zum Hauptinhalt
Bei einer Demonstration in Rom gegen den Krieg in der Ukraine hat man eine klare Meinung zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin.

© Andrea Ronchini/NurPhoto via Getty Images (10.4.)

Tatort Ukraine – eine unvollständige Anklage: Diese russischen Kriegsverbrechen sind dokumentiert

Exekutionen, Bomben auf Zivilisten, Vergewaltigungen. Die Liste der Verbrechen von Putins Armee ist lang. Für jedes einzelne müsste er vor Gericht. Eine Dokumentation.

Am 24. Februar überfällt Russland die Ukraine. Das Moskauer Verteidigungsministerium erklärt, man werde weder Schläge auf Städte verüben noch die Bevölkerung bedrohen. Dass das Putin-Regime sich von Anfang an nicht daran hält, wird in den folgenden acht Kriegswochen offensichtlich.

Die UN haben mindestens 2104 getötete und 2862 verletzte Zivilisten dokumentiert. Wegen der schlechten Informationslage in Kampfgebieten sei die tatsächliche Zahl vermutlich deutlich höher. Unabhängige Medien berichten von Morden, Vergewaltigungen, Folter, Angriffen auf Wohnhäuser – Brüche des humanitären Völkerrechts.

Die ukrainische Generalstaatsanwältin ermittelt in mindestens 5800 Fällen zu russischen Kriegsverbrechen, 500 Verdächtige seien identifiziert. Auch der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag, Karim Khan, ist einbezogen. Die Ukraine hat zwar, wie Russland, das Rom-Statut – Vertragsgrundlage des IStGH – nicht ratifiziert, unterstützt aber Ermittlungen auf ihrem Gebiet.

US-Präsident Biden spricht von „Völkermord“ in der Ukraine

Russlands Streitkräften werden vielfach Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen, also systematische Verbrechen gegen Zivilisten. Einige Politiker und Experten erheben den Vorwurf des Genozids, die vorsätzliche vollständige oder teilweise Zerstörung einer nationalen oder ethnischen Gruppe. Neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj spricht inzwischen auch US-Präsident Joe Biden von Völkermord.

„Verstöße auf ukrainischer Seite“ sind ebenfalls dokumentiert, gerade im Umgang mit Kriegsgefangenen, wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kürzlich in einem Bericht festhielt. Die von Russland begangenen Verstöße seien aber „nach Art und Umfang weitaus schwerwiegender“.

Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa und der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Karim Khan besuchen ein Massengrab in Butscha.
Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa und der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Karim Khan besuchen ein Massengrab in Butscha.

© REUTERS/Volodymyr Petrov (13.4.)

Wer hat sie begangen? Der ukrainische Militärgeheimdienst hat hunderte Namen laut Kiew beteiligter russischer Militärs veröffentlicht. Auch darauf basierend haben die beiden früheren FDP-Bundesminister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (Justiz) und Gerhart Baum (Innen) Anfang April eine Strafanzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe eingereicht. Die 41-seitige Schrift benennt neben der politischen Führung um Wladimir Putin zahlreiche Militärbefehlshaber: 33 Einzelpersonen sowie 26 Streitkräfte-Einheiten samt Kommandeuren.

Langfristig liegen die Hoffnungen vieler auf Den Haag. Chefankläger Khan bezeichnet die ganze Ukraine als „Tatort“. Und Kriegsverbrechen verjähren nicht. Eine unvollständige Dokumentation.


24. Februar, Wuhledar: Angriff mit Streumunition auf Klinik

Bei einem Raketenangriff mit Streumunition wird das Krankenhaus des ostukrainischen Dorfs Wuhledar beschädigt. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kommen vier Zivilisten ums Leben, zehn werden verletzt.

Die vom Großteil der Weltgemeinschaft – allerdings nicht von Russland und der Ukraine – geächtete Munitionsart enthält eine Vielzahl von Sprengkörpern, die den Radius und die Tödlichkeit der Attacke vergrößert. Die Weltgesundheitsorganisation dokumentiert bis Anfang April mehr als 100 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen.

