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Will den Härtefallfonds aufstocken: Raed Saleh, Fraktionsvorsitzender der SPD

© dpa / Foto: dpa/Carsten Koall

Wie viel Geld? Wofür? Und für wen?: SPD, Grüne und Linke streiten über Höhe der Krisen-Hilfen für Berlin

Vor der Koalitionsklausur ist sich die Regierung uneins. Raed Saleh fordert, eine Summe festzulegen, die Grünen wollen auf den Bund warten - und erst entscheiden, wofür Geld ausgegeben wird, nicht, wie viel.

Wie viel Geld? Wofür? Und für wen überhaupt? Vor der Klausur der rot-grün-roten Koalition am Freitagvormittag streiten SPD, Grüne und Linke erbittert darüber, wie den Berlinern in der Krise geholfen werden soll. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh bekräftigte am Mittwoch seine Forderung, die finanzielle Unterstützung müsse „auf mindestens eine Milliarde Euro“ aufgestockt werden.

Er sieht seine Forderung durch die am Dienstag von Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) verkündeten Einnahmeüberschüsse bestätigt. „Der Bund und auch das Land sind aktuell Krisengewinner“, sagte Saleh. Ein Teil des zusätzlich eingenommenen Geldes müsse an die Menschen zurückgegeben werden.

Finanzsenator Wesener hatte am Dienstag erhebliche Mehreinnahmen von rund 2,3 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2022 verkündet. Allerdings dämpfte er die Erwartungen an einen vergrößerten finanziellen Spielraum. Er verwies darauf, dass die Ausgaben sich im zweiten Halbjahr deutlich erhöhen würden. Zudem sei das Steueraufkommen der ersten Jahreshälfte „erheblich überzeichnet“.

Finanzielle Hilfen auch durch Verzicht auf Sondertilgungen?

SPD-Fraktionschef Saleh hält eine Aufstockung des bislang mit 380 Millionen Euro ausgestatteten Härtefallfonds für notwendig. Eine Erhöhung der finanziellen Hilfe könne nicht nur durch Mehreinnahmen erfolgen. Auch durch den Verzicht auf Sondertilgungen von Schulden sei dies möglich. „Der ständig ermahnende Zeigefinger der Grünen hilft nicht“, kritisierte er. Den Menschen, die unverschuldet in diese Krise geraten seien, zu Waschlappen und Katzenwäsche zu raten, sei nicht fair.

 Der ständig ermahnende Zeigefinger der Grünen hilft nicht.

Raed Saleh, SPD-Fraktionschef

Nach Ansicht Salehs könne über konkrete Maßnahmen des Landes erst entschieden werden, wenn der Bund sein Hilfspaket vorgestellt hat. „Aber die Summe, mit der das Land unterstützen wird, können wir jetzt schon festlegen.“

Grüne halten Vorschlag für „unseriös“

Grünen-Co-Fraktionschef Werner Graf sieht das anders: „Für uns gilt Inhalte vor Zahlen, daher ist es falsch, erst zu sagen, wie viel man ausgeben will und erst danach zu überlegen für was. Letzteres ist unseriös.“ Graf warf dem Koalitionspartner eine Gießkannenpolitik vor.

Zu viele frühzeitige Festlegungen schließt er zudem aus, da noch unklar sei, welche Entlastungen der Bund für die Bürger auf den Weg bringen will. Die Entscheidung der Ampelkoalition wird erst im September erwartet. „Wir wollen gezielt helfen und nicht mit schnellen Heilsversprechungen Punkte machen, ohne zu wissen, was der Bund macht“, sagte Graf. Bei den Entlastungsmaßnahmen gelte Bund vor Land. Um die Lücken, die die Bundesregierung mit ihren Hilfen dabei lasse, müsse sich dann Berlin kümmern.

Ob es einen Nachtragshaushalt geben wird, ist noch unklar

Erwartet wird, dass die Ampel mit ihrem Paket nicht zuletzt Transferempfänger in den Blick nimmt. Eine vorschnelle Unterstützung von Sozialhilfeempfängern durch das Land mache daher keinen Sinn, erklärte Graf. Die Grünen wollen daher jene unterstützen, die zwar keine staatlichen Leistungen beziehen, deren kleine Einkommen durch die rasant steigenden Kosten für Energie jedoch regelrecht aufgezehrt werden. Ob dafür auch ein Nachtragshaushalt nötig sein wird, will Graf nicht bejahen. Mit seinem Parteikollegen, Finanzsenator Daniel Wesener, teilt er die Sorge, dass zu hohe Ausgaben dem Land langfristig die finanziellen Spielräume nehmen könnte.

Der haushaltspolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Steffen Zillich, stellt eine andere Prognose auf. Er rechnet mit „eher zwei Milliarden Euro“ Mehreinnahmen im gesamten Jahr 2022. „Das deutliche Plus gegenüber der Planung sollten wir dafür nutzen, die Hilfe für Menschen mit geringen Einkommen zu erhöhen“, fordert er.

Allerdings verweist auch er auf den Bund, auf dessen Maßnahmen man warten müsse, bevor Berlin Maßnahmen treffen könne. Solange das Paket des Bundes nicht beschlossen wurde, sehen also Linke sowie Grüne Berlins Möglichkeiten begrenzt. SPD-Fraktionschef Saleh erwartet mit Blick auf Freitag trotzdem „ein klares Bekenntnis zur Hilfe“.

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