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Gibt's auch im Internet: Das klassische Roulette, hier noch mit Kugel zum Anfassen.

© Mike Wolff

Online-Glücksspiele künftig erlaubt: Was fehlt, ist die öffentliche Ächtung wie beim Rauchen

Ein grauer Markt soll legalisiert werden, so haben es die Bundesländer entschieden. Aber er wird kaum kontrolliert werden können. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Schon mal versucht, einem Teenager das Handy wegzunehmen? Ähnlich ist es mit dem Versuch, in Deutschland das Glücksspiel zu verbieten. Oder auch nur einzuschränken. Der Bürger, seltener die Bürgerin, daddelt gern. Zockt um Geld. Und wie alles andere hat sich auch dieser gewerbliche Sektor stark digitalisiert. Sich internationalisiert. Und damit in gewisser Weise dereguliert. Eigentlich wollte sich der Staat zumindest hier ein Monopol erhalten. Passiert ist so ziemlich das Gegenteil. Jeder bietet, was er kann und wie er kann.

Diese Unordnung soll ein Ende haben, weshalb sich die Länder jetzt auf eine Reform des Glücksspiel-Staatsvertrags geeinigt haben. Die frohe Botschaft lautet, künftig werden Online-Glücksspiele erlaubt sein. Es gibt sie zwar noch, die „Lottofee“ und das so gepflegte wie strengstens kontrollierte Ritual der „Ziehung“ angeblicher „Glückszahlen“. Aber wie lange noch? Es ist ein Alte-Leute-Vergnügen geworden. Die Jüngeren haben den halblegalen Online-Markt in den vergangenen Jahren förmlich explodieren lassen.

Ein Riesengeschäft, an dem jeder mitverdienen will

Profitiert haben Wett-Anbieter mit Sitz im Ausland einschließlich der dortigen Finanzämter. Man kann nachvollziehen, dass die Bundesländer sich deshalb nicht nur aus Sorge um ihre Einwohner neue Regeln geben wollen. An diesem Riesengeschäft will jeder mitverdienen. Das offizielle Ziel des neuen Regelwerks dürfte aber das alte bleiben: Sucht bekämpfen, Angebote begrenzen, Jugend schützen.

Kann das gelingen? Es soll verpflichtende Spielerkonten geben, denen ein Limit von monatlich 1000 Euro gesetzt wird. Es gibt eine Menge Jobs, in denen dieser Betrag als Nettolohn auf dem Gehaltszettel steht. Wie sollen Zocker mit diesem Limit vor dem Ruin geschützt werden?

Vielleicht ist der Betrag so hoch, weil die, die ihn vorgeschlagen haben, selbst nicht daran glauben, dass sich irgendjemand an solche Vorgaben hält. Wer mehr Geld verlieren will, wird dazu Wege finden. Und der neu einzurichtenden Behörde, die die Netz-Angebote beaufsichtigen soll, ist vor allem dies zu wünschen: Glück. Ist sie zu streng, wird es wieder mehr illegale Angebote geben; ist sie zu milde, haben gierige Betreiber und süchtige Zocker freie Bahn.

Es fehlt an öffentlicher Ächtung

Es gibt Formen der Freizeitbewirtschaftung, da fragt man sich: Müssen die eigentlich sein? Prostitution gehört dazu, aber eben auch diese ewige Zockerei. Sogar Torwartlegende Oliver Kahn hat ihr schon als Werbeträger sein kantiges Gesicht gegeben. Es ist zum Weinen.

Es ist wie mit dem Handy, Verbote bringen es nicht. Und Regeln? Auch nur begrenzt. Es fehlt so etwas wie öffentliche Ächtung. Beim Thema Rauchen war die ganz erfolgreich, Stichwort Schockbilder. Von notorischen Zockern gibt es die auch: Kaputte Familien, gepfändete Konten, leere Augen. Wer den Kick sucht, sollte kicken gehen.

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