25. Februar, Ochtyrka: Angriff mit Streumunition auf Kindergarten

In der nordöstlichen Stadt Ochtyrka werden bei einem Raketenangriff mit Streumunition auf einen Kindergarten laut Amnesty International drei Zivilisten getötet, darunter ein Kind. Im Gebäude hatten Zivilisten Schutz gesucht. Drohnenaufnahmen zeigen mehrere Einschläge.

27. Februar, Staryj Bykiw: Hinrichtung von Zivilisten

Russische Soldaten treiben im Dorf Staryj Bykiw in der Region Tschernihiw sechs Männer zusammen und erschießen sie. Das berichtet eine Bewohnerin des Nachbardorfs Nowyj Bykiw Human Rights Watch. Eine Mutter sagt, sie habe ihren Sohn und einen weiteren Mann mit Kopfschusswunden und gefesselten Händen aufgefunden. Erst eine Woche später erlauben die Besatzer eine Beerdigung.

28. Februar, Charkiw: Angriff mit Streumunition auf Wohngebiet

Amnesty International dokumentiert drei Angriffe mit Streumunition in Charkiw. Die Salven schlagen im nördlichen Teil der Stadt ein und töten mindestens neun Zivilisten, darunter Kinder. Mindestens 18 weitere Personen werden verletzt. „Streumunition ist in Charkiw überall zu finden. Das ist die Munition, die Russland am häufigsten einsetzt“, bestätigt auch Maria Avdeeva von der Denkfabrik European Experts Association, die seit Kriegsbeginn in Charkiw mutmaßliche Kriegsverbrechen dokumentiert.

1. März, Kiew: Angriff auf Fernsehturm

Ein Geschoss schlägt in Kiews wichtigstem Fernsehturm ein. Nach ukrainischen Angaben sterben mindestens fünf Menschen. Der Rundfunk muss eingeschränkt werden. Auch die angrenzende Holocaust-Gedenkstätte Babyn Jar, die an das 1941 von der Wehrmacht begangene Massaker an 33.000 Juden erinnert, wird getroffen. In den Folgewochen werden laut OSZE mindestens neun weitere Fernsehtürme beschädigt, etwa in Melitopol, Charkiw, Korosten und Riwne.

Explosion des Kiewer Fernsehturms am 1. März.
Explosion des Kiewer Fernsehturms am 1. März.

© REUTERS/Carlos Barria / Carlos Barria

3. März: Beginn der Belagerung Mariupols

Russische Truppen kesseln spätestens seit dem 3. März Mariupol vollständig ein, belagern den Hafen. Die Blockade führt zu Engpässen in Wasser-, Lebensmittel- und Medikamentenversorgung.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

3. März: Luftangriff auf Tschernihiw

Russische Streitkräfte feuern mindestens acht ungelenkte Fliegerbomben auf die Stadt Tschernihiw ab. Entsprechende Videobeweise hat Amnesty International ausgewertet. Der Regionalverwaltung zufolge werden 47 Menschen getötet.

Die einzige Überlebende einer Familie läuft nach russischen Angriffen durch die Trümmer ihres Viertels Nowoseliwka in der Stadt Tschernihiw.
Die einzige Überlebende einer Familie läuft nach russischen Angriffen durch die Trümmer ihres Viertels Nowoseliwka in der Stadt Tschernihiw.

© IMAGO/Le Pictorium

4. März, Schytomyr: Angriff auf Schule

Bei einem Angriff auf die 270.000-Einwohnerstadt Schytomyr wird die 25. Schule zerstört, wie auf einem wenig später aufgenommenen, vom Tagesspiegel verifizierten Video zu sehen ist. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich eine Kirche, ein Kindergarten, ein Ärztehaus, eine Bibliothek und ein Büro der Staatsanwaltschaft. Todesopfer gibt es offenbar nicht. Bis Ende März werden laut der ukrainischen Generalstaatsanwältin 570 Bildungseinrichtungen beschädigt.

6. März, Nowa Kachowka: Demonstrant erschossen

Bei einer friedlichen Demonstration in Nowa Kachowka gegen die russische Besetzung der südukrainischen Stadt wird laut OSZE ein Mann erschossen, sieben weitere Teilnehmer werden verletzt.

