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Wirtschaft: Pillen für 2,5 Milliarden Euro

Apotheker rechnen 2005 mit Mehrausgaben für Arzneien/AOK stellt Beitragssenkungen in Frage

Berlin – Die Apotheker haben vor einem deutlichen Anstieg der Arzneimittelausgaben in diesem Jahr gewarnt. „Wir rechnen 2005 mit Mehrausgaben von knapp 2,5 Milliarden Euro“, sagte Rainer Braun, Hauptgeschäftsführer beim Apotheker-Dachverband ABDA. Das entspräche einem Plus von etwa 13 Prozent gegenüber 2004. „Dadurch werden die Einsparungen aus dem vergangenen Jahr aufgefressen“, fürchtet Braun. Auch der Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens, bezeichnete die Arzneimittelausgaben gegenüber dem Tagesspiegel als das „größte Ausgabenrisiko“ in diesem Jahr.

Eine Ursache dafür ist das veränderte Verordnungsverhalten der Ärzte. Seit einigen Jahren greifen sie häufiger zu neuen, teuren Medikamenten, statt bewährte preiswertere Arzneimittel mit der gleichen Wirkung zu verordnen. Das wird nach Schätzungen der ABDA die Krankenkassen in diesem Jahr mit zusätzlich 1,8 Milliarden Euro belasten. AOK-Chef Ahrens appellierte daher an die Ärzte, ihr Verordnungsverhalten genau zu überprüfen. Er verwies darauf, dass die AOK den Praxen Software zur Verfügung stelle, mit denen man Medikamente ausfindig machen könne, die bei einem günstigeren Preis die gleiche Wirkung haben. Auch Florian Lanz, Sprecher beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen, sieht eine große Verantwortung in den Praxen. „Die Ärzte haben es im Rezeptblock“, sagte er. Die Krankenkassen würden alles dafür tun, den drohenden Ausgabenanstieg auf unter zehn Prozent zu begrenzen.

Aber auch gesetzliche Änderungen führen nach Ansicht der Apotheker dazu, dass höhere Ausgaben drohen. Nach Schätzungen der ABDA werden die Kassen mit einer Milliarde Euro zusätzlich belastet, weil der 2004 eingeführte Zwangsrabatt, den die Hersteller an die Kassen abführen müssen, von 16 wieder auf sechs Prozent gesenkt wurde. Die neuen Festbeträge für patentgeschützte Medikamente würden hingegen weniger Ersparnis bringen als der Gesetzgeber sich erhofft habe. Die Festbeträge geben die Obergrenze an, bis zu der die Kassen den Preis für ein Medikament erstatten. Statt einer Milliarde Euro würden die Kassen hier nur maximal 480 Millionen Euro weniger ausgeben, prognostiziert die ABDA. Das liege auch daran, dass der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Kassen nur allmählich mit den neuen Festbeträgen vorankomme.

Im Jahr 2004 zeigte die Gesundheitsreform Wirkung: Insgesamt hätten die Kassen nach vorläufigen Schätzungen rund 2,7 Milliarden Euro bei den Arzneimitteln eingespart, sagt ABDA-Vertreter Braun. Das liegt unter anderem daran, dass nicht verschreibungspflichtige Medikamente im Normalfall nicht mehr von der Krankenkasse erstattet werden. Zum anderen haben die neuen Zuzahlungen für Patienten etwa 600 Millionen Euro mehr gebracht.

Angesichts der unsicheren Finanzentwicklung rechnet AOK-Chef Ahrens auch in diesem Jahr nicht mit deutlichen Beitragssenkungen. Er erwarte, dass die durchschnittlichen Beiträge stabil blieben. „Wir haben nicht viel Spielraum für Beitragssenkungen“, sagte er. Die Überschüsse würden gerade reichen, die Schulden abzubauen. Seit dem Start der Gesundheitsreform Anfang 2004 waren die durchschnittlichen Beiträge von 14,3 auf 14,2 Prozent gesunken. Das liegt auch daran, dass viele Kassen hoch verschuldet sind und die Einsparungen dazu nutzen, ihre Kredite abzubezahlen.

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