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Wirtschaft: Grüne Woche startet doch mit Geflügel

Es sind nur 20 Vögel, und sie dürfen bleiben / Kontrollen gegen unzulässige Importe werden verstärkt

Berlin - Trotz Kritik aus der Politik und von Tierschützern wird auf der Grünen Woche in Berlin auch Geflügel zu sehen sein. Bundesagrarminister Horst Seehofer (CSU) ließ am Donnerstag erneut durchblicken, dass er die Ausstellung von Geflügel auf der Grünen Woche nicht glücklich findet. „Es geht um das Signal“, sagte er. Am Vortag hatte er empfohlen, Geflügel von der Messe zu verbannen. Gleichzeitig hatte er betont: „Ich denke nicht, dass von der Grünen Woche eine Gefahr mit Blick auf die Vogelgrippe ausgeht.“ Die weltgrößte Agrarmesse öffnet an diesem Freitag ihre Pforten. Insgesamt 1600 Aussteller aus 53 Ländern zeigen zehn Tage lang ihre Produkte. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sagte am Donnerstagsbend bei der Eröffnung der Messe, Verbraucherschutz sei wichtig „aber man sollte nicht hysterisch, sondern vernünftig reagieren“.

Zu dem auf der Grünen Woche gezeigten Geflügel gehören zwei Gänse, zwei bis vier Enten und vier Hühner aus der Region Berlin-Brandenburg, wie der Geschäftsführer der Messe Berlin, Christian Göke, am Donnerstag sagte. Hinzu kämen etwa neun Zwerghühner. Die Tiere stammten alle aus einheimischer Zucht, es sei kein Federvieh aus dem Ausland. Das Charlottenburger Veterinäramt habe alle Tiere auf der Grünen Woche untersucht, erklärte Bezirksstadtrat Bernd Skrodzki. Sechs Tiermediziner befindend sich auf der Messe.

Um die Ausbreitung der Vogelgrippe nach Deutschland zu verhindern, plant die Bundesregierung eine Deklarationspflicht für Geflügelprodukte an Flughäfen. In einem ersten Schritt soll der Zoll angehalten werden, Reisende bei der Einfuhr zu fragen, ob sie Geflügel importieren. In einem zweiten Schritt soll es schließlich eine schriftliche Deklarationspflicht für Lebensmittel geben, von denen eine Gefahr ausgehen kann. Allerdings mache diese nur Sinn, „wenn es auf europäische Ebene praktiziert wird“, sagte Seehofer. Die größte Gefahr geht derzeit laut Seehofer vom illegalen Import von Geflügel und Tierprodukten aus. Die Behörden sollen daher verstärkt das Gespräch mit türkischen Vereinen und Medien suchen, um über die Gefahren aufzuklären.

Der Zoll in Berlin Brandenburg will seine Kontrollen weiter verstärken. „Die mobilen Kontrollteams werden auf den Straßen besonders auf Fahrzeuge mit russischen, weißrussischen und ukrainischen Kennzeichen achten und kontrollieren“, sagt Axel Werner, Sprecher der zuständigen Oberfinanzdirektion Cottbus. Dabei werde vor allem nach Produkten gefahndet, die aufgrund der Vogelgrippe-Prophylaxe verboten sind.

Da alle sieben mobilen Kontrollteams bereits rund um die Uhr in Berlin und Brandenburg im Einsatz sind, bedeute diese Schwerpunktverlagerung aber auch, dass zum Beispiel polnische Autos weniger oft kontrolliert werden könnten als üblich. Überprüfungen von Reisebussen am Zentralen Omnibusbahnhof, wie sie der Zoll im vergangenen Herbst noch durchführte, werde es aber weiterhin nur sehr selten geben. „Das ist auch kein sinnvoller Platz dafür, schließlich könnten die Busse ja auch schon längst an anderen Stellen Reisende abgesetzt haben“, sagt Werner. Ausschließen aber will Werner auch solche Kontrollen nicht. „Wir setzen darauf, unberechenbar zu sein.“

Die Zollbehörden von Berlin-Brandenburg und Bayern erklärten, dass die Kooperation mit den Veterinären gut funktioniere. Die Vorsitzende des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Edda Müller, hatte die Kooperation am Mittwoch als unzureichend kritisiert. „Mir ist kein Fall bekannt, wo die Zusammenarbeit nicht klappt“, erklärte der Sprecher der Oberfinanzdirektion Nürnberg, Jürgen Wamser. Die Zollbehörden führen auf den Straßen und an den Flughäfen stichprobenartige Kontrollen durch. Wenn sie dabei Geflügel oder Geflügelprodukte finden, verständigen sie den zuständigen Veterinär, der den Fund begutachtet. In der Regel werden die Funde beschlagnahmt, erklärte Jürgen Wamser.

Unterdessen präzisierte Agrarminister Horst Seehofer (CSU) seinen künftigen Kurs in der Agrarpolitik. Er wolle den Öko-Landbau nicht gegenüber der traditionellen Landwirtschaft benachteiligen. „Wir respektieren beides, wir unterstützen beides“, sagte Seehofer auf der Grünen Woche. In seiner Eröffnungsrede plädierte Seehofer für einen „Geist der Partnerschaft“. Er hatte zuvor den Öko-Kurs seiner Vorgängerin Renate Künast (Grüne) kritisiert. Der Minister kündigte einen Sparkurs für beide Bereiche an. „Wenn wir insgesamt sparen müssen, versuchen wir, die Lasten gerecht aufzuteilen.“ In diesem Jahr müssten in seinem Etat 200 Millionen Euro eingespart werden. Seehofer wies Befürchtungen zurück, genmanipulierte Lebensmittel könnten schleichend eingeführt werden. Die Verbraucher sollten entscheiden. „Ich halte sehr viel von einer Kennzeichnung und nichts von Bevormundung. Wir gehen sehr sorgfältig auch mit der Haftung und der Freisetzung um.“ Seehofer hatte angekündigt, die Gentechnik zu „befördern“.

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