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Zwei gegen Jarasch: Drei Berliner Spitzenkandidaten diskutierten beim Tagesspiegel

Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (Grüne) und Kai Wegner (CDU) stritten am Donnerstag über Klimaschutz und Infrakstruktur. Wie die politischen Sympathien verteilt sind, zeigte sich erneut deutlich.

Erst wenige Minuten waren verstrichen, da ging Bettina Jarasch schon in die direkte Konfrontation. Sichtlich beflügelt war die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen von dem am Donnerstag gefallenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, laut dem das Klimaschutzgesetz des Bundes zu kurz greift und nachgebessert werden muss. Und das bekamen auch Jaraschs Mitdiskutanten und Konkurrenten um das Rote Rathaus, Franziska Giffey (SPD) und Kai Wegner (CDU) zu spüren. Der Tagesspiegel hatte die drei Spitzenkandidaten im Rahmen der Berliner Energietage am Donnerstag zu einer Podiumsdiskussion geladen, moderiert von der stellvertretenden Chefredakteurin Anke Myrrhe. Das Thema: „Wie kann die Energiewende in Berlin gelingen?“

Hier die gesamte Diskussion und die anschließende Expertenrunde zum Nachgucken:

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„Wann ist Berlin klimaneutral?“, lautete die Eingangsfrage an die drei Politiker. Während Wegner und Giffey angaben, sich am EU-Ziel – dem Jahr 2050 – orientieren zu wollen, sprach  Jarasch sich für ein klimaneutrales Berlin bis 2035 aus. Klimaschutz als „wichtige Querschnittsaufgabe“ genüge dafür nicht, sagte sie gewandt an SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey, um dann direkt noch Kai Wegner zu adressieren: „Es muss konkret werden in den einzelnen Sektoren, und da weiß ich gar nicht, wie konkret die CDU überhaupt wird. Und das meiste, was die SPD sagt, sind Dinge, die wir im Energiewendegesetz und Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm sowieso schon verankert haben.“ „Ja, nur umsetzen ist noch mal was anderes, Frau Jarasch“, entgegnete Giffey.

Jarasch räumte ein, dass die Grünen in der laufenden Legislaturperiode in Sachen Klimaschutz nur wenig von dem erreicht haben, was sie sich ursprünglich vorgenommen hatten: „Wir sind längst nicht so weit, wie wir’s gerne wären, und da werden wir auch deutlich einen Zahn zulegen müssen in der nächsten Legislatur“, sagte sie. Klimaschutz dürfe nicht mehr bei der grünen Verkehrs- und Klimasenatorin „abgeladen“ werden, sondern müsse Aufgabe aller Ressorts werden. „Also doch Querschnittsthema, ja? Aha!“, warf Giffey ein. „Aber konkret, nämlich mit einem CO2-Budget für jedes Senatsressort und jedes Bezirksamt, Frau Giffey“, entgegnete Jarasch.

Giffey näher an der CDU als den Grünen

Auch im auch weiteren Verlauf der Diskussion waren es oft Giffey und Jarasch, die Koalitionskandidatinnen, die miteinander debattierten. Erneut zeigte sich, wie nahe Giffey und die CDU sich in vielen Bereichen sind – etwa im Bereich Wohnwirtschaft, wo sie und Wegner vor allem auf viele, energiesparende Neubauten setzen. Auch beim Thema Mobilität erklärten Giffey und Wegner fast wortgleich: Ja, man wolle die Verkehrswende, aber nicht „mit Verboten und Erziehungsmaßnahmen“, sondern mit attraktiven Angeboten, damit die Menschen sich aus eigenem Antrieb umentscheiden.

Beide sprachen sich außerdem für die Erweiterung des U-Bahnnetzes und für den Ausbau von Elektroladesäulen aus – die Berliner Grünen hingegen wollen die Innenstadt lieber heute als morgen weitgehend autofrei machen. „Ich möchte den Menschen nicht vorschreiben, wie sie sich von A nach B zu bewegen haben“, sagte Wegner, und Giffey echote: „Wir wollen ermöglichen, dass die Menschen so in der Stadt unterwegs sein können, wie sie es wollen und brauchen.“ Nicht jeder könne den Öffentlichen Personennahverkehr nutzen.

Wegner und Giffey für „Technologieoffenheit“

Und Wegner sagte, ihm gehe es nicht nur um Elektromobilität, sondern auch um andere Antriebsstoffe wie Wasserstoff. „Ich glaube übrigens, das ist die Zukunft der Mobilität“, sagte Wegner, was Jarasch zum Lachen brachte. „Da macht die Bundesregierung ganz viel und das müssen wir auch für Berlin stärker nutzen“, sprach Wegner unbeirrt weiter. Als ein Zuschauer später wissen wollte, wie in Berlin Wasserstoff erzeugt werden könne, sagte er: „Wir haben so tolle Startup-Unternehmen, wir haben eine tolle Wissenschafts- und Hochschullandschaft. Und wenn wir über Technologieoffenheit sprechen, gerade im Bereich Mobilität, gerade im Bereich Klimawandel, dann sollte wir die doch alle mal viel stärker mit einbeziehen und nutzen.“ Während Jarasch darauf hinwies, dass es auf absehbare Zeit nicht genügend Wasserstoff geben werde, um im Verkehrsbereich eine Rolle zu spielen, zeigte sich Giffey erneut auf einer Linie mit Wegner und erwähnte ebenfalls Startups und Wissenschaft als Motoren der Innovation.

Es sei besser, sich nicht auf eine Technologie festzulegen, sagte sie. „Ich glaube, es ist wichtig, eine Politik zu machen, die sich offen zeigt für die unterschiedlichen Wege, anders Energie zu erzeugen und zu verbrauchen, als wir das heute tun.“ Wie Wegner erwähnte Giffey „Technologieoffenheit“: „Natürlich wird man mit Wasserstoff nicht alles lösen können. Aber es ist etwas, wo wir in Berlin ein Modellstandort werden können und das sollten wir auch nutzen.“ Tesla, Urban Tech Republic oder Siemens 2.0 müssten die Metropolregion Berlin-Brandenburg als Partner wahrnehmen, der ihnen die Hand reiche. „Das wird doch die Aufgabe sein: Diese neuen Technologiestandorte hier zu halten, damit durch den Klimawandel und durch diese Aufgabe, die wir vor uns haben, auch Arbeit entsteht“, sagte Giffey.

„Also Klimawandel als Chance“, fasste Moderatorin Myrrhe zusammen. Und ließ zum Schluss noch mal die Zuschauer zu Wort kommen: 38 Prozent glaubten, dass Berlin erst 2050 klimaneutral sein wird, 35 Prozent glauben an das Jahr 2040 und an 2030 nur acht Prozent. Ganze 19 Prozent hingegen glaubten, dass dieser Zeitpunkt niemals kommen wird – nicht repräsentativ, natürlich. Wie das Stimmungsbild der Berliner wirklich aussieht, wird sich am 26. September herausstellen.

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