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Unter Alfred Gislason ist der erhoffte Aufschwung im deutschen Handball bisher ausgeglieben.

© Imago/Ostseephoto

Handball-Nationalmannschaft: Liga stellt Bundestrainer Alfred Gislason infrage

Einem „Spiegel“-Bericht zufolge wächst in der Handball-Bundesliga die Unzufriedenheit mit Bundestrainer Alfred Gislason. Das wirft vor dem Heim-EM 2024 Fragen auf.

Wenn es nicht läuft, ist es leicht, Schuldige zu finden. Und dass es bei der deutschen Handball-Nationalmannschaft bereits seit einiger Zeit nicht läuft, ist kein Geheimnis. Erstaunlich ist es trotzdem, dass Bundestrainer Alfred Gislason jetzt so vehement hinterfragt wird – von einer breiten Fraktion in der Liga, angeführt vom Geschäftsführer des SC DHfK Leipzig, Karsten Günther, und dem Geschäftsführer der Füchse Berlin, Bob Hanning. So berichtet es zumindest der „Spiegel“.

Gislason passe nicht zur Nationalmannschaft soll Günther in mehreren Nachrichten an den Präsidenten des Deutschen Handballbundes (DHB), Andreas Michelmann, proklamiert haben und in dieser Meinung viele Fürsprecher haben. Ob die Spaltung, wie sie hier gezeichnet wird, so extrem ist, sei einmal dahingestellt. Fakt ist, dass es schon seit einiger Zeit hinter den Kulissen rumort, wenn über die anstehende Heim-Europameisterschaft im kommenden Jahr gesprochen wird.

Denn der erhoffte Umbruch, der bewirkt werden sollte, als vor drei Jahren Christian Prokop freigestellt und anstelle dessen Gislason installiert wurde, blieb aus. Zumindest rein ergebnistechnisch. Die Weltmeisterschaft in Ägypten 2021 schloss das Team historisch schlecht auf dem 12. Platz ab. Bei der EM im Jahr darauf reichte es für Platz sieben und bei der diesjährigen WM, war man wieder da, wo es unter Prokop bei der EM 2020 aufgehört hatte: auf Rang fünf. Nach oben ging es also nicht, auch die jüngsten Ergebnisse beim Euro-Cup waren ernüchternd. Irgendwie ist man oben dran aber doch nicht dabei.

Alfred Gislason musste an seinen Job erst einmal gewöhnen

Nun gibt es aber nicht nur Kritiker, sondern ebenso eine Front, die – angeführt von Ligapräsident Uwe Schwenker – hinter dem aktuellen Bundestrainer steht. Aus guten Gründen. Die Corona-Pandemie, eine nicht unerhebliche Rücktrittswelle und ein wiederholt verletzungsgeplagtes Team haben es dem Isländer bisher nicht unwesentlich erschwert, seinen Job auszuüben.

Die Mannschaft musste von Grund auf umgestaltet werden und ja, sicher musste Alfred Gislason auch erst einmal lernen, dass die Arbeit als Bundestrainer eine andere ist als die im Verein. Und sicher, sein Charisma und seine vorherigen Erfolge verleiten zuweilen dazu, über Schwachstellen hinwegzusehen. Doch wer einen Juri Knorr zuletzt mit Luca Witzke im Rückraum hat aufspielen sehen, kann ebenso nicht verneinen, dass sich hier etwas entwickelt.

Zuweilen wirkt der Bundestrainer etwas stur

Kritik muss sich Gislason eventuell gefallen lassen, wenn ihm in der Causa Fabian Wiede zu viel stolz vorgeworfen wird. Denn egal wie oft dieser zuletzt aus welchen Gründen auch immer absagte: Wenn der Berliner fit ist, kann er jede Mannschaft bereichern. Da der 29-Jährige sich momentan allerdings nicht in Bestform präsentiert, relativiert sich der Zwang seiner Nominierung.

Viel mehr stellt sich die Frage, warum in Deutschland seit Jahren der große Erfolg ausbleibt. Vielleicht hat es zu lange gedauert, bis die Strukturen umgebaut wurden, damit die Spieler nicht aufgrund ihrer Familien oder der ständigen Belastung absagen. Vielleicht wurde die Jugendarbeit zu lange zu stiefmütterlich behandelt, sodass ein Loch im Nachwuchs entstand, das erst die kommende Generation wieder ausfüllen kann. Vielleicht liegt es genauso daran, dass deutsche Talente in der HBL wenig zum Zug kommen, weil sie von ausländischen Topstars ausgestochen werden, die ihrerseits in ihrer Heimat durch hohe Spielanteile aufgebaut wurden.

Ja, es gibt Probleme, die analysiert werden müssen. Aber dabei sollten konstruktiv Fragen gestellt werden, als dass eine Spaltung forciert wird. Es geht – und da hat Günther mit seiner Aussage recht –, darum die Kommunikation auszubauen. In jedem Fall kann es nicht immer nur am Trainer liegen.

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