6. März, Worsel: Kind stirbt an Kopfschuss

In Worsel, Region Kiew, werfen russische Soldaten eine Rauchgranate in einen Keller, in dem Anwohner sich verstecken. Als diese hinausrennen, schießen die Militärs auf sie. Ein 14-jähriges Kind stirbt durch Kopfschuss, eine Frau erliegt zwei Tage später ihren Verletzungen, berichtet ein Mann, der am 7. März in dem Keller Unterschlupf findet und ihren Tod bezeugt, Human Rights Watch.

7. März, Hostomel: Schüsse auf Zivilisten

Russische Soldaten beschießen ein Lieferauto, mit dem Jurij Prylypko, Bürgermeister von Hostomel, und Freiwillige Lebensmittel und Medikamente an Zivilisten in Schutzbunkern liefern. Bei dem Angriff werden Prylypko und zwei weitere Männer getötet. Prylypkos Leichnam wird anschließend offenbar vermint.

8. März, Sumy: Wohngebiet bombardiert

Bei russischen Luftangriffen auf Wohngebiete kommen nach lokalen Behördenangaben mindestens 21 Zivilisten ums Leben, darunter zwei Kinder.

Eine Frau schiebt ihr Fahrrad an den Überresten des Geschäfts ihrer Tochter in Trostjanez in der Region Sumy vorbei, nachdem es, so berichtet sie es, von Raketen zerstört worden ist.
Eine Frau schiebt ihr Fahrrad an den Überresten des Geschäfts ihrer Tochter in Trostjanez in der Region Sumy vorbei, nachdem es, so berichtet sie es, von Raketen zerstört worden ist.

© REUTERS/Zohra Bensemra (15. April)

8. März, Mariupol: Beschuss humanitärer Korridore

Ukrainischen Angaben zufolge bricht Russlands Armee eine Waffenruhe, die Zivilisten die Flucht Richtung Saporischschja erlauben soll. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg schätzt die Berichte als authentisch ein und wirft Russland Kriegsverbrechen vor.

9. März, Mariupol: Angriff auf Geburtsklinik

Beim Luftangriff auf eine Geburts- und Kinderklinik sterben laut Mariupols Stadtverwaltung fünf Menschen, mindestens 17 werden verletzt. Videos zeigen, wie Schwangere aus der Klinik getragen werden. Russland behauptet ohne Vorlage von Beweisen, statt Patienten hätten sich ukrainische Soldaten darin befunden. Berichte von AP-Reportern sowie des sich vor Ort befindenden UN-Menschenrechtsteams widerlegen dies. Der international angesehene Rechtswissenschaftler Otto Luchterhandt bewertet Russlands Vorgehen in Mariupol in einem Gutachten als Völkermord.

Ukrainische Rettungskräfte und Freiwillige tragen eine verletzte schwangere Frau aus einer Entbindungsklinik, die durch Beschuss in Mariupol beschädigt wurde.
Ukrainische Rettungskräfte und Freiwillige tragen eine verletzte schwangere Frau aus einer Entbindungsklinik, die durch Beschuss in Mariupol beschädigt wurde.

© Evgeniy Maloletka/picture alliance/dpa/AP (9.3.)

9. März, Oblast Kiew: Mann getötet, Frau vergewaltigt

Zwei russische Soldaten dringen ins Haus einer Frau in einem Dorf östlich von Kiew ein. Sie töten ihren Mann und vergewaltigen sie mehrfach mit vorgehaltener Waffe. Währenddessen versteckt sich ihr minderjähriger Sohn in einem Heizungsraum. Dies berichtet die Frau Amnesty International. Berichte von sexueller Brutalität häufen sich. „Gewalt und Vergewaltigungen werden jetzt von den russischen Invasoren in der Ukraine als Kriegswaffe eingesetzt“, wird Kateryna Cherepakha von der Menschenrechtsorganisation La Strada Ukraine im April vor dem UN-Sicherheitsrat sagen.

12. März, Swjatohirsk: Kloster bombardiert

Bei Luftangriffen in der Region Donezk wird das berühmte Kloster Swjatohirsk getroffen, 30 Zivilisten werden verletzt. Hunderte Menschen hatten darin Schutz gesucht. Der Behauptung des russischen Verteidigungsministeriums, ukrainische Kämpfer hätten sich dort versteckt und Geistliche als Geiseln genommen, widersprechen die Menschen vor Ort.

