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Kultur: Geschichten der Revolution

Tobias Kruses Fotografien in der Reihe Red Wall

Als das Team von Red Wall Anfang Dezember gemeinsam mit dem Fotografen Tobias Kruse die Eröffnung der Ausstellung „Hello Revolution!“ vorbereitete, wurde in den Medien über ein Aufflammen des Konfliktes und heftige Straßenschlachten in Ägypten zwischen Anhängern und Gegnern des neuen Präsidenten Mursi berichtet – und über die ersten Toten. Nein, Kruses Fotodokumentation aus Ägypten und Tunesien vom Sommer 2011 hat noch nichts an Aktualität eingebüßt, verstärkt sogar ihre Eindringlichkeit im Kontext der aktuellen politischen Situation.

„Ich wollte schon immer Geschichtenerzähler werden. Aber um die richtigen Worte zu finden, fehlt mir einfach die Geduld“, sagt Tobias Kruse auf die Frage, warum er Fotograf geworden ist. Mehrere Jahre arbeitete er als Bildredakteur des „Dummy“, eines Magazins, das sich in seinen Ausgaben immer unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen widmete – Kruse kann man getrost als einen Experten für Jugendkulturen sehen, weshalb die Fokussierung auf die Revolution auch nicht von ungefähr kommt.

Die aktuelle Ausstellung „Hello Revolution!“ lebt in ihrer Lebendigkeit vorrangig von den Porträtaufnahmen, die Kruse in Tunesien und Ägypten machte. Der Mensch steht dabei im Mittelpunkt und bezeichnet das lebendige Objekt, welches auch als Eyecatcher in die unbelebte Umgebung eingebaut wird, beispielsweise auf dem Bild einer Straßenkreuzung, deren linearer Effekt durch einen einzelnen Menschen durchbrochen wird. Und es sind fast ausschließlich junge Menschen, denen Kruse die Aufmerksamkeit widmet. Das Foto eines Jungen, der auf dem Rücken in grünem Wasser treibt, strahlt eine suggestive Entspannung aus, welche die Freiheit eindrucksvoll zu symbolisieren imstande ist. Kruse spielt mit Lichtreflexen und –einfällen, nutzt das natürliche Licht aus und fängt damit faszinierende Aufnahmen ein.

Ein Bild jedoch bricht aus dem Konzept heraus, scheint als Zäsur, als Trennstrich zu wirken: Kein Mensch ist darauf zu sehen, sondern eine Kuh, rundherum Grün, Palmen, ein schwelendes Feuer im Vordergrund. Am Rande des Bildes sieht man einen Wassergraben und eine Mauer. „Das ist das ägyptische Militärgefängnis“, sagt Kruse. „Außerhalb des riesigen Molochs Kairo gelegen, und der Graben am Rand“ – er stockt kurz – „ist die Trinkwasserzufuhr für Kairo. Es ist unglaublich, wie viel Müll da drinnen treibt.“ Oliver Dietrich

„Hello Revolution!“ im Waschhaus, Schiffbauergasse, ist noch bis zum 31. Januar zu sehen

Oliver Dietrich

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