zum Hauptinhalt
Italiens Premier Enrico Letta versucht seine Regierung zu retten.

© reuters

Regierungskrise in Italien: Vertrauen für zwei Tage

Italiens Premier Enrico Letta kämpft für seine Regierung. Am Mittwoch will er die Vertrauensfrage stellen. Und auch aus dem Berlusconi-Lager kommt Unterstützung.

Selbst für das sturmerprobte politische Rom sind es Chaostage. Mit dem Rückzug seiner fünf Minister aus der Regierung, beschlossen im engen Kreis einiger „Falken“, hat Silvio Berlusconi sein „Volk der Freiheit“ zuerst gespalten. Dann erklärte er vor den Fraktionen der beiden Parlamentskammern, die Sache sei „bereinigt“, die Partei solle „einig sein“, um eine Dreiviertelstunde später das „Ende dieses Regierungsexperiments“ auszurufen.

Die interne Diskussion, die Berlusconi bei der Fraktionssitzung rundweg untersagte, verlagerte sich daraufhin in die Medien. Dort warfen Parteikoordinator Sandro Bondi und andere Berlusconi-Getreue den Kritikern vor, „abtrünnig“ geworden zu sein. Vizepremier Angelino Alfano war – obwohl formell Vorsitzender des „Volks der Freiheit – von Berlusconis Rücktrittsbefehl für ihn selbst und die vier anderen Minister überrascht worden. Da Alfano aber im Gegensatz zu Berlusconi an der Regierung der großen Koalition festhält, drohte er daraufhin mit einem Parteiaustritt. Ob dieser Plan noch gilt, blieb bis Dienstagabend unklar: Alfano und Berlusconi saßen in stundenlangen Gesprächen beieinander.

Sinn der Vertrauensabstimmung unklar

Regierungschef Enrico Letta wiederum, dem im Senat etwa 24 Stimmen zur Mehrheit fehlen, stellte klar, er werde sein Fortleben nicht „auf eine Handvoll unsicherer Überläufer“ bauen, sondern brauche eine stabile, handlungsfähige Mehrheit, die zumindest bis über das zweite Halbjahr 2014 halte, in welchem Italien die EU-Präsidentschaft innehat.

Allerdings stellten viele Beobachter in Rom die Frage nach dem Sinn der Vertrauensabstimmung, die Letta am Mittwoch will. Er wird sie womöglich gewinnen, sie könnte aber am Freitag schon wieder nutzlos sein. Dann nämlich, wenn der Immunitätsausschuss des Senats dem verurteilten Steuerbetrüger Berlusconi das Parlamentsmandat aberkennt und Berlusconi aus Rache seine knapp 200 Abgeordneten zum massenhaften Rücktritt drängt.

Krisenszenarien in Italien

Als Lösungen der Regierungskrise werden zur Zeit folgende Möglichkeiten gehandelt: Entweder Berlusconis „Volk der Freiheit“ spaltet sich in verlässlicher Weise, und es entsteht ein neues Zentrum, mit dessen Hilfe Letta weiterregieren könnte. Oder: Letta verliert die Abstimmung und tritt zurück; dann würde Staatspräsident Napolitano – der strikt gegen Neuwahlen ist – eine Übergangsregierung einsetzen, die das Haushaltsgesetz durchs Parlament bringt und die lange überfällige Wahlrechtsreform durchzieht. Neuwahlen unter dem gegenwärtigen Gesetz sind kaum denkbar: Die einst von Berlusconi durchgesetzte Norm gilt als verfassungswidrig.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false