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Der Kochboxversand Hellofresh hatte im zweiten Quartal 2022 weniger Kunden als im ersten.

© Hello Fresh / Ryan Dinham

Weniger Umsatz beim Berliner Konzern: Hellofresh meint, dass Beschäftigte keinen Betriebsrat wollen

Die Geschäftsführung reagiert auf Vorwürfe von Verdi-Gewerkschaftern. Im zweiten Quartal verdiente das Dax-Unternehmen weniger Geld als im ersten.

Der Berliner Kochboxenversand HelloFresh wehrt sich gegen Vorwürfe der Gewerkschaft Verdi. Der börsennotierte Konzern hat im zweiten Quartal dieses Jahres Kund:innen verloren und weniger Gewinn gemacht. Dennoch stieg die Aktie am Montag leicht.

In der vergangenen Woche warf Verdi dem Unternehmen vor, die Gründung eines Betriebsrates zu behindern und legte Klage ein. Die Geschäftsführung reagierte nun und wies die Darstellung gegenüber dem Tagesspiegel entschieden zurück: "Das Wohl unserer Mitarbeitenden steht bei Hellofresh an oberster Stelle und wir legen großen Wert auf ihre Beteiligung und Mitbestimmung", teilte Sprecherin Saskia Leisewitz mit.

Die Mitarbeitenden haben auf demokratische Art und Weise zum Ausdruck gebracht, dass sie mehrheitlich nicht möchten, dass bei Hellofresh in Berlin ein Betriebsrat implementiert wird.

Hellofresh-Sprecherin Saskia Leisewitz

Bei einer Betriebsversammlung im Juni hatte sich keine Mehrheit für einen Wahlvorstand gefunden, weil viele Beschäftigte ungültig votiert oder sich enthalten hatten. Die Sprecherin sieht darin ein Votum gegen einen Betriebsrat: „Die Mitarbeitenden haben auf demokratische Art und Weise zum Ausdruck gebracht, dass sie mehrheitlich nicht möchten, dass bei Hellofresh in Berlin ein Betriebsrat implementiert wird. Diese Entscheidung hat Hellofresh weder erzwungen noch manipuliert.“

Der Grund für diese Mehrheit, meint Leisewitz, sei das Betriebsverfassungsgesetz, das aufgrund seiner „Komplexität und Unflexibilität“ von den meisten Beschäftigten abgelehnt werde. Mitarbeiter:innen, die im Durchschnitt nur 1,5 Jahre bei Hellofresh blieben, hätten wenig Interesse an einem Betriebsrat, der alle vier Jahre gewählt wird. Außerdem sei der „organisatorische Aufwand“ des gesetzlich reglementierten Wahlverfahrens eine „Belastung“.

Besonders problematisch sei, dass ein Betriebsrat eine Mitbestimmung bei der Softwareentwicklung hätte: Ein „schnell wachsendes Technologieunternehmen“ könne nicht „mehrere Wochen auf Entscheidungen von einem Gremium warten, welches im Zweifelsfall nicht mit der Technologie vertraut ist. Diese Entscheidungen outzusourcen und das Maß an Agilität zu verlieren, empfanden viele Mitarbeitende als Risiko.“

Umsätze sind gesunken, Kosten gestiegen

Am Montag legte die Geschäftsführung auch ihren Bericht für das zweite Quartal vor. Im Vergleich zum ersten Quartal sank die Zahl der Kund:innen um 500.000 auf acht Millionen.

Konzernchef Dominik Richter gab sich unbeeindruckt: „Das zweite Quartal ist erfahrungsgemäß immer schwächer als das erste“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur zufolge am Montag in einer Telefonkonferenz. Im vergangenen Jahr habe der Dax-Konzern noch davon profitiert, dass Menschen wegen der Coronapandemie häufiger zu Hause waren und deshalb Kochboxen bestellten.

In den USA sank die Kunden:innenzahl vom ersten zum zweiten Quartal um etwa 220.000, in den restlichen Märkten waren es zusammen etwa 300.000. Auch die Summe der Bestellungen ging zurück: Waren es im Auftaktquartal noch rund 34,6 Millionen, zählte Hellofresh jetzt noch knapp 32,3 Millionen.

Erschwerend hinzu kamen höhere Kosten. Die Preise von Lebensmitteln und Zutaten sind ebenso gestiegen wie die Logistikkosten. Doch auch der Ausbau der Produktionsstätten und die damit verbundenen Einführungs- und Anlaufbeträge hätten sich bemerkbar gemacht, sagte Richter.

Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebitda) ging um 7,5 Prozent auf 145,9 Millionen Euro zurück. Die Geschäftsführung hatte ihre Jahresprognose bereits zuvor gesenkt, was viele Aktionäre offenbar beruhigte. Die Aktie stieg am Montag leicht, um 13:55 Uhr lag der Kurs bei 31,78 Euro. Die Deutsche Bank Research empfiehlt weiterhin den Kauf und beließ das Kursziel bei 70 Euro.

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