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Sport: Ein böser Ausrutscher

Die Berliner Eistänzer Kati Winkler und René Lohse müssen die Teilnahme an der EM wegen einer Verletzung absagen

Berlin. Für die richtigen Umstände ist gesorgt. Unter den Augen ihres Trainers betreten die beiden Eistänzer ihre glatte Arbeitsfläche. Eine Woche vor dem Start bei der Europameisterschaft studiert das Paar sein Programm wieder und wieder ein. In Wettkampfkleidung, auf frischem Eis und zu den Klängen der ausgewählten Synchronmusik. Die letzten Trainingseinheiten werden mit vollem Elan und ohne Zurückhaltung absolviert – vorerst auch ohne den kleinsten Fehler. Gute Aussichten für die bevorstehenden Meisterschaften. Doch dann passiert das Unglück: Er rutscht mit dem Standbein weg, kann seine Partnerin nicht mehr halten – und sie fällt mit ihrem ganzen Gewicht auf sein rechtes Knie. Wenig später steht die erste Diagnose fest: Innenbandanriss.

Er, das ist René Lohse, sie, das ist seine langjährige Partnerin Kati Winkler. Erst vor knapp drei Wochen hatten die beiden zum sechsten Mal den deutschen Meistertitel im Eistanzen gewonnen, das nächste Ziel war die Europameisterschaft in Budapest. Nun, mit der neuerlichen Verletzung von René Lohse am vergangenen Montag ist an eine Teilnahme an der EM (2. bis 7. Februar) nicht mehr zu denken. „Nach dem Aufprall hat es im Knie geknallt. Ich wusste sofort, dass da was kaputt gegangen ist“, sagte Lohse. „Warum haben wir bloß so ein Pech?“ Eine schlimme Nachricht, die beim Heimatverein SC Berlin mit großem Erstaunen aufgenommen wurde. „Wir wissen noch gar nichts von einer Verletzung“, kommentierte der Geschäftsführer der Sparte Eiskunstlauf, Gerd Bertko, gestern – als wolle er die schlechten Neuigkeiten verdrängen.

Ein anderer war da schon erheblich weiter. „Ich bin sehr enttäuscht, das ist unheimlich bitter“, sagte der Trainer des Erfolgs- Duos, Martin Skotnicky. „Sie waren sehr gut vorbereitet und zählten bestimmt zu den Top fünf der Eistanzpaare.“ Skotnickys Einschätzung macht das Ausmaß der Verletzung erst richtig deutlich: Als Serienmeister drehen Winkler/Lohse in Deutschland ihre Runden, eine Medaille auf internationaler Bühne blieb dem Paar bisher verwehrt. Doch für die diesjährigen Meisterschaften hatte sich das Duo viel vorgenommen – eine Medaille schien mehr denn je im Bereich des Möglichen. „Natürlich entscheiden am Ende immer die Tagesform und die Punktrichter“, weiß Skotnicky, „aber die Chancen standen diesmal ausgesprochen gut“.

Doch es ist, wie es ist, eine Teilnahme kann nicht mehr realisiert werden. Die Enttäuschung ist aber mittlerweile sportlicher Entschlossenheit gewichen – denn bereits im März stehen die Weltmeisterschaften in Dortmund an. Die Zeit wird also knapp. „Normalerweise dauert die Heilung vier bis sechs Wochen“, rechnet Skotnicky vor. Nach Aussage von Lohses behandelndem Arzt Hubert Hörterer bliebe dann noch genug Zeit zur Vorbereitung. Der Arzt des Nationalteams der Skirennfahrer verordnete für das bandagierte Knie eine komplette Ruhe von mindestens drei Tagen. „Am kommenden Montag werde ich wieder auf das Ergometer steigen“, äußert sich Lohse ehrgeizig. „So kann das Konditionsniveau gehalten werden“, sagt Hubert Hörterer. Er empfiehlt, „den ersten Versuch auf Eis am Ende der ersten Februarwoche zu absolvieren“. Das Leistungsniveau, meint Hörterer, in dessen Hände sich Lohse bei Verletzungen schon öfter begeben hatte, würde damit zur WM wieder hergestellt werden.

Die sechs Wochen Heilungsprozess darf René Lohse aber auf keinen Fall überschreiten. „Es ist möglich, dass es acht Wochen dauert, doch dann beginnt bereits die WM“, weiß Martin Skotnicky um den engen Spielraum. Was passiert, wenn auch der Start in Dortmund abgesagt werden muss, darüber mag er sich gar keine Gedanken machen. „Darüber will ich nicht spekulieren. Wenn alles gut läuft, werden wir angreifen“, kündigt er an. Das glaubt auch René Lohse: „Passieren kann aber immer etwas.“

Christopher Buhl

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