zum Hauptinhalt
Batteriezellen aus Lauchhammer: Svolt hat das ehemalige Vestas Gelände übernommen.

© dpa

Die Mark boomt: Trotz Krise neuer Rekord bei Investitionen in Brandenburg

Brandenburg ist Taktgeber in der Hauptstadtregion geworden. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) mahnt schon mal, Berliner Arroganz gegenüber dem Nachbarland nicht nachzumachen.

Trotz Energiekrise, Inflation und Folgen des Ukraine-Krieges startet Brandenburg weiter wirtschaftlich durch. „Das Land ist auf dem Weg, ein neues industrielles Zentrum in Deutschland zu werden“, erklärte Steffen Kammradt, Geschäftsführer der Landes-Wirtschaftsförderungsagentur (WFBB) am Freitag auf der Bilanzpressekonferenz in Potsdam. Danach konnte die WFBB im Krisenjahr 2022 ihr bestes Ergebnis in der jüngeren Landesgeschichte präsentieren - mit Rekordinvestitionen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro in neue Werke oder die Erweiterung von bestehenden Standorten.

80 Prozent der Firmen-Anfragen aus der Industrie

„Das gab es noch nie“, sagte Kammradt. In der 1,8-Milliarden-Summe seien die Tesla-Investitionen in das E-Auto-Werk in Grünheide nicht einmal enthalten. Hinter der Zahl verbergen sich 305 Investitions- und Innovationsprojekte. Kammradt äußerte sich zuversichtlich, dass sich dieser Investitions- und Ansiedlungsboom auch 2023 fortsetzen wird. „Die Zahl der Anfragen ist nach wie vor hoch.“ Anders als in der Vergangenheit kämen 80 Prozent davon aus der Industrie. „Die Reindustrialisierung ist auf einem absolut erfolgreichen Weg“, sagte Kammradt.

Der Speckgürtel ist im Prinzip weitgehend gesättigt. Das heißt: Weitere Ansiedlungen gehen immer weiter von Berlin weg ins Land.

Jörg Steinbach, SPD, Wirtschaftsminister in Brandenburg

Es sei ein „ganz besonderes Ergebnis“ in diesen Zeiten, lobte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) - und verwies auf eine Trendwende. „Der Speckgürtel ist im Prinzip weitgehend gesättigt. Das heißt: Weitere Ansiedlungen gehen immer weiter von Berlin weg.“ Für die WFBB-Rekordzahlen machte der Minister vor allem den „Tesla-Effekt“ verantwortlich. Dass der so stark sein werde, habe man nicht erwartet, betonte er.

Brandenburg entwickle sich zu einem Zentrum für nachhaltige Mobilität und Produktion in Deutschland. Als Beispiel nannte der Minister das chinesische Unternehmen Svolt, das das im Vorjahr das geschlossene Vestas-Werk in Lauchhammer übernommen hatte, dort 500 bis 600 Millionen Euro in ein Batteriezellenwerk mit 600 Jobs investiert.

Holzindustrie im Aufwind

Nachhaltige Firmen klotzen auch anderswo. 2022 gab es gleich drei große Investitionen in der Holzverarbeitungsindustrie im Land, Holzhäuser sind im Kommen. So errichtet die Schweizer Firma Renglli in Eberswalde ein Werk (200 Jobs, 67 Millionen) für Holzmodul-Gebäude. Der Laminathersteller Classen erweitert sein Werk in Baruth/Mark, die Firma Binderholz baut dort eine Schnittholzsortieranlage auf.

Ein Beispiel für die von der WFBB unterstützen 232 Innovationsprojekte ist das Potsdamer Unternehmen Stenon, das die „weltweit erste massentaugliche Echtzeit-Vor-Ort-lösung für die Analyse von Böden“ entwickelt. „Die können in Landwirtschaftsmaschinen eingebaut werden, sammeln und verarbeiten die nötigen Informationen und können den ausgebrachten Dünger sehr genau steuern, damit der die richtige Intenistät hat“, sagte WFBB-Geschäftsführer Sebastian Saule. Die Maschine lerne zudem permant dazu, werde schlauer.

Abgewanderte Arbeitskräfte kehren zurück

Stolz zeigte sich Kammradt, dass mit dem österreichischen Firmenverbund von Red Bull und Rauch die Baruther Urstromquelle, die die Voreigner wegen der drastisch höheren Energiepreise geschlossen hatten, gerettet werden und die Jobs erhalten werden konnten: „Das zeigt, dass wir auch mit Krisen gut umgehen können“, sagte Kammradt.

Nach WFBB-Angaben sind im Vorjahr rund 10.000 Jobs neu entstanden, davon allein 6600 in der Gigafactory in Grünheide, die mit 10.000 Mitarbeitern inzwischen größter Industriearbeitgeber ist.

Nachdem Brandenburg in den Aufbaujahren nach 1990 unter der massenhaften Abwanderung junger Leute in den Westen litt, hat sich dies mit dem Angebot moderner Jobs im Land inzwischen gedreht, ziehen viele aus den alten Ländern her, sagte Steinbach. „Wir nehmen Menschen auf, die in der klassischen Automobilindustrie freigesetzt werden. Ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzt.“

In der Haupttadtregion selbst ist Brandenburg inzwischen wirtschaftlicher Taktgeber geworden, schneidet bei wirtschaftlichen Kerndaten inzwischen oft besser ab als Berlin - anders als früher. Berlin habe da nicht selten mit einer gewissen Arroganz auf Brandenburg geschaut, sagte Steinbach. „Wir sollten jetzt nicht umgekehrt arrogant auf Berlin schauen. Mir wäre es wichtiger, dass die Brandenburgerinnen und Brandenburger dies ein bisschen mehr in eigenes Selbstbewusstsein und Landesstolz ummünzen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false