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Joannes Kraft ist Vize-Chef der Pankower CDU. Er zieht erstmals ins Berliner Abgeordnetenhaus ein.

© Foto: Tobias Koch

CDU-Politiker besiegt AfD in Berlin-Pankow: Haben Sie nach rechts geblinzelt, Herr Kraft?

Der CDU-Politiker Johannes Kraft hat den AfD-Kandidaten in seinem Berlin-Wahlkreis im Pankower Norden überraschend besiegt. Wie ist ihm das gelungen? Ein Interview über Politik für den Stadtrand – und warum das Auto dort weiter wichtig ist.

Es war ein Start von Platz drei, am Ende ein klarer Sieg: Der CDU-Politiker Johannes Kraft hat bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus ein Direktmandat im rot-grün dominierten Pankow gewonnen. Der 44-Jährige vertritt nun Karow, Buch und einen Teil von Französisch Buchholz im Berliner Parlament – quasi den Stadtrand. Ein Gespräch mit Blick über den S-Bahnring hinaus.

Sie haben der AfD das Direktmandat im Pankower Norden abgenommen – wie ist Ihnen das Ihrer Meinung nach gelungen?
Durch das, was man Bürgernähe nennt. Ich bin quasi sozialisiert worden in Karow, wo ich seit 1995 wohne, kenne Leute und Brennpunkte deshalb sehr gut. Ich habe nicht erst im Wahlkampf begonnen, den Menschen auf den Mund zu schauen, sondern schon vor 15 Jahren.

Und jetzt dabei kein bisschen nach rechts geblinzelt?
Meine Partei und ich haben getan, was wir immer getan haben: die drängendsten Probleme – oder besser: Herausforderungen -  thematisiert. Das betrifft vor allem die mangelnde Infrastruktur für Straße und Schiene. Das hat doch nichts mit rechts und links zu tun.

Gerade sind Buch und Karow wegen Straßenbauarbeiten zugestaut…
Wege, für die man sonst zehn Minuten braucht, dauern jetzt bis zu eine Stunde. Nicht nur deshalb wird endlich der Autobahnanschluss für Karow/Buch gebraucht, so wie in unserem Verkehrskonzept gefordert. Täglich 75.000 Pendler, die sich durch den Pankower Norden quälen, darf man nicht einfach abhängen. Zudem sollen hier 10.000 neue Wohnungen in den kommenden Jahren gebaut werden. Da reicht es nicht, an die Züge der S-Bahnlinie 2 zwei Waggons ranzuhängen oder gar erst nach 2038 über eine Lösung nachzudenken – wie es Rot-Rot-Grün wollte.

Apropos Rot-Rot-Grün. In der Innenstadt stand unter Rot-Rot-Grün das Fahrrad im Mittelpunkt der Verkehrspolitik. Sie setzen weiter draußen aufs Auto?
Bei uns können viele nicht darauf verzichten. Der Weg zur Kita, zum Einkaufen oder zum Bahnhof ist teilweise so weit, dass man ihn nur mit dem Auto zurücklegen kann. Hier gibt’s eben nicht an jeder Ecke einen Späti. Dennoch muss fürs Fahrrad gerade in den Außenbezirken mehr getan werden. Während im innerstädtischen Bereich drei Meter breite – man kann fast sagen goldene – Wege angelegt werden, fehlt hier die Infrastruktur teilweise völlig. Das Radfahren zwischen Karow und Buch kann man keinem ernsthaft zumuten.

Was schlagen Sie vor?
Es muss Angebote für alle geben, also mehr Park-and-Ride-Plätze und mehr Fahrradabstellplätze. Es geht dabei nicht um ein Entweder-oder. Wenn Angebote da sind, werden sie auch genutzt. Allerdings hat es zum Beispiel das Bezirksamt Pankow seit 2012 nicht geschafft, am Bahnhof Karow mehr Fahrradbügel zu montieren. Dafür wurden letztens 800 Meter Radweg mit grüner Farbe angemalt. Die 50.000 Euro dafür wären an anderer Stelle gut investiert gewesen.

Bis 2026 soll es den Panke-Trail geben, den Radschnellweg von Karow über Prenzlauer Berg nach Mitte. Wie stehen Sie dazu?
Grundsätzlich positiv. Nur profitiert etwa kein Karower davon, weil er nach gegenwärtiger Planung gezwungen wäre, zickzack zu fahren.

Das können Sie ja nun statt in der BVV im Abgeordnetenhaus zur Sprache bringen. Haben Sie schon ein Fachgebiet?
Ich habe mich bislang um die Themen Verkehr, Stadtentwicklung und Bauen gekümmert – das würde ich auch weiter gern tun.

Warum ging das nicht weiter in der Bezirksverordnetenversammlung?
16 Jahre Kommunalpolitik haben viel Freude gemacht. Aber im Laufe der Zeit erkennt man schon die Grenzen der BVV, wenn sich der Senat zum Beispiel über ihre Beschlüsse hinwegsetzt.

Ein Wort zur Bundespolitik. Haben Sie gehofft, dass Ihre Partei nach der Wahl doch noch weiterregiert?
Die Hoffnung soll man zwar nicht aufgeben. Aber das Regieren um des Regierens Willen scheint mir kein guter Ansatz zu sein. Demokratie-theoretisch ist meiner Meinung nach eine klare Unterscheidbarkeit zwischen den Volksparteien notwendig. Das hätte in einer Dreier-Konstellation wie Jamaika kaum geklappt. Deshalb ist Opposition nicht so schlecht.


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