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Charité: Steglitzer Zweifel

Der Charité-Vorstand versucht den Vorwurf zu entkräften, er benachteilige das Franklin-Klinikum.

Vernachlässigt der Charité-Vorstand den Campus Benjamin Franklin in Steglitz? Das wird zumal in der Freien Universität (FU) immer wieder befürchtet. Für deren Biocampus in Dahlem spielen die Steglitzer Mediziner eine immens wichtige Rolle. Im vergangenen Jahr machte der damalige FU-Präsident Dieter Lenzen daher den kontrovers diskutierten Vorschlag, das Benjamin-Franklin-Klinikum wieder an die FU zurückzuholen – was der Berliner Senat aber ablehnte.

Auch in der Diskussion um die Baumaßnahmen der Charité konzentriert sich derzeit alles auf die Frage, wie es mit dem Bettenhochhaus in Mitte weitergeht, obwohl Investitionen in Steglitz gleichfalls nötig sind. Ulrich Frei, der ärztliche Direktor der Charité, versuchte gestern im FU-Kuratorium Zweifel zu zerstreuen, das Benjamin-Franklin-Klinikum werde innerhalb der Charité benachteiligt. Er wisse, dass dieser Vorwurf im Raum stehe, sagte Frei. „Das ist aber nicht der Fall.“ Der Vorstand stehe dazu, die drei Charité-Standorte „gleichgewichtig, aber nicht gleichartig“ zu entwickeln.

Gemeint ist damit, dass die Charité an jedem Campus unterschiedliche Schwerpunkte setzen will. Wie bereits bekannt, soll sich Steglitz auf die Altersmedizin sowie die Bereiche Stoffwechsel, Orthopädie und Psychiatrie konzentrieren. Mitte konzentriert sich auf die Erkrankungen des Nervensystems und die Infektionsmedizin, Wedding auf die Tumor- sowie die Kinder- und Jugendmedizin und die Herz-Kreislauf-Krankheiten.

Die ernstzunehmende Forschung wandere so aus Steglitz ab, wenden Kritiker ein. Ihm sei bewusst, dass das Konzept umstritten sei, sagte Frei. Zu Unrecht, wie er findet: Bei der Altersmedizin gehe es nicht darum „zu untersuchen, wie man 90-Jährige füttert“, sondern um die wichtige Frage, wie Phänomene des Alterns medizinische Fächer verändern. Für wichtige Professuren wie Chirurgie, Gastroenterologie und Stoffwechselkrankheiten habe der Vorstand „klare Vorstellungen“, wie sie in Steglitz neu besetzt werden.

Die Psychosomatik werde von Mitte nach Steglitz verlagert, kündigte Frei an. Die Klinik für Psychiatrie aus der Eschenallee solle nach Steglitz kommen. Beides würde hervorragend das Forschungscluster „Languages of Emotion“ der FU ergänzen. Auch im Bereich Biomaterialien könne Steglitz sehr gut mit der FU kooperieren. Mit dem Dahlemer Max-Planck-Institut für molekulare Genetik wolle man ebenfalls enger zusammenarbeiten.

FU-Vizepräsidentin Monika Schäfer-Korting mahnte, die Charité müsse genauer kommunizieren, welche Professuren für die Standorte vorgesehen sein sollen. „Wir müssen gegenseitig besser wissen, wo der Weg hingeht.“ Nur dann könnten die großen Potenziale von Charité und FU in Steglitz ausgeschöpft werden. Sie frage sich, ob es sinnvoll sei, einen Neubau für die Versuchstiere wie geplant in Buch zu errichten. Die Entfernung nach Steglitz – wo die Versuchstierhaltung („Mäusebunker“) geschlossen werden soll – sei viel zu groß.

FU-Präsident Peter-André Alt sagte, Kollegen in Steglitz beschwerten sich, dass sie ihre Arbeit auf mehrere Standorte verteilen müssten. Diese Doppelaufgaben müssten „beschränkt“ werden. Das neue Konzept sehe das vor, entgegnete Frei. Er kündigte an, für große und weiter an allen drei Standorten vorgehaltene Fächer „Departments“ einrichten zu wollen. Diese würden von einem „Chair“ geführt, der darauf achte, dass Themen nicht doppelt erforscht würden. Die „Chairs“ dürften dann nicht nur in Mitte sitzen, forderte Alt. Wie es mit den Baumaßnahmen weitergeht und welcher Standort die vom Senat geforderten 500 Betten einsparen muss, wurde nicht diskutiert. In vier bis sechs Wochen werde der Senat hoffentlich das Sanierungskonzept für das Bettenhaus absegnen, sagte Frei. Dann könne man weitersehen. Tilmann Warnecke

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