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Ingo Bach und Leif Erik Sander von der Charité stellten sich Ihren Fragen zum Impfen

© Foto: Tsp

Fragen und Antworten zum Impfen: „Wer nach drei Tagen noch Kopfschmerzen hat, sollte zum Arzt“

Sind wir bald durch mit den Impfungen? Wann sind Nebenwirkungen normal? Leif Erik Sander von der Charité und Tagesspiegel-Experte Ingo Bach haben Ihre Fragen beantwortet.

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Deutschland kommt beim Impfen mittlerweile gut voran, rund 22 Prozent der Bevölkerung hat mindestens eine Spritze erhalten. Für den Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoff-Forschung der Charité, Leif Erik Sander, ist das ein gutes Zeichen. „Dass wir vier hoch effektive Impfstoffe in der EU zugelassen haben, ist ein großer Erfolg“, sagte er am Donnerstagabend. Gemeinsam mit unserem Gesundheitsexperten Ingo Bach beantwortete er Fragen von Abonnent:innen.

Vor allem zur Impfung mit dem in die Kritik geratenen Impfstoff des Herstellers Astrazeneca wollten Tagesspiegel-Leser:innen mehr wissen. Im Livestream auf tagesspiegel.de konnten sie ihre Anliegen rund um das Thema Impfen loswerden. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten:

Sind wir in Deutschland bald durch mit den Impfungen?

In Berlin kann sich nun jeder, der das möchte, mit dem Mittel von Astrazeneca impfen lassen. Das hatte der Senat am Donnerstag bekannt gegeben. Die Impf-Priorisierung in Deutschland soll im Juni fallen. „Es geht ganz schön schnell voran“, sagt Tagesspiegel-Redakteur Ingo Bach. Er sagt aber auch: „Die Impfquoten gehen wieder zurück.“ Vor ein, zwei Wochen sei in Deutschland so viel geimpft worden wie noch nie, in dieser Woche aber wieder weniger.

Wann sich die Impfungen auf die Infektionszahlen auswirken, sei noch unklar. „Man geht davon aus, dass man schon ab 50 Prozent Impfquote erste Effekte sieht. Das könnte im Sommer soweit sein“, sagt Bach. „Zur Herdenimmunität (70 Prozent Impfquote) ist es noch ein weiter Weg.“

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Sollten sich jüngere Mensch ohne Vorerkrankungen mit Astrazeneca impfen lassen? 

Es bestehe eine geringe Wahrscheinlichkeit, an Hirnvenenthrombosen zu erkranken, erklärt Leif Erik Sander von der Charité. Am größten sei dieses Risiko für Frauen in der zweiten und dritten Lebensdekade. Da liege es bei 1:50.000. Für Männer sei das Risiko deutlich geringer. „Das ist eine Abwägung, die jeder für sich selbst treffen muss“, sagt Sander.

„Wir haben momentan hohe Inzidenzzahlen und viele auch junge Menschen auf den Intensivstationen.“ Wenn man also erst im Sommer eine andere Impfung erhalten würde, sei es durchaus plausibel, sich für Astrazeneca zu entscheiden. Für Menschen über 60 Jahren sei das Risiko für eine Hirnvenenthrombose verschwindend gering.

Wer sich nun mit Astrazeneca impfen lassen will, beeilt sich besser, rät Tagespiegel-Expert Ingo Bach. Berliner Ärzte haben momentan 20.000 Dosen des Impfstoffs vorrätig. Nachschub sei erst wieder für Anfang Mai geplant.

Wie wirksam ist eine Zweitimpfung mit Moderna oder Biontech, wenn beim ersten Mal Astrazenca gespritzt wurde?

Charité-Experte Leif Erik Sander rät sogar dazu, zwei unterschiedliche Impfstoffe (mRNA und Vektor) zu nutzen. Erste Untersuchungen weisen darauf hin, dass dies eine stärkere Immunabwehr hervorrufe. Das betrifft nun vor allem jüngere Menschen, die nach der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) keinen Astrazeneca-Impfstoff mehr erhalten sollen.

Ist eine Impfung nach einer Infektion mit dem Coronavirus sinnvoll – noch dazu wenn man an Long-Covid-Symptomen leidet? 

Der Schutz einer durchgemachten Erkrankung sei vergleichbar mit der einer Impfung, sagt Sander und bezieht sich dabei auf Studien aus Großbritannien. Empfohlen werde deshalb, dass erst sechs Monate nach einer Infektion geimpft wird - und dann nur einmal. Es gebe auch erste Hinweise darauf, dass Symptome einer Long-Covid-Erkrankung durch die Impfung besser werden.

Wann wird der Impfstoff des Herstellers Johnson & Johnson in Berlin verfügbar sein?

