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Angelica Domröse und Winfried Glatzeder in einer legendären Szene von „Paul und Paula“ in der Rummelsburger Bucht

© rbb/PROGRESS Film-Verleih/Norbert Kuhröber

Zwischen Sehnsucht und Zensur: Die Defa war die Traumfabrik der DDR - und schuf unsterbliche Filme

Der volkseigene Filmbetrieb, vor 75 Jahren gegründet in Babelsberg, drehte platte Propaganda und legendäre Filmstoffe. Die Defa lebte wie die DDR von der Improvisationskunst der Menschen – und ihrem Eigensinn.

Wie nah sie ihm schon ist. Wie nah er ihr. Wie weit weg sie doch voneinander sind auf der gleichen Tanzfläche, jeder in den Armen und an den Mündern eines anderen, nur mit den Augen aneinander. Zwei Paare, die sich Sehnsucht durch das kleine Stück Raum zuwerfen, das sie trennt hier auf dem Tanzboden in Berlin, das auch eine voneinander getrennte Stadt ist und sich nach der anderen Hälfte sehnt, aber heute Abend ist das mal nicht so wichtig. Paul sieht zu Paula, Paula sieht zu Paul. Und die Band auf der Bühne singt: Manchmal im Schlaf find ich ein Lied. Das ich am Tage vergaß.

So bricht er an, der neue Tag und mit ihm ein anderes Leben, in dem zwei Menschen über die Baustellen des abblätternden Berlins rennen, weil darauf eine Garagenhütte steht, in der niemand und nichts mehr zwischen ihnen steht. Mit einem schwimmenden Bett schippern Paula und Paul durch die Rummelsburger Bucht und tagträumen davon, alles zu vergessen außer die Nächte, die voll von ihrer Nähe sind. So nahe ging den Ostdeutschen kaum ein Film wie die „Legende von Paul und Paula“, 3 von 16 Millionen Menschen sahen den Klassiker der Defa im Kino.

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Denn so verträumt war ja das Leben, gerade in einem Land der Sehnsüchte. Wo man Bücher zwischen Zeilen las, Musik wegen ihrer Zwischentöne hörte – und Filme sah, die Zwischenräume öffneten. Filme der Defa, die Sehnsüchte bannten. Filme der Defa auch, die bloß platte Propaganda waren. Und Filme der Defa, die das richtige Leben im falschen zeigten, die beschwiegen wurden und verboten. Manchmal versteh spät ich das Wort. Das mir zu leise erschien.

700 Spielfilme, 2000 Kurz- und Dokumentarfilme

Die Defa, als Deutsche Film AG am 17. Mai 1946 gegründet auf den Trümmern der Nazi-Verherrlichungs-Fabriken, fing langsam an, belebte ein Jahr nach Kriegende die entseelten Studios in Potsdam-Babelsberg neu. „Wieder leuchten über den Türen die roten Lampen: Achtung Aufnahme! Wieder strahlt das Jupiterlicht auf Schauspieler und Komparsen, surren die Aufnahmegeräte und hallen die Räume wider vom Hammerschlag der Arbeiter, die neue Kulissen zusammenstellen“, reportierte die „Berliner Zeitung“ vor 75 Jahren. Und: „Es sind einfache Kulissen. Noch fehlt es dem neuen deutschen Film an Glanz und Aufwand, aber dessen bedarf es auch nicht mehr: aus dem Zwang zu Einfachheit und Sparsamkeit wächst ein neuer Filmstil, der Stil unserer Zeit.“

Wann sehen wir endlich wieder mehr Berliner Erstaufführungen ganz ohne Kanonendonner?

Der Tagesspiegel am 19. Mai 1946 zum Start der Defa

Auch wenn die Defa wie viele Nachkriegsanfänge von den sowjetischen Besatzungstruppen initiiert und kontrolliert wurde, machte sie zunächst die ganze zerstörte Stadt, das ganze vom selbst entfesselten Krieg kaputte Land neugierig. „Die Defa hat in ihrer sehr aktiven und neuartigen Wochenschau ‚Der Augenzeuge‘ bisher in sechs Nummern ihre Wendung zu einem lebendigen und populären Filmstil bewiesen“, lobte der Tagesspiegel und fragte erwartungsvoll: „Wann sehen wir endlich wieder mehr Berliner Erstaufführungen ganz ohne Kanonendonner?“

Das bald volkseigene Filmunternehmen der DDR, stets kritisch beäugt vom eigenen Volk und sowieso von der Partei und ihrer Staatssicherheit, produzierte in gut vier Jahrzehnten mehr als 700 Filme, noch mal so viele Animationsstreifen und mehr als 2000 Kurz- und Dokumentarfilme. Tausende Menschen waren bei der Defa beschäftigt, die in Babelsberg auch alle zum Film nötigen Gewerke beheimatete. Nach dem Ende der DDR blieben die Studios übrig und produzieren noch heute Welterfolge wie „Grand Budapest Hotel“. Die Institution und der Name Defa aber verschwanden nach dem Verkauf so plötzlich, wie sie nach Deutschlands Befreiung auf die Welt gekommen waren.

