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Das Team der Modenshow.

© privat/Arno

„Mode hat kein Geschlecht“: In Berlin findet die erste queere Modenschau statt

Der Butch*-Walk ist die erste queere Modenschau Berlins. Das Team spricht im Interview über Kleidung ohne Normen und die konservative Modewelt in Deutschland.

Carsta  (links im Bild) und Til sind das Kernteam des Kollektivs 100prozentdivers, das queere Modenschauen in Berlin veranstaltet. Unter dem Motto „Holzfällerhemd vs. Anzug“ findet die erste am 21. August im SO36 statt, worüber wir mit Til gesprochen haben.

Sie organisieren den Butch*-Walk, Berlins erste queere Modenschau. War es schwierig, Models zu finden? Eigentlich schließen sich Butch-Sein und Modeln doch kategorisch aus.
Total! Wenn eine Butch das Wort Modenschau liest, ist sie raus. Und eine richtige Butch würde auch niemals auf die Idee kommen, sich als Model zu bewerben.

Deshalb haben wir kein klassisches Casting nach dem Motto Germany’s Next Butch Model gemacht, sondern selbst Leute aus der Szene gefragt, ob sie mitmachen wollen. Uns geht es nicht darum, den nächsten Modetrend zu schaffen, sondern darum, bestimmte Normvorstellungen aufzubrechen.

Und wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Ich bin schon seit meiner Kindheit sehr modeaffin, Carsta hat Modedesign studiert und entwirft Upcycling-Kleidung. Queere Modenschauen kannte ich aus New York und London. In Berlin gab es das bisher nicht. In unserer Wahrnehmung ist die Modewelt in Deutschland sehr konservativ und noch immer stark in Männer und Frauen unterteilt, unabhängig von den eigentlichen Körpern.

Das ist schade. Ich habe zum Beispiel einen sehr männlichen Körper, sprich ich habe nicht sehr große Brüste, aber wahnsinnig breite Schultern. Jahrelang habe ich erfolglos versucht, passende Kleidung in der Frauenabteilung zu finden. Bis ich irgendwann realisiert habe: Wenn ich mir in der Männer-Abteilung ein Hemd und einen Blazer kaufe, dann sieht das tausendmal besser aus!

Langfristig wünschen wir uns, dass Menschen anziehen können, was sie möchten.

Til vom kollektiv 100prozentdivers

Wollen Sie mit der Modenschau auch dazu beitragen, dass sich gesellschaftlich etwas ändert, Kleidungsabteilungen bspw. nicht mehr in Frauen- und Männer unterteilt sind? Das wäre natürlich ein tolles Ziel. Langfristig wünschen wir uns, dass Menschen anziehen können, was sie möchten und z.B. männlich gelesene Personen nicht mehr blöd angemacht werden, wenn sie einen Rock tragen.

Die Modenschau findet im SO36 in Kreuzberg statt.
Die Modenschau findet im SO36 in Kreuzberg statt.

© promo

Kurzfristig würde es mir aber schon reichen, wenn Menschen zu unserer Show kommen und sich inspirieren lassen, kleidungstechnisch mutiger zu sein, mal etwas auszuprobieren. Und sich fragen, ob das, was sie tragen, auch das ist, was sie möchten. Ob es ihrem Sein entspricht oder nur dem, was von der Gesellschaft erwartet wird. Und da kann man viel von Butches lernen: Eine Butch trägt Holzfällerhemd oder Anzug, aber auch Leder-Klamotten, Uniform und Overall. Sie quält sich nicht in High Heels. An dem Abend feiern wir diese Attitüde und die Sexyness dieses Kleidungsstils. Wir wollen zeigen, wie schön und toll und empowernd Kleidung sein kann. Denn Mode hat kein Geschlecht!

Ist der typische Butch-Style denn wirklich so queer? Oder sind Holzfällerhemd und Anzug nicht schon wieder binäre Kleidungsstücke?
Wenn man Butches als Frauen sieht, die Männerkleidung tragen, dann hat das sicher etwas Binäres. Aber eine Definition der Butch ist, dass sie unabhängig von der Gesellschaft trägt, was sie tragen will — egal, für wen das Kleidungsstück gedacht ist. Maskulinität sollte nicht nur Cis-Männern offenstehen und wir wollen an diesem Abend alle feiern, die sich das Recht nehmen, sich so zu kleiden. Ich finde, sich gegen die Norm zu kleiden und der Freiheitsgedanke, der dahintersteckt, sind schon ziemlich queer.

Und woher kommt die Kleidung?
Es gibt leider (noch) keine Butch Mode-Labels in Deutschland. Wenn man im Internet nach queerer Mode sucht, dann findet man oft einfach nur T-Shirts mit Regenbogen drauf. Aber das ist keine Mode! Wir haben verschiedene Labels aus Berlin angesprochen, von denen wir dachten, dass sie zur Modenschau passen.

Es wird aber trotzdem keine klassische Fashion-Show, bei der sich Modelabels präsentieren und es vordergründig um Verkaufsaspekte geht. Verkaufsstände wird es bei uns nicht geben. Dafür aber ein spannendes Rahmenprogramm mit der Band Halfsilks und einer Performance der Dragstreet Boyz, von der After-Party ganz zu schweigen! Ein hoffentlich fulminanter Auftakt für weitere Veranstaltungen zum Thema queere Mode.

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