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Pascale Hugues

© Tagesspiegel / Thilo Rückeis

Tagesspiegel Plus

Wie Frankreich seinen Nachbarn sieht: Deutschland durch die rosarote Brille

In Frankreich bewundern Intellektuelle und Journalisten die deutsch Art Politik zu machen. Oft zu recht, aber nicht immer.

Eine Kolumne von Pascale Hugues

Was für ein Feuerwerk an Komplimenten für Deutschland gerade in meinem Land gezündet wird! Unser Star-Intellektueller Bernard Henri-Lévy, auch BHL genannt (und, so macht man sich über ihn lustig, der Mann mit dem wohl schönsten Dekolleté von Paris, weil er lange Zeit als Reporter in Kampfgebieten und im Fernsehen mit einem bis zum Bauchnabel aufgeknöpften, weißen Hemd auftrat), BHL also greift in der Süddeutschen Zeitung zur Feder, um Deutschland dafür zu „danken“, dass es so ist, wie es ist: Es habe nicht massenhaft rechtsextrem gewählt (wie in Frankreich bei den Präsidentschaftswahlen in sechs Monaten zu erwarten), die Grünen seien dort pragmatisch und realistisch (im Gegensatz zu den unverbesserlichen französischen Fundis), der Wahlkampf sei „sachlich“ und „gemäßigt“ gewesen, der Ton zwischen den Kandidaten „respektvoll“ und „angenehm“ (im Gegensatz zu den Schlammschlachten zwischen den gewählten Vertretern der Demokratie à la française) ... Und, wie soll es anders sein, am Ende seines Artikels flicht er Angela Merkel einen Lorbeerkranz von bombastischem Wortformat: Dass sie mehr als eine Million Flüchtlinge in ihr Land gelassen hätte, sei ein „reiner Moment der Größe“ gewesen, „von kantischer Moralität und Wahrheit, dessen Geist die gesamte politische Klasse beseelt“ habe. Olé!

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