Die Geschichte der Defa begann mit einer Geschichte, die in den Trümmern des zerbombten Berlins spielte und bald das in alliierte Zonen aufgeteilte, aber noch nicht geteilte Land bewegte. „Die Mörder sind unter uns“ war das Drama um eine zurückkehrende KZ-Überlebende, gespielt von Hildegard Knef, und einem inzwischen in ihrer Wohnung hausenden Soldaten. Der erste deutsche Film nach der Befreiung zeigte die in ihre Vergangenheiten verstrickten Menschen zwischen Schuld und Hoffnung, Sühne und Neuanfang, Rache und Liebe. So schuf er tatsächlich einen Stil der neuen Zeit.

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„Der erste Film, an den ich mich erinnern kann?“ Rainer Simon lacht in die Kamera beim Videointerview, seine weißen Haare wehen über seinen Kopf. Der 80-Jährige war einer der bekanntesten Defa-Regisseure, heute schreibt er in seinem mit Büchern vollgestelltem Haus in Potsdam an Romanen, am liebsten über die indigenen Völker in Südamerika, die er in sein Herz geschlossen hat. „Einer meiner ersten Filme war ein französischer: ,Wenn alle Menschen der Welt. Da ging es um eine internationale Rettungsaktion für Seeleute, die an einer unbekannten Krankheit erkrankten, ein Traum von Solidarität.“

Rainer Simon mit dem „Goldenen Bären“, den er schon 1985 auf der Berlinale gewann.
Rainer Simon mit dem „Goldenen Bären“, den er schon 1985 auf der Berlinale gewann.

© Manfred Thomas

Ach ja, sein Lieblingsfilm: „Wenn die Kraniche ziehen“ – auch dies ein Kriegsdrama rund um eine Frau, die ihr Leben neu erfinden muss, gedreht in der Sowjetunion und voller expressionistischer Regieeinfälle. „Nachdem ich das gesehen habe, wollte ich Regisseur werden“, erzählt Simon. Ein Thema in den westlichen Filmen dieser Jahre war die Entfremdung, gegen die er auch mit seinen eigenen Filmideen ankämpfen wollte. „Heute haben sich alle damit abgefunden, dass sie entfremdet sind“, sagt Simon, der im Stillen noch immer ein Rebell zu sein scheint.

Das Leben ungeschnitten – aber die Schere im Kopf

Welches Kino hat die Defa gemacht, die sich wie die DDR immer um sich selbst drehen musste? Ein Kino, das sich selbst einschränkte und immer wieder getrieben war vom Willen, auszubrechen, vom Versuch, mal einen Halbsatz in einem Film unterzubringen über von der Roten Armee vergewaltigte Frauen, über eine Hauptstadt, die hinter einer Mauer weiterging.

„Im Kopf gab es unbemerkt immer auch eine Schere, mit der wollte man sein Werk, die viele Arbeit, die da dranhängt, schützen, wenn man es dann endlich machen durfte“, erzählt Schauspielerin Corinna Harfouch im neuen Interviewbuch „Im Gespräch“ von Knut Elstermann (be.bra verlag, 24 Euro). Manchmal schnitt die eigene Schere den Halbsatz aus dem Film heraus, um einen anderen drinzulassen.

Mehr als 20 Filme der Defa wurden verboten  

Für die Leute, wie das Publikum bei den Filmleuten hieß, sollte das Leben ungeschnitten gezeigt werden. Für sie musste man selbst beim Lügen ehrlich sein, denn Menschen, die auf Zwischenräume achten, durchschauen einen, wenn sie einem zuschauen. Jutta Hoffmann spielte in „Die Schlüssel“ die Hauptrolle, einem der wagemutigsten Defa-Filme über eine gegen ihren aufsteigenden Mann aufbegehrende Frau. Die Schlüsselszene spielt in einem Straßenbahndepot in Polen, wo die Protagonistin einen dialogischen Monolog über ihre Beziehung, aber auch über die Gleichberechtigung der Frau in der DDR hält.

