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Wirtschaft: Schering: "Die Arbeit am menschlichen Genom beginnt gerade erst"

Der Vorstandsvorsitzende des Berliner Pharmakonzerns Schering hat vor übertriebenen Erwartungen an die Biotechnologie gewarnt. "Wir werden nicht in dem Tempo liefern können, wie es jedermann aufgrund des Biotech-Hypes von uns erwartet", sagte Stock in Berlin.

Der Vorstandsvorsitzende des Berliner Pharmakonzerns Schering hat vor übertriebenen Erwartungen an die Biotechnologie gewarnt. "Wir werden nicht in dem Tempo liefern können, wie es jedermann aufgrund des Biotech-Hypes von uns erwartet", sagte Stock in Berlin. "Wissenschaft ist ein zähes Geschäft - das wird auch in Zukunft so bleiben." Wenn alles gut gehe, betrage die Entwicklungszeit für ein neues Medikament acht Jahre, daraus könnten aber sehr schnell zwölf Jahren werden.

Nichts ärgere ihn mehr als der Begriff "postgenomische Ära", sagte der Vorstand. Die Arbeit am Genom begänne gerade erst. Von "Post"-Genomik könne also keine Rede sein. Nun sei ungeheuer viel Technologie erforderlich, um neue Zielmoleküle für Medikamente, so genannte Targets, zu finden. Die Aufregung nach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms sei deshalb so groß, weil statt der heute bekannten 500 Targets jetzt von der Existenz von 3000 bis 10 000 Targets ausgegangen werden müsse - und damit von sehr viel mehr Ansatzpunkten für potenzielle Medikamente. Stock sprach in diesem Zusammenhang von einer "Explosion von Möglichkeiten", warnte aber zugleich vor zu viel Optimismus. "Es ist gut, wenn wir bescheiden bleiben."

Um möglichst schnell neue Zielmoleküle zu finden, sei die Zusammenarbeit mit kleineren Biotech-Unternehmen unverzichtbar, sagte Stock. Die Zahl der Kooperationspartner aus diesem Bereich bezifferte Stock auf zehn bis 15. Auch die vor zwei Wochen ausgegründete Schering-Tochter Metagen soll dem Konzern bei der Wirkstoff-Findung zuarbeiten. "Wie haben klare Absprache, welche Targets Schering übernimmt." Die Verträge seien bis 2002 festgeschrieben. Für Schering seien vor allem die Prostatakrebsgene interessant. Darüberhinaus gehenden Forschungsergebnisse könne Rosenthal mit anderen Partner entwickeln.

Weitere Biotech-Ausgründungen wollte Stock nicht ausschließen. "Im Prinzip ist Metagen wiederholbar." Konkrete Projekte nannte er nicht. Erst im November war die finnische Schering-Tochter Leiras Oy als Spin off ausgegliedert worden, an der Schering nun noch 20 Prozent hält.

Der Umsatz-Anteil biotechnologisch hergestellten Medikamente liegt bei Schering nach Angaben Stocks bereits heute bei 45 Prozent. Das erfolgreichste ist das Multiple-Sklerose-Medikament Betaferon, eines der zehn erfolgreichsten Biotech-Medikamente der Welt. Am Freitag hatte Schering die europäische Zulassungsempfehlung für Campath erhalten, ein Biotech-Medikament zur Krebsbehandlung. Schering rechnet in zwei bis drei Monaten mit der EU-weiten Zulassung. Bis 2004 wird der Umsatz mit Biotech-Produkten nach Angaben Stocks weltweit auf rund 20 (1999: 16,5) Milliarden US-Dollar steigen.

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