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Wirtschaft: Über den Atlantik

Europa und die USA sollen wirtschaftlich eng kooperieren, schlägt Merkel Bush vor

Berlin - Zwischen Europa und den USA soll es eine transatlantische Wirtschaftspartnerschaft geben. Dieses Thema will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) beim heutigen Besuch in Washington mit US-Präsident George W. Bush besprechen. Beide Seiten müssten aufpassen, dass sie sich nicht immer weiter voneinander entfernten, warnte die Kanzlerin.

Karsten Voigt (SPD), der im Auswärtigen Amt die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit koordiniert, sagte dem Tagesspiegel: „Europa und die USA sind wechselseitig füreinander wichtig.“ Würden sich beide gegeneinander definieren, werde es zum Beispiel keinen Fortschritt bei der Lösung der Probleme im Nahen Osten und bei der Doha-Welthandelsrunde geben. Oft werde vergessen, dass EU und USA füreinander die wichtigsten Handels-, Investitions- und außenpolitischen Partner seien.

Auch die Wirtschaft sieht die Pläne positiv. Fred Irwin, Präsident der amerikanischen Handelskammer in Deutschland (Amcham), schätzte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, durch die Einführung gemeinsamer technischer Standards könnten mehrere Milliarden Euro eingespart werden.

Seit Anfang dieses Jahres hat Deutschland turnusgemäß die Ratspräsidentschaft in der EU und den Vorsitz der Gruppe der acht wichtigsten Industriestaaten (G 8) inne. Kanzlerin Merkel sagte der „Financial Times Deutschland“, beim für April geplanten europäisch-amerikanischen Gipfel solle „über eine engere Zusammenarbeit auf ökonomischem Gebiet“ geredet werden. Dies richte sich nicht gegen andere Länder. „Aber niemand kann uns verwehren, dass wir unsere Kräfte bündeln.“ Als konkrete Themen nannte Merkel das unterschiedliche Patentrecht, das zu Reibungsverlusten führe, und – im Rahmen der G 8 – die mögliche Regulierung von Hedgefonds, die von den USA und Großbritannien bisher skeptisch gesehen wird.

Koordinator Voigt sagte, es sei zudem notwendig, mit China und Russland eng zu kooperieren – etwa wenn es um die Themen Klimaschutz und Energiesicherheit gehe. „Deshalb sind die G 8 so wichtig“, sagte Voigt. Bei der Frage der europäisch-amerikanischen Zusammenarbeit gebe es „einen weiten Konsens im Bundestag über die Parteigrenzen hinweg, vielleicht mit Ausnahme der PDS“. Nach dem Irakkrieg habe es zwar eine Entfremdung von Deutschland und den USA gegeben. Doch das Verhältnis sei inzwischen wieder besser geworden – auch in der persönlichen Beziehung zwischen Präsident Bush und Kanzlerin Merkel.

Wie wichtig die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen sind, rechnete Amcham-Präsident Irwin vor. Die EU und Nordamerika – also inklusive Kanada – stünden für 72 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts. Die Verflechtung zwischen den beiden Wirtschaftsräumen sei in den vergangenen Jahren enger geworden, trotz der politischen Auseinandersetzung über den Irakkrieg.

Dennoch gibt es aus Sicht der Unternehmen noch einiges zu verbessern, etwa beim Patentrecht. Es sei schwer zu verstehen, dass Pharmafirmen für ein Medikament sowohl in Europa als auch den USA jeweils eine eigene Zulassung beantragen müssen. Das verursache unnötige Kosten und sei zeitaufwendig, sagte Amcham-Präsident Irwin. Außerdem sollten die Zölle reduziert werden. „Das kostet nur die Konsumenten Geld, weil die Firmen die Belastung umlegen.“ Die von der CDU angestrebte transatlantische Freihandelszone sei positiv zu bewerten.

Auch wenn eine stärkere Kooperation für beide Seiten vorteilhaft wäre und die US-Regierung Unterstützung signalisiert, erwartet Irwin trotzdem, dass es schwierig sein werde, das Thema voranzutreiben. „Beim US-Kongress steht nicht die Wirtschaft auf der Tagesordnung, sondern die Außenpolitik und der Irak.“

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