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Heute beschreibt Jutta Hoffmann ihr Ethos zwischen Enge und Weite so: „Es ist mir völlig schnuppe, wie ich ankomme, ehrlich gesagt. Ich habe was zu erzählen. Die Leute kommen her, ich erzähle ihnen was, da will ich doch nicht ankommen. Ich bin übrigens schon da, ich muss gar nicht ankommen.“ Kommt es nicht genau darauf an im Film, wenn er das Leben spielen will?

Auch Rainer Simon machte nach seinem Regiestudium in Potsdam alles mit, was die Filmkunst, ja die Kultur in der DDR über Jahrzehnte hinweg ausmachte. Die Hoffnung. Die Zensur. Die Improvisation.

  • Die Hoffnung: Die Mauer war gerade erst gebaut, da gründete Rainer Simon ein Kollektiv 63, das das Leben der Jugend filmisch neu zeigen wollte, ein Leben mit Hoffnungen, Ängsten und Grenzen. „Wir wollten Gegenwartsfilme über die DDR drehen – also realistische, nicht über eine erwünschte Realität, die es gar nicht gab“, erzählt der Regisseur. Doch die Realität wurde auch für ihn schnell eine andere.
  • Die Zensur: Gleich der erste Film von Simon, die Romanverfilmung des Nachkriegskrimis „Die Moral der Banditen“ wird nach dem berüchtigten 11. Plenum, auf dem das ZK die SED 1965 die Freiheit der Kunst kaputtschlägt, verboten. Über Nacht werden die Jugendlichen, die eine Nachkriegsgang auf Kriegsrachefeldzug spielen sollten, vom Dreh ausgeladen. Anarchisten soll es in der DDR nicht geben, nicht mal im Kino. Später geschah Simon das Gleiche noch einmal mit „Jadup und Boel“, einer in der Altmark angesiedelten Parabel auf den Aufbau des Sozialismus auf den Trümmern der Vergangenheit. Am Ende wurden mehr als 20 Filme der Defa verboten.
  • Die Improvisation: Sie lebte von den Schauspielerinnen und Schauspielern, von jenen mit einem eigenen Kopf für ihre Charaktere: Käthe Reichel, Kurt Böwe, Katrin Sass, Eberhard Esche, Manfred Krug. Sie schrieben zum Teil die Drehbücher um, warfen ihr eigenes Leben in die Rollen hinein. Und sie flüchteten sich vor der Zensur in Gesten und Gesichtsausdrücke oder in vermeintlich Unverfängliches, in dem sich die Leute verfangen lassen konnten: Historienfilme, Romanzen, die berühmten Defa-Märchen vom kleinen Muck bis zu den schon klassischen „Drei Haselnüssen für Aschenbrödel“.
Ein Klassiker für jedes Kind nicht nur der DDR: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“
Ein Klassiker für jedes Kind nicht nur der DDR: „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“

© picture alliance / WDR/Degeto

„Bei den Märchen haben wir uns richtig ausgetobt, und wir wollten auch, dass Kinder auf spielerische Weise denken lernen“, erzählt Rainer Simon. In seinem Märchenfilm „Wie heiratet man einen König“ schrieb Käthe Reichel erst mal ihre Rolle um, damit die von ihr gespielte Frau eine stärkere wurde, und Eberhard Esche und Cox Habbema reizten als König und Bauerstochter ihre eigene frische Verliebtheit vor der Kamera aus, das Filmen der Hochzeit endete in einem dreitägigen Gelage. Simon schwärmt noch heute: „Wenn wir gedreht haben, waren wir frei.“

Den Himmel wenigstens können sie uns nicht zerteilen

Aus dem Defa-Film „Der geteilte Himmel“

Wie filmt man zwischen den Zeilen? Das wurde schnell zum bestimmenden Topos der Defa, wie sich in unzähligen Filmen zeigte, die ins künstlerische Erbe Deutschlands eingegangen sind, selbst wenn sie viele Westdeutsche noch immer nicht kennen. „Der geteilte Himmel“ nach dem Buch von Christa Wolf, in dem der Satz fällt: „Den Himmel wenigstens können sie uns nicht zerteilen.“ Die legendäre „Legende von Paul und Paula“ natürlich, die aus Angelica Domröse und Winfried Glatzeder so etwas wie Weltstars zwischen Erzgebirge und Kap Arkona machte.

