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Wenn der König zeigt, was er hat. Vor 250 Jahren wurde die Bildergalerie Friedrichs II. fertiggestellt. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten will mit einer Sonderausstellung an die ursprüngliche Einrichtung erinnern.

© Bernd Settnik

Potsdam: Die Bilder des Königs

Vor 250 Jahren wurde die Bildergalerie Friedrichs II. eröffnet – Schlösserstiftung plant Sonderausstellung

Der eine oder andere Leser mag jetzt an ein Déjà-vu-Erlebnis denken, wenn an dieser Stelle ausgerechnet zum Jahresbeginn von Friedrich II. die Rede ist. Denn genau vor einem Jahr war das auch der Fall, als unter der Überschrift „Jubel, Trubel, Heiterkeit?“ mit leichtem Unbehagen auf die bevorstehenden Feierlichkeiten zum 300. Geburtstag des bekannten Preußenkönigs eingegangen wurde.

Der eine oder andere Leser wird jetzt vielleicht auch einen gehörigen Schreck bekommen, wenn an dieser Stelle schon wieder die Rede vom Alten Fritz ist. Schließlich war Friedrich II. doch schon im vergangenen Jahr ausgiebig Thema mit entsprechenden Ausstellungen wie „Friederisiko“ und „Friedrich und Potsdam – Die Erfindung (s)einer Stadt“, mit Musical und Theaterinszenierungen, Ausstellungen, ungezählten Lesungen und Konzerten, mit gut zwei Regalmetern Neuerscheinungen, Vorträgen und wissenschaftlichen Tagungen und und und.

Im Jahr 2012 wurde sogar gekocht wie angeblich dazumal in Friedrichs Küche. Und für den unerschütterlichen wie unersättlichen Preußenliebhaber gab es sogar ein „Hundenapf Friedrich der Große, Made in Germany von Weimar Porzellan, handdekoriert mit Echtgoldverzierung, mit Eingriff zum besseren Anheben des Hundenapfes“ für stolze 149 Euro. Da wollte manch Zeitgenosse nur noch eins, endlich Ruhe vor diesem Brimborium um einen schon so lange toten, aber irgendwie immer noch quicklebendigen König, der sich beim Flötenspiel vergnügte und irgendetwas mit der Kartoffel in Brandenburg zu schaffen hatte. Doch Friedrich II. bleibt auch in diesem Jahr präsent. Nicht ganz so allumfassend wie 2012, schließlich gilt es kein Jubiläum des Köngis zu feiern. In diesem Jahr geht es um ein ehrgeiziges Projekt der königlichen Selbstdarstellung, um die Bildergalerie neben Friedrichs Sommerschloss Sanssouci.

„Die Bildergalerie Friedrichs des Großen – eine Wiederbegegnung zum 250-jährigen Bestehen“ ist der Titel einer Sonderausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, die sich von Mai bis Oktober „einer der ältesten erhaltenen fürstlichen Museumsbauten in Deutschland“ widmet.

Eine Galerie mit entsprechenden Gemälden und Skulpturen war nicht nur kunstsinnige Spielerei eines Monarchen, in der sich für adlige Gäste allein die monetäre Potenz des Besitzers widerspiegelte. Hier konnte sich ein König mit der Auswahl der Künstler auf der Höhe der Zeit zeigen. Wer hier außerordentlichen Geschmack bewies, machte deutlich, dass er sowohl über die aktuellsten Strömungen in der Kunst informiert war als auch den Bilderreichtum der antiken Mythologie für das eigene Selbstverständnis zu nutzen wusste. Vor allem für einen so von der Kunst und damit verbunden der Kultur begeisterten Monarchen wie Friedrich II. war es mehr als nur ein Bedürfnis, selbst eine repräsentative Galerie zu besitzen. Friedrich sammelte leidenschaftlich Gemälde und bevorzugt in jungen Jahren die zeitgenössische französische Kunst des Rokoko. So schmückten die Bilder seines Lieblingsmalers Antoine Watteau Räume in Sanssouci. Im Jahr 1755, 15 Jahre nach Friedrichs Thronbesteigung, begann dann Johann Gottfried Büring mit dem Bau der Bildergalerie, die, verzögert durch den Siebenjährigen Krieg, 1763 fertiggestellt wurde.

Die Bilder in dem langgestreckten Galeriebau waren sehr dicht gehängt. Friedrich, der immer mehr Gefallen an der Historienmalerei fand, versammelte hier zahlreiche Spitzenwerke niederländischer und italienischer Maler des 16. und 17. Jahrhunderts. Zusammen mit den aufwendig verzierten Rahmen und den zahlreichen Statuen, den Konsoltischchen, dem Marmor und den vielfachen Dekorationen aus vergoldetem Stuck wurde die Bildergalerie zu einem Gesamtkunstwerk, das zu den herausragendsten Beispielen des friderizianischen Rokoko gezählt wird. Marquis d’Argens, Kammerherr Friedrichs II., schrieb schon zwei Jahre vor der endgültigen Fertigstellung:  „Was die Galerie betrifft, so ist sie unbestritten – nach St. Peter in Rom – das Schönste, was es auf der Welt gibt.“ 1786, im Todesjahr Friedrichs II., befanden sich 178 Gemälde in der Galerie.

Dieser Bestand hat sich immer wieder verändert. Allein 1830 wurden 56 Gemälde nach Berlin in das dort neu gegründete Königliche Museum abgegeben. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges wurden im Jahr 1942 mehrere Hundert Kunstwerke aus Potsdam, darunter auch die Gemälde aus der Bildergalerie, sicher verpackt in Kisten in das Schloss Rheinsberg gebracht. Noch heute vermisst die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten mehr als 3000 Gemälde und Kunstgegenstände, die zum Teil seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges als verschollen gelten. Doch nur ein geringer Teil davon ist von Privatleuten geplündert worden. Viele lagern noch in russischen Depots oder offen in deren Museen. Russland betrachtet diese noch immer als Kriegsbeute und so als legitimes Eigentum.

Im Frühjahr 2010 konnte die Schlösserstiftung zehn Gemälde aus der Sammlung der Bildergalerie präsentieren, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vermisst wurden. Darunter Meisterwerke von Antoine Pesne, Hendrik van Limborch, Jean Raoux, Gerard Dou und aus der Werkstatt von Peter Paul Rubens, die von Olga Birkemeier, Frau des Kastellans von Schloss Rheinsberg, 1945 in Sicherheit gebracht wurden. Seitdem steht die Zahl 89 im Verlustkatalog der Gemälde in der Bildergalerie.

Zum 250-jährigen Bestehen dieser Galerie will die Schlösserstiftung nun „alle heute verfügbaren antiken Kunstwerke der Erstausstattung in der Nähe ihrer alten Aufstellungsorte entlang der Fensterwand“ in ihrer Sonderausstellung präsentieren. So soll die ursprüngliche Einrichtung, die historische Hängung der Gemälde erfahrbar gemacht werden, wie sie einst Friedrich II. konzipiert hatte.

Dirk Becker

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