Momentan erfolge die Auslieferung des Impfstoffs an die EU. Wann er in Berlin eintrifft, sei noch unklar. 

Vier Tage nach der Impfung mit Astrazeneca noch starke Kopfschmerzen – was tun bei solchen Nebenwirkungen?

„Wenn Sie drei Tagen nach der Impfung immer noch oder wieder Kopfschmerzen und grippale Symptome haben, sollten Sie eine Notaufnahme aufsuchen“, rät Sanders. Drei Tage lang seien solche Nebenwirkungen aber durchaus üblich und kein Grund zur Sorge. Die sehr seltenen Thrombosen können auch noch nach 18 Tagen auftreten. Auch Übelkeit und Einblutungen unter der Haut seien Hinweise darauf. Dann gelte es, keine Zeit zu verlieren und sofort zu einem der großen Krankenhäuser (Charité oder Vivantes) zu fahren. Dort seien die Diagnosemöglichkeiten besser.

Was ist über Nebenwirkungen und Todesfälle nach Biontech-Impfungen bekannt?

„Der Impfstoff von Biontech wirkt und die Sicherheit ist exzellent“, sagt Sander. Die Daten seien beeindruckend. Es gebe extrem seltene Nebenwirkungen (1:1.000.000), wobei ein Zusammenhang zur Impfung noch nicht einmal bewiesen sei. Bei Geimpften sei Blutplättchen-Mangel festgestellt worden.

Für bestimmte Gruppen könnten sich Vektorimpfstoffe wie der von Astrazeneca besser eignen. Kleinere Studien hätten gezeigt, dass die Immunantwort von Menschen mit Immunschwäche auf mRNA-Impfstoffe (Biontech) schwächer war. „Es könnte sich herausstellen, dass da der Vektorimpfstoff besser wirkt“, sagt Sander.

Welcher Impfstoff ist für Menschen im Alter von 18 Jahren zu empfehlen? 

Charité-Experte Leif Erik Sander empfiehlt 18-Jährigen und generell jüngeren Menschen die mRNA-Impfstoffe von Biontech oder Moderna. Die Wahrscheinlichkeit einer Hirnvenenthrombose sei zwar gering, aber wieso das Risiko eingehen. „Wir haben zwei unterschiedliche Impfstoffe und mRNA ist da sicherer“, sagt er. „Wenn ein Impfstoff nicht verfügbar ist, kann die Abwägung anders aussehen.“

Können Impfstoffe an alle Coronavirus-Mutationen angepasst werden?

Kann die Verbreitung weiterer Mutationen den Impferfolg in Deutschland zunichte machen? Hier kann der Charité-Experte beruhigen: „Es gibt Mutationen, die haben Veränderungen in den Spike-Proteinen, da sind Bausteine ausgetauscht. Und dann wirken Antikörper schlechter“, sagt er. Das bedeute aber nicht, dass dadurch der Impfschutz aufgehoben wird. „Impfstoffe lösen eine komplexe Immunantwort aus, die besteht nicht nur aus Antikörpern“, sagt er. „Wir fangen dann nicht wieder bei Null an.“

Verbreiten sich neue Mutationen, gegen die Impfstoffe schlechter wirken, erkranken wieder mehr Menschen trotz Immunisierung, erklärt Sander. Entscheidend sei aber, ob sie schwer krank werden. Da sei er optimistisch, dass dies nicht passieren wird. Und: „Die Hersteller passen die Impfstoffe schon an“, sagt er. Vor allem bei den mRNA-Impfstoffen ginge das schnell.

Wann ist die Impfung für Kinder absehbar? 

Die Studien laufen. Biontech habe mitgeteilt, dass der Impfschutz bei Jugendlichen bei 100 Prozent liege. Wann die Studien zu Kindern abgeschlossen werden sind, sei noch unklar. Aber wohl frühestens im Herbst, schätzt Sander.

Wann nach der Impfung ist man gegen das Coronavirus immun? 

„Der Impfschutz besteht nicht gleich am ersten Tag nach der Impfung“, sagt Sander. Die Immunantwort sei kompliziert und baue sich langsam auf. Bei den mRNA-Impfstoffen gehe das erstaunlich schnell. Nach 12 bis 14 Tagen sei ein messbarer Effekt da. Nach der Erstimpfung bestehe dann ein circa 50-prozentiger Schutz. Bei einer Impfung mit Vektorimpfstoffen könne es länger dauern – bis zu drei oder vier Wochen.

Müssen Geimpfte in Quarantäne?

Noch ja, sagt Tagesspiegel-Redakteur Ingo Bach. Bald könnte es Zertifikate für Geimpfte geben, die ihnen Rechte zurückgeben. Aber noch gelte: Wer geimpft ist und Kontakt zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person habe, müsse so wie alle anderen in Quarantäne.

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