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Donald Trump trat 2021 auf der CPAC-Konferenz in Orlando erstmals wieder öffentlich auf.

© dpa/AP/John Raoux

USA vor den „Midterm“-Wahlen: Trumps großer Auftritt und das Opa-Problem der Demokraten

Eigentlich könnten die Demokraten nach dem Abtreibungs-Votum in Kansas Hoffnung schöpfen. Wären da nicht ihre Personalprobleme – und der Ex-Präsident.

Was ist bloß in Kansas los? Im Jahr 2004 erschien in den USA ein Buch mit diesem Titel („What’s The Matter With Kansas?“) Im Untertitel hieß es: „Wie Konservative das Herz von Amerika eroberten.“ Der Autor, Thomas Frank, ist Historiker und stammt selbst aus dem ländlichen US-Bundesstaat im Mittleren Westen, der früher einmal eine Bastion der Demokraten war.

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Doch das wandelte sich. Immer mehr Arbeiter und Bauern liefen zu den Republikanern über und stimmten bei Wahlen – so lautet die Kernthese des Buches – gegen ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen. Stattdessen verteidigten sie traditionelle kulturelle Werte. Damit begann auch in Kansas der Aufstieg des populistischen und anti-elitären Konservativismus, der 2016 in der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten gipfelte.

Kehrt sich nun ausgerechnet in Kansas der Trend um? Am Dienstag sprach sich dort eine klare Mehrheit, knapp 60 Prozent, in einem Referendum für das Recht auf Abtreibung aus. Die Wähler waren in Rekordzahlen zur Abstimmung gegangen.

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Überdies galt Kansas als Testfall. Es war der erste Bundesstaat, in dem nach der Entscheidung des Obersten Verfassungsgerichtes Ende Juni, das landesweite Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zu kippen, die Bürger befragt wurden.

Weitere Volksabstimmungen sind im November in Kalifornien, Kentucky, Michigan, Montana und Vermont geplant. Hat sich in Kansas ein einst blauer, dann roter Bundesstaat in einen blauen zurückverwandelt? Trump hatte in Kansas vor zwei Jahren bei der Präsidentschaftswahl 56 Prozent der Stimmen erhalten. Joe Biden kam auf 42 Prozent.

Wird das eins blaue, dann rote Kansas wieder blau?

Die Demokraten und Präsident Joe Biden feierten das Ergebnis, das der politischen Stimmung im Land entspricht. Eine Mehrheit der Amerikaner verteidigt das Recht auf Abtreibung und lehnt das Urteil des Verfassungsgerichts ab, demzufolge die Bundesstaaten künftig selbst über Abtreibungsgesetze entscheiden können. Zehn republikanisch regierte Staaten haben daraufhin bereits strenge Abtreibungsverbote beschlossen. Weitere Verbote in anderen Bundesstaaten werden erwartet.

Die Wahlbeteiligung in Kansas war hoch.

© Reuters/Eric Cox

Das Ergebnis von Kansas stützt insbesondere jene Demokraten, die sich vom Thema Abtreibung eine massive Mobilisierung ihrer Wähler bei den „Midterms“, den Kongresswahlen im November, erhoffen. Außerdem setzen sie darauf, dass bei den laufenden Vorwahlen in vielen Bundesstaaten radikale, Trump-getreue Republikaner als Kandidaten nominiert werden, was wiederum abschreckend auf die moderate Mitte wirkt.

Allerdings lässt sich dieses Kalkül durch Befragungen zur politischen Stimmung im Land bislang nicht eindeutig untermauern. Am Tag des Verfassungsgerichtsurteils zum Abtreibungsrecht stand es im Durchschnitt aller Umfragen, laut der Webseite „Realclearpolitics“, 44,4 zu 41,8 Prozent für die Republikaner. Deren Vorsprung ist zwar etwas kleiner geworden, hält sich aber bei 44,7 zu 44,4 Prozent. Ein gravierender Stimmungsumschwung lässt sich daraus nicht ableiten.

Die politische Präferenz von Wählern formiert sich nur selten anhand eines einzigen Themas. Im Jahr 2004, als „What’s The Matter With Kansas?“ erschien, gewann George W. Bush die Präsidentschaftswahl gegen John Kerry. Für Bush hatten auch 38 Prozent jener Amerikaner gestimmt, die für das Recht auf Abtreibung sind – und immerhin auch 20 Prozent der Irakkriegs-Gegner.

John Kennedy war 43 Jahre alt, als er zum Präsidenten gewählt wurde

Biden wurde gewählt, weil Trump als größeres Übel galt. Lässt sich das in zwei Jahren wiederholen? Die Demokraten hadern mit sich selbst. Zwei Drittel ihrer Anhänger befürworten einen anderen Präsidenten und sind der Meinung, dass es der Wirtschaft schlecht geht. Knapp 80 Prozent der Demokraten sind der Ansicht, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt. Die Partei sehnt sich nach einer neuen, jungen Dynamik.

John Kennedy war 43 Jahre alt, als er zum Präsidenten gewählt wurde, Bill Clinton 46, Barack Obama 47. Dagegen ist Biden 79 Jahre alt, Senatsführer Chuck Schumer 71, sein Stellvertreter Dick Durbin 77, Nancy Pelosi 82, der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, 83. Wo bleiben Aufbruch, Visionen und Tatkraft?

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In diese verunsicherte, volatile Gemütslage hinein wollen die Republikaner mit geballter Macht stoßen. Am Donnerstag begann in der texanischen Stadt Dallas die „Conservative Political Action Conference“ (CPAC). Die Veranstalter beschreiben das Treffen „als eine der größten und einflussreichsten Zusammenkünfte von Konservativen weltweit“.

Ungarns Premier, Viktor Orban, am Donnerstag auf der CPAC in Dallas, Texas.

© Go Nakamura, Reuters

Zum Auftakt redete ein prominenter Gast aus Europa, Ungarns Premier Viktor Orban. Er setzte sogleich den Ton, wetterte gegen Migration und liberale Werte, beschwor das Leitbild der traditionellen Familie.

„Wir brauchen mehr Rangers, weniger Dragqueens und mehr Chuck Norris“, sagte Orban und erhielt donnernden Applaus. Zum Abschluss wird am Samstagabend (Ortszeit) Donald Trump sprechen.

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Jeder, der bei radikalen Republikanern Rang und Namen hat, reist an. Darunter Trump-Gefährte Steve Bannon, die frühere Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, die verschwörungstheoretisch auftretende Kongressabgeordnete Marjorie Taylor, Senator Ted Cruz, der texanische Gouverneur Greg Abbott. Deren Stimmen werden voraussichtlich recht nachhaltig dröhnen.

Wird der 76-jährige Trump erneut kandidieren oder wagt jemand den Aufstand? Diese Frage liegt über der gesamten Konferenz. Geschlossen wollen die Konservativen wirken und geschlossen ihre Attacken auf die Demokraten fahren.

Den größten Effekt erwarten sie sich von den Themen Kriminalität, illegale Einwanderung, Inflation, Bildungsinhalte (Stichwort: critical race theory). Das Ergebnis des Abtreibungsreferendums in Kansas gab den Demokraten Auftrieb. In Dallas werden die Republikaner zu kontern versuchen.

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