könnte dann Details zu den in Aussicht gestellten Staatsanleihe-Käufen bekannt geben. Die große Mehrheit im EZB-Rat befürwortet diesen Schritt. Die Notenbanker hoffen, so den Druck auf Schuldenländer wie Spanien und Italien zu reduzieren, die sich nur noch zu hohen Zinsen am Kapitalmarkt refinanzieren können. Widerstand kommt allerdings von Bundesbank- Präsident Jens Weidmann. Er spricht sich vehement gegen ein weiteres Ankaufprogramm aus, er fürchtet, das könnte die Preisstabilität gefährden. Weidmann soll in den vergangenen Wochen mehrfach einen Rücktritt erwogen haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll sich aber persönlich für seinen Verbleib eingesetzt haben. Dies berichtete die „Bild“ unter Berufung auf Finanz- und Regierungskreise.

Unterstützt wird Weidmann vom Verband „Die Familienunternehmer – ASU“. „Die EZB verzerrt durch diese Käufe die Zinsen für die Anleihen“, sagte Verbandspräsident Frank Göbel dem Tagesspiegel. Die Risiken für die Anleger würden dadurch „nicht kleiner, sie werden nur im Keller der Notenbank versteckt“. Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler spricht von einem Desaster: „Wenn die Zentralbanken den Kauf fortsetzen, dann wird der Staatsbankrott unmöglich und hohe Inflation unausweichlich.“ Schäffler sagte, die EZB würde ihr vorrangiges Ziel, die Preise stabil zu halten, mittlerweile dem Krisenmanagement unterordnen.

Bankenvertreter äußerten sich ebenfalls kritisch. „Ordnungspolitisch ist ein solches Anleihe-Ankaufprogramm abzulehnen“, sagte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands. „In einer Notsituation kann die EZB jedoch mit solchen Maßnahmen Zeit für wirtschaftspolitische Reformen kaufen.“ Anleihen dürften aber nur unter der Bedingung gekauft werden, dass die Staaten die Reformen fortführen. Ähnlich sieht das Andreas Bley, Chefvolkswirt beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. „Die geforderte ,Bazooka’ zur Lösung der Euro-Krise werden die Anleihe-Käufe nicht darstellen können“, sagte er. Denn sie erhöhten die Risiken in der EZB-Bilanz, was letztlich den Steuerzahler erheblich belasten könnte.

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