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Ulla Weidenfeld

© Foto: Mike Wolff

2021 war nicht nur Krise: Es gab überraschend gute Entwicklungen

Die soziale Marktwirtschaft funktioniert, das Land traut sich Klimavorreiter zu und Peter Altmaier ist nicht mehr Wirtschaftsminister

Nach einem Jahr voller Fehler, Rückschläge und Versäumnisse sind alle müde. Das ist es ein guter Zeitpunkt, um darüber nachzudenken, was gut funktioniert hat. Denn: Es war nicht alles schlecht in den vergangenen zwölf Monaten. Hier kommt – wenigstens einmal im Jahr: eine Liste der überraschend guten Entwicklungen:

Deutschland hat sich 2021 wirtschaftlich gut geschlagen. Trotz der Pandemie und der Lieferkettenprobleme wuchs die Wirtschaft um mehr als zwei Prozent. Das ist nicht so übel, zumal es im kommenden Jahr mit rund vier Prozent noch besser kommen und das Vorkrisenjahr 2019 überholt werden könnte.

Irgendwann muss es mit dem Aufschwung ja klappen, den wir seit Monaten vor uns herschieben. Zumal auch die geplanten Klima- und Digitalmaßnahmen der neuen Bundesregierung die Konjunktur weiter befeuern und möglicherweise sogar in eine Phase der Überhitzung steuern werden.

Der Arbeitsmarkt ist in prächtiger Verfassung

Die Struktur der Volkswirtschaft – ihre Mischung von Industrie und Dienstleistungen, Banking und Bauwirtschaft – ist offensichtlich robust genug, um gut durch die Krise zu kommen. Während der Dienstleistungssektor 2021 enorme Probleme hatte, legte die Bauwirtschaft spektakulär, die Industrie wenigstens ein bisschen zu.

Die soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik zeigt gerade in der Krise ihre Stärken. Als eine der wenigen Volkswirtschaften der Welt sorgt sie dafür, dass auch im tiefsten Desaster alle Kranken behandelt werden (wenn auch nicht alle gleich schnell), dass Löhne und Gehälter weiter gezahlt werden und Unternehmen ihre Beschäftigten dank großzügiger Kurzarbeiterregelungen nicht auf die Straße setzen.

Der Arbeitsmarkt ist nach wie vor in prächtiger Verfassung. Klar, man sieht jetzt den demografischen Wandel und ahnt, was auf uns zukommt. In der Pflege, im Handwerk, bei den Erziehern fehlen bereits zigtausende Fachkräfte. Das wird auch anderen Bereichen treffen.

Trotzdem: Nach einem Jahr mit vielen schlechten Nachrichten buchen wir die niedrige Arbeitslosigkeit und die Aussicht auf bessere Löhne mal auf die Habenseite.

Die Standortvorteile Deutschlands schwinden dahin, aber ein Vorzug zeigt sich gerade von seiner besten Seite. In kaum einem anderen Land arbeiten Universitätswissenschaft, private Forschungseinrichtungen und Unternehmen so eng und erfolgreich zusammen, gibt es eine so gut ausgebildete Facharbeiterschaft. Ein Beispiel für die messbaren Vorteile dieser Cluster ist Biontech, der Shooting-Star unter den Unternehmen.

Der Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft zu Klimaneutralität macht Fortschritte. Langsame zwar, aber immerhin: Die Frage, ob man sich zwischen Wachstum und CO2-Neutralität entscheiden muss, wird hierzulande mit einem lauter werdenden „Nein“ beantwortet – und das sogar halbwegs im Konsens. Auch das ist ein Fortschritt. Das Land traut sich die Pionierrolle im Kampf gegen den Klimawandel zu.

Und, die letzte gute Nachricht des Jahres: Peter Altmaier ist nicht mehr Wirtschaftsminister. Der kluge, aufrichtige und gebildete CDU-Politiker ist mit seinem Amt, seinen Aufgaben und dem Ministerium nie warm geworden. Ob es mit dem grünen Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck besser laufen wird, ist noch lange nicht ausgemacht. Doch seine Leistungen zu kritisieren, wird erst im kommenden Jahr notwendig.

Die „Freitagsökonomin“ erscheint wegen des Feiertags ausnahmsweise bereits am Donnerstag

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