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Unser Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und berichtet in dieser Kolumne von seiner Arbeit.

© Grafik: Tagesspiegel | Foto: privat. Illustrationen: freepik

Der Kinderdok klärt auf: So behandeln Sie die Kleinsten bei Heuschnupfen

Die Heuschnupfensaison hat angefangen und wirft im Pandemiejahr ganz neue Fragen auf. Unser Experte weiß Rat.

Der Winter ist vorbei, die Heuschnupfenzeit beginnt. Ein Fließschnupfen und Bindehautentzündung nährt den Verdacht auf Corona, das Kind kann nicht betreut werden. Doch falscher kann man gar nicht liegen: Diese Symptome sind bei Covid-19 eher selten.

Der Heuschnupfen hat im Kindes- und Jugendalter stark zugenommen. Klimaerwärmung, Luftverschmutzung, fehlende Sensibilisierung mit den Allergenen sind dafür verantwortlich.
Der Heuschnupfen hat im Kindes- und Jugendalter stark zugenommen. Klimaerwärmung, Luftverschmutzung, fehlende Sensibilisierung mit den Allergenen sind dafür verantwortlich.

© IMAGO

Wer unsicher ist, ob tatsächlich Pollen die Ursache für den eigenen Heuschnupfen sind, kann in der Arztpraxis einen Pricktest machen lassen, dabei werden geringe Mengen von Allergenen in Wasser gelöst, unter die Haut geritzt, ausreichend für eine leichte lokale Reaktion, zu wenig für eine echte Allergie.

Der Heuschnupfen hat im Kindes- und Jugendalter stark zugenommen. Klimaerwärmung, Luftverschmutzung, fehlende Sensibilisierung mit den Allergenen sind dafür verantwortlich. Die Kinder gehen weniger in die Natur, in der Luft fliegen neue Pollen – eingeschleppt durch exotische Pflanzungen und Import. Auch eine flotte Theorie: Es gibt weniger Parasiten, mit denen sich der Körper auseinandersetzen muss, wir leben alle zu sauber, zu klinisch rein. Das Immunglobulin E, welches über Jahrtausende in unseren Organismen verantwortlich war für die Abwehr von Würmern, hat nicht mehr genug zu tun und sucht sich andere Angriffspunkte. Das würde erklären, warum es in hochtechnologisierten Ländern mehr Allergien gibt, in armen Ländern so wenige.

Wer unsicher ist, was die Ursache für seinen Heuschnupfen ist, kann in der Praxis einen Test machen lassen.

Der Kinderdok

Zwei oder drei Saisons beobachten wir den Heuschnupfenverlauf, manche Jahre mögen weniger belastend sein als andere, dann fällt die Entscheidung für eine Therapie. Bei der Hyposensibilisierung injizieren wir Pollen in starker Verdünnung unter die Haut, damit sich der Organismus auch außerhalb der Saison an die allergisch wirksamen Stoffe gewöhnen kann, ähnlich einer Impfung. Den genauen Mechanismus der „Hypo“ kennt man noch nicht, aber sie wirkt: Konsequent verabreicht, kann der Patient über mehrere Jahre während der Pollensaison beschwerdefrei bleiben. Bei anderen reduziert sich immerhin die Symptomatik, bei wenigen funktioniert die Behandlung jedoch nicht. Wir sensibilisieren pro Jahr ungefähr zehn junge Patienten neu, mit denen, die bereits im zweiten oder dritten Jahr kommen, sind das bis zu 30 Hypo-Patienten. 20 bis 25 werden über Jahre beschwerdefrei bleiben. Fragen Sie eine Schülerin im Mai, welchen Wert diese Behandlung hat!

Allergiker lüften am besten nur nach einem Regenguss.
Allergiker lüften am besten nur nach einem Regenguss.

© dpa / Christin Klose

Allen anderen bleiben Nasen- und Augentropfen. Dabei verhindern die Medikamente die Ausschüttung der körpereigenen Triggerstoffe für die Allergie oder reduzieren über Blockade der Rezeptoren die Symptome. Effektiv, aber leider zu Unrecht verpönt: lokale Cortison-Sprays, diese dämpfen die überschießende Immunantwort an den Schleimhäuten. Ihre Dosis ist so gering, dass keine Nebenwirkungen entstehen.

Allergenkarenz ist jedoch der erste Schritt der Behandlung: Wer so schlau ist und abends duscht, Haare wäscht und die Kleider außerhalb lagert, holt sich erst gar keine Pollen in die Wohnung. Gleiches gilt für Lüften nach einem Regenguss. Allen anderen bleibt das Hoffen auf viele Regentage.

Noch radikaler schützt sich der heuschnupfengeplagte Patient, indem er im Freien eine Maske trägt oder einfach gar nicht erst nach draußen geht. Doch dann: siehe oben.

Unser Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und berichtet hier alle vier Wochen von seiner Arbeit.

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