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Wirtschaft: Siemens: Münchner in Verhandlungen mit Motorola

"Das ist reine Spekulation", kommentierte am Montag ein Sprecher der Siemens AG in München einen Bericht des "Wall Street Journal Europe" über Gespräche zwischen den beiden Unternehmen. Die Zeitung hatte gemeldet, dass sich Siemens mit Motorola seit Monaten über ein Gemeinschafts-Unternehmen unterhalte, die Verhandlungen aber noch nicht abgeschlossen seien.

"Das ist reine Spekulation", kommentierte am Montag ein Sprecher der Siemens AG in München einen Bericht des "Wall Street Journal Europe" über Gespräche zwischen den beiden Unternehmen. Die Zeitung hatte gemeldet, dass sich Siemens mit Motorola seit Monaten über ein Gemeinschafts-Unternehmen unterhalte, die Verhandlungen aber noch nicht abgeschlossen seien. Der Deal habe ein Volumen zwischen 22 Milliarden Euro und 27,5 Milliarden Euro.

Einschneidende Veränderungen bei Siemens wären keine Überraschung. Konzern-Chef Heinrich von Pierer hatte schon im Sommer wegen des hohen Betriebsverlusts seines Unternehmens im dritten Quartal des Geschäftsjahres, also von April bis Juni, harte Einschnitte angekündigt: "Ich schließe weitere Portfolio-Maßnahmen nicht aus. Dabei gibt es keine Tabus." Laut Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger, "trennen wir uns lieber frühzeitig, wenn wir das Geschäft nicht beherrschen".

Dass Siemens jetzt offenbar beim Mobilfunk ansetzt, ist nicht ungewöhnlich. Der gesamten Branche geht es momentan schlecht. Weil in den vergangenen Monaten wesentlich weniger Handys verkauft wurden als erwartet, sind viele Hersteller in die roten Zahlen gerutscht. Allein zwischen April und Juni gingen weltweit fast sieben Millionen Geräte weniger über den Ladentisch als in den ersten drei Monaten 2001. Darüber hinaus lahmt auch das Geschäft mit Telekommunikations-Ausrüstung, da die Telefon-Gesellschaften knapp bei Kasse sind und Investitionen in die nächste Mobilfunkgeneration UMTS hinausschieben.

Auch Siemens-Manager hatten zuletzt davon gesprochen, dass im weltweit unter Druck stehenden Mobilfunk der Markt in Bewegung sei und eine Phase der Konsolidierung bevorstehe. Siemens stehe aber im Vergleich zu Wettbewerbern vergleichsweise gut da und werde als Gewinner aus der Marktschwäche hervorgehen, hieß es. Das bedeutet, dass Siemens bei anstehenden Veränderungen in der Mobilfunkbranche eine aktive Rolle spielen will. Andererseits hat das Selbstbewusstsein der Münchner zuletzt stark gelitten. So hat die Siemens-Netzwerksparte im letzten Quartal 563 Millionen Euro Verlust vor Zinsen und Steuern gemacht. Der verantwortliche Vorstand musste daraufhin gehen. Der Mobilfunk-Bereich rutschte mit 511 Millionen Euro ebenfalls tief in die roten Zahlen. Deshalb werden 2600 befristete Jobs in der Handyfertigung gestrichen, im Netzwerk-Bereich fallen 5500 Arbeitsplätze weg. Auch Motorola will sich nach hohen Verlusten von 30 000 Mitarbeitern trennen.

Bei vielen anderen Anbietern sieht es nicht besser aus. Philips hat jüngst die Konsequenz gezogen und will seine Telefon-Sparte völlig neu aufstellen. Darüber hinaus einigten sich Sony und Ericsson, ihre Mobiltelefone künftig gemeinsam zu vermarkten. Das Joint-Venture mit dem Namen Sony Ericsson Mobile Communications startete am Montag offiziell seinen Geschäftsbetrieb. In fünf Jahren will das japanisch-schwedische Unternehmen Marktführer sein. Derzeit ist der finnische Konzern Nokia die unangefochtene Nummer eins bei Mobiltelefonen mit mehr als einem Drittel Marktanteil. Den zweiten Rang belegt Motorola mit rund 15 Prozent vor Ericsson und Siemens mit jeweils etwa acht Prozent.

Analysten halten eine Zusammenarbeit zwischen Siemens und Motorola für sinnvoll. Das Joint-Venture würde Siemens besseren Zugang zum US-Markt bieten, hieß es am Montag. Darüber hinaus könnten beide Konzerne von erheblichen Sparmöglichkeiten profitieren. "Der Druck zur Konsolidierung ist da. Jedes Unternehmen überlegt sich, was man mit dem Mobilfunkgeschäft macht. Da ist eine naheliegende Sache, dass auch über Kooperationen nachgedacht wird, sagte Thorsten Branstedt, Analyst bei M.M. Warburg. Für den Analysten der WestLB, Thomas Langer, gibt es allerdings derzeit mehr Fragen als Antworten. Eine Gemeinschaftsfirma mit Motorola würde Siemens zwar den US-Markt öffnen, Fragen blieben aber über Marken, technische Standards und die Entwicklung neuer Produkte. Auch Mark Davies-Jones von Schroder Salomon Smith Barney gab sich wenig optimistisch, dass die Überlegungen umgesetzt werden könnten: "Es gibt kein erfolgreiches Joint Venture in der Branche. Jeder, der es versucht hat, ist gescheitert", sagte er. "Das Beste ist, man wartet, bis ein Deal da ist, Gespräche heißen noch lange nichts", fügte er hinzu.

Wer das Gemeinschaftsunternehmen führen wird, ist allerdings noch nicht klar. Analysten rechnen aber damit, dass Netzwerk-Bereich und Handy-Produktion getrennt werden. Im Umfeld von Siemens hieß es, die Zusammenarbeit könnte auch interessant sein, um Kommunikationschips von Motorola zu beziehen. Dies würde allerdings die Stellung von Infineon schwächen, der früheren Halbleiter-Sparte von Siemens.

jojo, tmh

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