12. März, Nowa Kachowka: Entführung eines NGO-Mitarbeiters

In Nowa Kachowka wird Serhij Tsyhipa, Chef der Hilfsorganisation Kachowka Bridgehead, bei einem Spaziergang entführt. Laut der Menschenrechtsgruppe ZMINA wird er seitdem vermisst.

13. März, Malaya Rohan: Vergewaltigung

Im Dorf Malaya Rohan in der Nähe von Charkiw wird laut Human Rights Watch eine 31-jährige Zivilistin, die im Keller einer Schule Schutz sucht, mehrfach von einem russischen Soldaten vergewaltigt. Fotos dokumentieren ihre Verletzungen.

14. März, Horenka: Pressevertreter getötet

Die Journalistin Oleksandra Kuvshynova und der Kameramann Pierre Zakrzweski werden in Horenka bei Kiew durch den russischen Beschuss ihres Fahrzeugs getötet. Schon am Vortag ist der Journalist Brent Renaud in Irpin ums Leben gekommen. Bis zum 13. April werden während der russischen Invasion laut der ukrainischen Journalistengewerkschaft mindestens 20 Journalisten getötet.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

16. März, Mariupol: Theater bombardiert

Das Akademische Dramatheater der Oblast Donezk wird bombardiert – wahrscheinlich mit einer lasergelenkten KAB-500L-Bombe, was eine präzise Zielsetzung nahelegt. Im Theater suchen laut Human Rights Watch zur Zeit des Angriffs mindestens 500 zu evakuierende Zivilisten Schutz. Neben dem Theater steht in großen kyrillischen Buchstaben „Kinder“ auf dem Boden. Mariupols Stadtrat befürchtet zunächst 300 Tote, eine abschließende Opferzahl gibt es nicht.

Das von der US-Firma Maxar veröffentlichte Foto zeigt die Ruinen des Theaters in Mariupol. In weißen kyrillischen Buchstaben ist das Wort „Kinder“ auf dem Boden zu lesen.
Das von der US-Firma Maxar veröffentlichte Foto zeigt die Ruinen des Theaters in Mariupol. In weißen kyrillischen Buchstaben ist das Wort „Kinder“ auf dem Boden zu lesen.

© AFP/Satellitenbild Maxar Technologies (29.3.)

19. März, Melitopol: Pfarrer entführt

Im besetzten Melitopol wird der protestantische Pfarrer Dmytro Bodyu in seiner Wohnung von maskierten Kämpfern in russischer Uniform festgenommen. Seitdem ist sein Aufenthaltsort unbekannt. Verwandten wurde laut der World Organization Against Torture (OMCT) mitgeteilt, ihm werde vorgeworfen, Mitglieder seiner Gemeinde hätten an pro-ukrainischen Kundgebungen teilgenommen.

23. März, Kiew: Angriff auf Wohngebiet

Die bereits in Syrien zigfach dokumentierte Taktik, bombardierte Gebäude mit einigen Minuten Abstand erneut anzugreifen, um so mögliche Rettungskräfte zu treffen, führt in einem Kiewer Wohngebiet zu einem weiteren Todesopfer: Die russische Journalistin Oksana Baulina ist vor Ort, um über die Zerstörung des ersten Angriffs zu berichten, als die nächste Rakete einschlägt.

23. März, Motyschyn: Entführung der Dorfvorsteherin

Die Vorsteherin des Dorfes nahe Butscha, Olha Suchenko, sowie ihr Mann und Sohn werden von russischen Soldaten entführt. Ihre Leichen werden Anfang April, kurz nach Abzug der Russen, in einem Massengrab im Wald gefunden. Die UN dokumentieren bis Ende März 24 Fälle willkürlicher Festnahmen und Verschwindenlassen lokaler Beamter in russisch besetzten Gebieten.

Ein ukrainischer Soldat und ein Bewohner Motyschyns stehen vor einem Fahrzeug, in dem Leichen von Zivilisten abtransportiert werden, die Anwohnern zufolge von russischen Soldaten getötet wurden.
Ein ukrainischer Soldat und ein Bewohner Motyschyns stehen vor einem Fahrzeug, in dem Leichen von Zivilisten abtransportiert werden, die Anwohnern zufolge von russischen Soldaten getötet wurden.

