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Wissen: Taxi nach Teltow

Die EU will den europäischen Stadtverkehr neu regeln – TU-Wissenschaftler prüfen die Konzepte

Evaluation einmal anders: Im Auftrag der Generaldirektion für Energie und Verkehr der Europäischen Kommission in Brüssel betreuen und bewerten Experten der TU Berlin neue Ideen, mit denen fünf Modellstädte ihre Verkehrsprobleme lösen wollen. Beteiligt sind die Verkehrplaner und das Zentrum für Technik und Gesellschaft der TU sowie das Öko-Institut und das Wissenschaftszentrum Berlin. Im Rahmen des Tellus-Projektes kooperieren sie in Berlin mit zehn kleineren Vorhaben, von Erdgasfahrzeugen für den innerstädtischen Lieferverkehr bis hin zu virtuellen Mitfahrzentralen. Die Verkehrsplaner der TU bewerten auch die Konzepte in Gdynia, Göteborg, Rotterdam und Bukarest. Die EU gibt rund 12,5 Millionen Euro aus, um bis 2006 integrierte Konzepte für den Stadtverkehr der Zukunft zu testen. Ziel ist es, die technischen, politischen und organisatorischen Aspekte der Projekte intelligent miteinander zu kombinieren.

Lkw-Leasing am Westhafen

„Meist entstehen die Probleme im Detail", erläutert Hans-Joachim Becker vom Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung am Institut für Land- und Seeverkehr. „So wollen wir im Südwesten Berlins mit Hilfe von Taxis den öffentlichen Nahverkehr ergänzen, vor allem in den Nachtstunden und in dünn besiedelten Randgebieten der Metropole. Unser Versuchsgebiet erstreckt sich von Wannsee bis hinüber ins Brandenburger Umland. Zuständigkeiten und Genehmigungen müssen in Berlin und Brandenburg geklärt werden.“

Dabei ist die Idee ganz einfach: Wer zwischen Zehlendorf, Stahnsdorf und Teltow spätabends eine Fahrt zu den S-Bahnhöfen Wannsee, Zehlendorf oder Lichterfelde wünscht, kann ein Großraumtaxi ordern. Das Taxi bündelt alle Wünsche und legt seine Route entsprechend durch den Kiez, für 3,30 Euro pro Person. Die BVG kann auf teure Leerfahrten mit Bussen verzichten.

Im Berliner Westhafen soll demnächst ein Umschlagplatz für Güter entstehen, die für die Geschäfte in der City bestimmt sind. Im Westhafen treffen Bahngleise, Schifffahrtswege und Autobahn zusammen. „Die Güter sollen dann auf erdgasbetriebene Fahrzeuge umgeladen werden“, erklärt Hans-Joachim Becker. „Die Gasag startet dort ein Förderprogramm und die Kunden können zwischen Kauf und Leasen gasbetriebener LKW wählen. Für den Kauf werden insgesamt 100 Fahrzeuge gefördert, von 1,3 Tonnen Nutzlast aufwärts.“ Kleine Transporter und große Brummis sind heute technisch ohne Probleme für Benzin und Erdgas ausgelegt. „Bei den mittleren Fahrzeugklassen klafft noch eine große Lücke, die wir mit diesem Projekt schließen wollen“, sagt Becker.

In Planung ist auch „Metropolitan Fleet Car“: Bei diesem Pilotprojekt sollen Mietwagenfirmen ihre Fahrzeuge an nachfrageschwachen Tagen gewerblichen Kunden im Zentrum anbieten, etwa für den Lieferverkehr am frühen Morgen. Dadurch könnten zum Beispiel große Handelsketten ihre eigenen Fuhrparks reduzieren. Die Mietwagenfirmen wiederum erreichen – auf die gesamte Woche gerechnet – eine höhere Auslastung. Mit von der Partie sind zunächst DB Rent, der Mietwagenverleih der Deutschen Bahn AG, und die Berliner Car Sharing Initiative.

Noch in diesem Jahr sollen auch Versuche mit einem neuen Parkraumsystem starten, „ohne Papier und Bargeld“, wie Hans-Joachim Becker verspricht. In die 300 Testfahrzeuge in der City West wird eine kleine Box eingebaut, die der Fahrer beim Einparken und Wegfahren an- und ausschaltet. Per Funk geht die Parkdauer an eine Zentrale, die das Geld minutengenau vom Konto abbucht.

„Das ist für Deutschland noch Neuland“, meint Becker. Und die Politessen? „In der Erprobungsphase brauchen wir sie noch, zur Überprüfung.“ Also doch nicht ganz ohne Papier: Auch Hightech wird die Knöllchen auf absehbare Zeit nicht abschaffen.

Informationen im Internet unter:

www.tellus-cities.net

Heiko Schwarzburger

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