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Wirtschaft: Kein Grund zur Hektik

Banken raten Anlegern, ihre Auslandskonten nicht überhastet aufzulösen

Von Rolf Obertreis,

Frankfurt (main)

Mit dem am Dienstag für die EU beschlossenen Kompromiss zur Zinsbesteuerung wird das Bankgeheimnis in Deutschland gelockert. EU-Ausländer, die Kapital in Deutschland angelegt haben, werden ab 1. Januar 2004 Kontrollmitteilungen der Banken an ihre zuständigen Finanzbehörden akzeptieren müssen. Umgekehrt gilt dies auch für deutsche Anleger, die ihr Geld bei Banken in elf anderen EU-Staaten angelegt haben.

Auch für sie wird das Bankgeheimnis gekippt. Allerdings sind Österreich, Luxemburg und Belgien von dieser Regelung vorerst ausgenommen. Sie bewahren ihr Bankgeheimnis. Die Schweiz bleibt ohnehin außen vor. Für den Großteil der Deutschen, die ihr Geld steuerlich im Ausland angelegt haben, ändert sich damit wenig. Banker sehen denn auch keinen Grund hektisch zu reagieren, und im Ausland angelegtes Geld schnell wieder zurückzuholen.

Am Bankgeheimnis für deutsche Anleger in Deutschland ändert sich zunächst nichts. Allerdings wird es auch für sie kaum mehr lange Bestand haben. Nach dem EU-Zinsbeschluss sieht sich Finanzminister Hans Eichel in seiner Absicht bestärkt, in Deutschland neben einer Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf Kapitalerträge auch an Kontrollmitteilungen festzuhalten. Er will dies jetzt möglichst schnell umsetzen. Damit werde das Entdeckungsrisiko für Steuerhinterzieher massiv erhöht, der steuerehrliche Anleger habe nichts zu befürchten.

Vor allem dies trifft auf entschiedene Kritik bei Banken und Sparkassen. Auch wenn das Bankgeheimnis hier zu Lande bei weitem nicht den Wert hat wie in anderen Ländern. Im Gegensatz zur Schweiz ist das Bankgeheimnis in Deutschland nicht gesetzlich geschützt, sondern nur in der Abgabenordnung verankert. „Aber jetzt wird selbst das bisschen, was wir noch haben, ausgehöhlt. Dabei gibt es bei einer Abgeltungssteuer dafür keinen plausiblen Grund“, klagt der Leiter der Privatkunden-Sparte einer Frankfurter Privatbank.

„Zusätzliche Kontrollen führen zu deutlich mehr Bürokratie, heben aber nicht automatisch die Steuermoral“, sagt auch Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. „Wenn künftig Kontrollmitteilungen für Ausländer erstellt werden müssen, resultiert daraus kein Automatismus für Inländer“, sagt DSGV-Vorstandsmitglied Holger Berndt. Daraus ergäben sich zudem hohe Kosten für die Kreditinstitute. Vor allem werde das Vertrauensverhältnis zwischen Kunde und Geldhaus gestört. Auch bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) werden die Regelungen deshalb abgelehnt.

Dass das Bankgeheimnis in der Schweiz fällt, halten Banker im übrigen für nahezu ausgeschlossen. Damit ist es auch für Österreich, Luxemburg und Belgien nahezu auf Dauer festgeschrieben. Denn diese Länder sind erst dann zu Kontrollmitteilungen bereit, wenn die Schweiz ihr Bankgeheimnis kippt. Dass der EU-Zinsbeschluss kurzfristig dazu führt, dass steuerehrliche deutsche Anleger Kapital – Schätzungen zufolge liegen 350 bis 400 Milliarden Euro jenseits der Grenzen – aus dem EU- Ausland wieder abziehen, bezweifeln Banker.

Zum einen bleibt in den klassischen Anlageländern der Deutschen, also in der Schweiz, in Österreich und Luxemburg, das Bankgeheimnis gewahrt. Zum anderen werden die Quellensteuersätze in Österreich und Luxemburg zunächst mit 15 und ab 2007 mit 20 Prozent niedrig bleiben, bevor sie erst 2010 auf 35 Prozent steigen. In der Schweiz wird derzeit ohnehin nur eine Quellensteuer auf Erträge aus inländischen Wertpapieren erhoben.

„Für überhastete und schnelle Aktionen gibt es derzeit keinen Anlass“, sagt ein Anlageberater einer Frankfurter Bank. Zudem haben die Anleger nach Auskunft von Finanzminister Eichel die Möglichkeit im Ausland abgeführte Steuern von 35 Prozent auf den möglicherweise in Deutschland geltenden Satz von 25 Prozent zu drücken. Nach einer entsprechenden Mitteilung an das Finanzamt werde die Differenz beglichen.

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