© REUTERS/Gleb Garanich (4.4.)

30. März: Verschleppung von Zivilisten nach Russland

Die Ombudsfrau für Menschenrechte des ukrainischen Parlaments, Lyudmila Denisova, geht von mittlerweile 400.000 Zivilisten aus, die in den vergangenen Wochen auf russisches Staatsgebiet verschleppt und in „Filtrierungslagern“ interniert worden seien. Die Angaben sind nicht unabhängig verifizierbar.

Eine Einwohnerin von Mariupol steht vor einem schwer beschädigten Wohnblock. Der Bürgermeister rechnet mit 21.000 Toten.
Eine Einwohnerin von Mariupol steht vor einem schwer beschädigten Wohnblock. Der Bürgermeister rechnet mit 21.000 Toten.

© REUTERS/Alexander Ermochenko (18.4.)

Recherchen der britischen Zeitung „i“ auf Basis von Kreml-Dokumenten zeigen aber, dass ein Regierungsdekret im März anweist, knapp 100.000 Menschen aus der Ukraine in teils entlegene russische Regionen wie Sibirien, den Nordkaukasus, den Fernen Osten und den nördlichen Polarkreis zu bringen. Auch die OSZE hat hierzu „zahlreiche übereinstimmende Berichte“ erhalten.

1. April: Leichenfunde in Butscha

Nach dem russischen Rückzug aus Kiews Vororten entdecken Zeugen etliche Leichen von Zivilisten auf Butschas Straßen. In den Folgetagen dokumentieren Journalisten reihenweise Gräueltaten, Überlebende berichten von Hinrichtungen und Folter. Massengräber werden geöffnet. Bis Mittel April werden laut Butschas Bürgermeister 403 Leichen gefunden.

Ein Mann betrauert nach dem Massaker in Butscha einen von russischen Soldaten getöteten Freund an dessen Grab.
Ein Mann betrauert nach dem Massaker in Butscha einen von russischen Soldaten getöteten Freund an dessen Grab.

© Reuters/Alkis Konstantinidis

7. April: Leichenfunde in Borodjanka

In der Kleinstadt Borodjanka unweit Kiews werden nach dem russischen Abzug tote Zivilisten aus den Trümmern bombardierter Wohnhäuser geborgen – allein am ersten Tag 27 Leichen. Journalisten sprechen von noch größeren Verwüstungen als in Butscha. Der ukrainische Katastrophenschutz meldet, mehr als 90 Prozent des Zentrums sei zerstört.

9. April, Kramatorsk: Angriff mit Streumunition auf Bahnhof

Bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof Kramatorsk werden laut ukrainischen Angaben mehr als 50 Menschen getötet. Präsident Selenskyj spricht von fast 300 Verletzten. Zur Zeit der Attacke ist der Bahnhof voller Zivilisten, die vor der russischen Offensive im Osten fliehen wollen. Die Einschlagspuren lassen, wie die BBC berichtet, keinen Zweifel daran, dass eine Streubombe eingesetzt wurde.

Ukrainische Soldaten stehen nach dem russischem Beschuss des Bahnhofs in Kramatorsk neben Fragmenten einer Rakete.
Ukrainische Soldaten stehen nach dem russischem Beschuss des Bahnhofs in Kramatorsk neben Fragmenten einer Rakete.

© Andriy Andriyenko/AP/dpa (8.4.)

13. April, Cherkaske: Bombardierung eines Wohngebiets

Bei einem russischen Luftschlag werden ein Wohnhaus in der Donezker Stadt Cherkaske und ein städtisches Gebäude beschädigt. Sieben Personen werden verletzt. Entsprechende Berichte verifiziert die Rechercheplattform Bellingcat.

17. April, Mariupol: Kulturpalast zerstört

Russische Bomben zerstören den Kulturpalast „Iskar“ in Mariupol. Russlands Armee will die Stadt nach wochenlangem Kampf fast komplett eingenommen haben. Mariupols Bürgermeister Wadym Bojtschenko rechnet mit 21.000 Toten.

Zur Startseite