Honecker verhinderte Rühmann in der Hauptrolle

„Solo Sunny“ über eine Sängerin, die auf den Hinterhöfen von Prenzlauer Berg nach der wahren Liebe sucht und aus dem Fenster sieht, wie das alte Berlin für sozialistische Neubauten weggesprengt wird. „Jakob der Lügner“, der eindringlichen Spielfilm über die Shoah, der der DDR die einzige Oscar-Nominierung einbrachte und in dessen Hauptrolle eigentlich Heinz Rühmann spielen sollte, was schließlich Staats- und Parteichef Erich Honecker persönlich verhinderte. Auch Dokumentationen wie „Leben in Wittstock“ von Volker Koepp, die die Menschen so präzise wie fein aufzeichneten. Und sowieso „Die Spur der Steine“ über eine rebellische Arbeiterbrigade, in der Manfred Krug, der später in den Westen ausreisen sollte, als Schauspieler brillierte und im Film zu einer Frau sagt: „Ich wollte Sie ins Kino einladen. Mit Ihnen würde ich mir sogar einen Defa-Film angucken.“

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Ja, manche Filme waren wirklich nicht zum Mitansehen. Propagandastreifen, in denen alle Wege zum Sozialismus führten. Jugendstreifen, in denen die Darsteller so harmlos waren wie ihre heile gezeichnete Welt. Dokumentationsstreifen wie „Unser Berlin“ über die Hauptstadt der DDR und ihre Grenzsoldaten am Brandenburger Tor, „wo man des Friedens Sache hütet gegen das Räubergezücht“.

Die Traumfabrik für viele Ostdeutsche stand trotzdem in Hollywood

Aber ohne den Westen ging es im Osten nicht, auch nicht im Film. Beim Drehen brauchte es moderne Kameras und in der Dämmerung die robusten Filme von Fuji aus kapitalistischer Produktion – und auch viele Inspirationen gewann das ostdeutsche Kino drüben bei Kassenschlagern wie „Die drei Musketiere“, „Star Trek“ oder „Dirty Dancing“, die mit Verspätung auch in den Ostkinos liefen und dort für Menschenschlangen in Südfrüchteladenlänge sorgten. Die größte Traumfabrik auch für viele Ostdeutsche stand in Hollywood, nicht in Babelsberg.

Selten nur, aber dafür in heftiger Umarmung, trafen sich beide Welten in einer, fast schon filmreif. So wie am 9. November 1989, als nach der Premiere des ersten DDR-Schwulenfilms „Coming Out“ in der Nacht die Mauer aufging und die versammelte Premierenschar aus dem Kino „International“ gen Westen zog. Oder auch bei Rainer Simons Erfolgsfilm „Die Frau und der Fremde“ über das Liebesleben einer Frau zwischen zwei Männern, der 1985 als einziger DDR-Film den Goldenen Bären als bester Film bei der Berlinale gewann, nebenan weit weg in West-Berlin.

Ein historischer Stoff, angesiedelt zwischen den Weltkriegen, mit Theaterdialogen und wechselnden Farben zwischen Schwarz-Weiß und Sepia. „Zwei Themen waren mir immer am wichtigsten: das Verhältnis des Einzelnen zur Macht – und die Chancen des Einzelnen, verantwortungsvoll zu leben“, sagt Simon heute und schweigt kurz, um diesen Worten hinterherzuhören. Sie könnten aus einem seiner Filme sein.

Die DDR ist längst nicht auserzählt

Nach der Vereinigung, die nach dem Happy End der DDR, dem Mauerfall, eine von vielen unerwartet abrupte Fortsetzung fand, verloren sich auch die Spuren der Defa im Taumel der Geschichte. Die Filmfabrik wurde verkauft, der Name getilgt. Das cineastische Erbe wird heute von der Defa-Stiftung verwaltet, digitalisiert und gepflegt.

Die DDR selbst ist aber längst nicht auserzählt, mancher in vielen Menschen verborgene Ton muss noch zum Klingen gebracht werden. Serien wie „Weißensee“ oder Filme wie „Gundermann“ versuchen, frühere Zwischenräume mit Facettenvielfalt abzubilden, oft genug mit einstigen Defa-Darstellern in den Charakterrollen – daneben gingen die Nostalgie-Kassenschlager der Einheit wie „Good bye Lenin“ und „Sonnenallee“ sowie der Oscar-Gewinner „Das Leben der Anderen“ ins Gedächtnis auch des Westens ein.

Am Ende hat wohl Rainer Simon recht, wenn er heute, 75 Jahre nach Gründung der Defa, feststellt: „Die besten Filme über die DDR wurden in der DDR gemacht.“ Oder wie es im Lied heißt, zu dem Paul und Paula zwar nicht Arm in Arm, aber schon Auge in Auge tanzen: Manchmal gefällt mir ein Ort. Wo ich gedankenlos saß.

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